Die Bundesregierung entfernt sich zunehmend von ihrem Versprechen sinkender Stromkosten. Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte eine spürbare Entlastung von mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde angekündigt. Nun jedoch stehen Stromkunden vor einer gegenteiligen Entwicklung: Statt Einsparungen droht eine zusätzliche Umlage, mit der der Bau neuer Gaskraftwerke finanziert werden soll. Diese Kraftwerke sollen zwar als Reserve in wind- und sonnenarmen Zeiten dienen, doch die Kosten landen direkt auf der Stromrechnung. Während Industrie und Landwirtschaft weiter von Vergünstigungen profitieren, müssen Privathaushalte die teure Reservekapazität tragen – und das in einem Land, das bereits jetzt die höchsten Strompreise Europas kennt.
Neue Umlage trifft Stromkunden besonders hart
Bis zu 20 Gigawatt Gaskraftwerksleistung sollen in den kommenden Jahren entstehen – finanziert über eine Zusatzabgabe auf die Stromrechnung. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) bezeichnet das Vorhaben als „technologieoffen“ und „marktwirtschaftlich“. Tatsächlich bedeutet es für Stromkunden eine neue finanzielle Belastung. Gasstrom kostet deutlich mehr als Wind- oder Sonnenenergie, bleibt aber notwendig bei Dunkelflauten.

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Die Energiekonzerne profitieren, denn sie erhalten staatlich garantierte Vergütungen für Bereitschaftskapazitäten. Die Stromkunden übernehmen laut Bundeswirtschaftsministerium die Rechnung – EU-Recht fordere eine sogenannte verursachergerechte Finanzierung. Mario Liebensteiner, Professor für Energiemärkte in Erlangen, rechnet mit bis zu 35 Euro Mehrkosten pro Haushalt im Jahr.
Verbraucherschützer fordern Rückerstattung bei Übergewinnen
Verbraucherschützer Henning Herbst verlangt einen Rückzahlungsmechanismus: Wenn Gaskraftwerksbetreiber hohe Gewinne erzielen, sollen sie einen Teil an Stromkunden zurückgeben. Nur so lasse sich verhindern, dass sich die Umlage verselbstständigt. Julia Verlinden von den Grünen kritisiert die Pläne als teuer, klimaschädlich und unausgereift. Der massive Ausbau widerspreche dem Ziel der Klimaneutralität.
Obwohl auch die frühere Ampel-Koalition Gaskraftwerke für nötig hielt, plante sie mit deutlich weniger Kapazität. Die neue Regierung verfolgt einen deutlich aggressiveren Kurs – mit Kosten, die fast ausschließlich auf private Haushalte abgewälzt werden.
Energiepolitik ohne Entlastung für Stromkunden
Die Strompreise in Deutschland erreichen mit 41,36 Cent pro Kilowattstunde einen europäischen Spitzenwert. Der kleine Rückgang bei den Netzentgelten um 0,4 Cent verpufft angesichts neuer Umlagen. Christoph Canne von der Bundesinitiative Vernunftkraft sieht in der Strategie ein Scheitern auf ganzer Linie: „Wir schalten grundlastfähige Kraftwerke ab und ersetzen sie durch teure Backup-Lösungen, die der Steuerzahler finanziert.“
Die angekündigte Streichung der Gasspeicherumlage könnte den Gaspreis um 0,3 Cent senken. Doch auch diese Maßnahme bleibt symbolisch, da sie aus dem Klimatransformationsfonds finanziert werden soll – ein Topf, der ursprünglich andere Zwecke hatte.
Vertrauen schwindet – Preise steigen
Privathaushalte spüren die Folgen der politischen Entscheidungen unmittelbar. Die Last tragen nicht jene, die profitieren, sondern die Stromkunden. Industrie und Landwirtschaft erhalten weiterhin Vergünstigungen. Gleichzeitig nimmt das Risiko eines instabilen Stromnetzes zu.
Die Energiepolitik verliert zunehmend an Rückhalt. Immer mehr Bürger erkennen, dass sie die ambitionierten Pläne finanzieren müssen – ohne echten Nutzen. Die angestrebte Transformation droht zur Kostenfalle zu werden.
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