Taktumstellung an der europäischen Strombörse

Eine Zeitumstellung an der Strombörse ermittelt die Strompreise künftig in viertelstündlichem Takt. Die EPEX SPOT (European Power Exchange) stellt als europäische Strombörse für den kurzfristigen Stromgroßhandel ihre Feststellung des Strompreises vom bislang stündlichen auf einen viertelstündlichen Takt um. Sie ermittelt laufend Angebot und Nachfrage für die Länder Deutschland, Belgien, Dänemark, Finnland, Großbritannien, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Polen, Österreich, Schweden und die Schweiz. Die Umstellung soll im Juni 2025 erfolgen. (heise; 30.04.2025)


Es geht bei den betroffenen Daten um den sogenannten Day-Ahead-Handel, also den Stromhandel für den kommenden Tag. Profitieren könnten von der Umstellung diejenigen Kunden, für die dynamische Stromtarife relevant sind. Erste Versorger reagieren schon. So hat der norwegische Ökostromanbieter Tibber seinen Kunden mitgeteilt, dass sie ab Juni noch genauer ihren Stromverbrauch planen können, was sie schon bislang in Anspruch nehmen, wenngleich bestenfalls mit stundengenauer Abrechnung. Die höhere Auflösung des Taktes wird die Flexibilität noch weiter erhöhen.

Dynamische Strompreise für die Netzstabilisierung

Branchenvertreter erhoffen sich von den verkürzten Taktzeiten der Day-Ahead-Auktion, die ab dem 11. Juni 2025 gelten sollen, ein stabileres europäisches Stromnetz. Angestoßen hat das Vorhaben die EU-Kommission, die in ihrer Richtlinie 2019/944 schon seit Jahren alle Stromunternehmen, die an der EPEX SPOT ihre Mengen einkaufen, zu einer höchstmöglichen Flexibilität verpflichtet, um die Preise für die Endabnehmer so günstig wie möglich zu halten und gleichzeitig im Stromnetz das Gleichgewicht zwischen Einspeisung und Abnahme zu wahren. Dieses garantiert wiederum die Netzfrequenz von 50 Hz. Sollte diese schwanken, droht ein großflächiger Stromausfall.

Ab Juni 2025 sollen Strompreise an der EPEX SPOT viertelstündlich ermittelt werden – für mehr Flexibilität, dynamische Tarife und bessere Netzstabilität.
Ab Juni 2025 sollen Strompreise an der EPEX SPOT viertelstündlich ermittelt werden – für mehr Flexibilität, dynamische Tarife und bessere Netzstabilität.

Schwankungen können allerdings nicht nur durch ein Ungleichgewicht zwischen Lieferung und Verbrauch, sondern auch aus natürlichen und technischen Gründen wie Sonnenwinden oder großen Temperaturschwankungen entstehen. Letztgenannte Ursachen könnten unter Umständen den Blackout in Spanien, Portugal und Teilen Südfrankreichs am 28. April 2025 verursacht haben, doch das ist gegenwärtig (2. Mai 2025) noch Spekulation. Umso wichtiger scheint indes die genaue Regelung der Stromabnahme zu sein, die wiederum an der Börse über den Preis stattfindet.

Starke Schwankungen von Stromabnahme und -angebot

Dass die Stromabnahme schwankt, leuchtet auch Laien ein. Die meisten industriellen und gewerblichen Unternehmen produzieren wochentags vor allem in der Tagschicht und verbrauchen dabei den meisten Strom. Private Verbraucher nehmen ihn eher abends, morgens und am Wochenende ab. Doch Firmen, Behörden und private Haushalte können ihren Verbrauch in gewissen Grenzen durchaus anpassen. Eine Privatperson kann beispielsweise die Waschmaschine nutzen, wenn der Strom am günstigsten ist. Auch in der Produktion gibt es adäquate Möglichkeiten.

Die Versorger sind seit Beginn des Jahres 2025 verpflichtet, ihren Kunden dynamische Stromtarife anzubieten. Bei Letzteren erfasst ein Smartmeter den Verbrauch zeitlich exakt und meldet ihn automatisch an den Versorger. Dieser ordnet ihn dann dem Strompreis an der Börse zu. Der Verbraucher kann diesen erkennen und seine Aktionen entsprechend anpassen. Auch das Angebot an Strom unterliegt durch die erneuerbaren Energien, die in Deutschland inzwischen zu ~60 % zum Energiemix beitragen, starken Schwankungen: Bei viel Sonne und Wind gibt es viel Strom, die Preise sinken – manchmal sogar so stark, dass sie in den negativen Bereich fallen. Aus den resultierenden Schwankungen in Angebot und Nachfrage ergibt sich die Möglichkeit, die eigenen Energiekosten drastisch zu senken. Das spricht für eine immer genauere Erfassung der Preise, welche die EPEX SPOT nunmehr mit dem viertelstündlichen Takt in Angriff nimmt.


Steht der Termin 11. Juni fest?

Nicht unbedingt. Zuletzt meldeten Fachleute der EPEX SPOT, dass die angedachte viertelstündliche Preisermittlung noch nicht alle Tests zufriedenstellend bestanden hat. Daher steht der Termin 11. Juni mit gegenwärtigem Stand (2. Mai) noch unter Vorbehalt. Das Markt-Kopplungs-Steuerungskomitee lässt nach letzten Verlautbarungen seine Mitglieder Ende Mai darüber abstimmen, ob der Live Betrieb der 15-minütigen MTU (Market Time Unit) wie geplant zum angedachten Termin beginnt.

Einige Experten plädieren eher für einen Start am 1. Oktober 2025, den auch Marktteilnehmer befürworten. Diese benötigen einige gewisse Zeit für die Umstellung ihrer Einkaufspolitik. Der Pressesprecher von Tibber Göran Kügler erklärte allerdings, dass sich sein Unternehmen schon auf den 11. Juni als Umstellungstermin vorbereitet hat. Bei einer Terminverschiebung würde man sich natürlich an die Gegebenheiten anpassen. Ähnlich positionieren sich weitere Unternehmen der Branche. Die Umstellung ist übrigens für Stromkunden unkompliziert. Technisch läuft sie im Hintergrund ab.

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