Stimmung in der Windbranche kippt – Genehmigungen reichen nicht mehr aus

Die Stimmung in der deutschen Windbranche trübt sich deutlich ein – und das trotz eines Rekordjahres bei neuen Genehmigungen. 2024 erhielten so viele Windräder grünes Licht wie nie zuvor. Trotzdem melden viele Unternehmen Rückschritte bei Investitionen, Projektplanungen und Zukunftserwartungen. Das halbjährliche Stimmungsbarometer Wetix, erstellt vom Marktforschungsinstitut Trendresearch und der Messe Windenergy, zeigt den stärksten Einbruch seit vier Jahren. Genehmigungen allein reichen offenbar nicht aus, um Vertrauen und Planungssicherheit zu schaffen (handelsblatt: 13.06.25).


Internationale Unsicherheit trübt die Stimmung

Der Rückgang betrifft nicht nur Deutschland. Auch international verschlechtert sich die Stimmung deutlich. Vor allem Donald Trumps energiepolitische Kehrtwende drückt auf die Erwartungen. „Der Negativtrend zieht sich durch alle Regionen und Märkte“, betont Windkraftexperte Dirk Briese.

Stimmung in der Windbranche sinkt trotz Rekordzahlen. Gründe sind Politik, Kosten und fehlende Netze. Offshore-Ausbau besonders betroffen
Stimmung in der Windbranche sinkt trotz Rekordzahlen. Gründe sind Politik, Kosten und fehlende Netze. Offshore-Ausbau besonders betroffen

Trotzdem meldet der Windmonitor des Vereins Goal 100 einen Rekordwert bei genehmigter Leistung. Innerhalb von vier Jahren hat sich die monatlich beantragte Kapazität verdreifacht. Anlagen erhalten in Deutschland oft schon nach rund 18 Monaten die nötigen Freigaben. Laut Goal 100 könnte das Ausbauziel von 115 Gigawatt bis 2030 übertroffen werden – wenn der Ausbau stabil bleibt.

Kosten, Zinsen und Unsicherheit bremsen Offshore-Ausbau

In den ersten Monaten dieses Jahres gingen die Antragszahlen wieder zurück. Europaweit belastet die wirtschaftliche Lage die Branche. Lieferengpässe, hohe Inflation und steigende Finanzierungskosten lassen Projekte scheitern.

So schrieb der Offshore-Riese Orsted 2024 erstmals rote Zahlen. Vattenfall stoppte ein Vorhaben vor der britischen Küste. Die Ausgaben liefen aus dem Ruder. Die Stimmung auf dem Offshore-Markt rutschte deshalb in vielen Regionen in den negativen Bereich – nicht nur in Europa.

Politik verunsichert Unternehmen

Auch in Deutschland wächst die Skepsis. Die Diskussion um einen „Realitätscheck“ und ein verlangsamtes Ausbautempo verunsichert Investoren. „Wir halten uns mit neuen Projekten gerade erst einmal zurück, weil wir nicht wissen, welche Folgen die Politik daraus zieht“, hieß es aus der Branche gegenüber dem Handelsblatt.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche betonte zuletzt: „Der Erfolg der Energiewende bemisst sich nicht an der Anzahl der installierten Photovoltaikanlagen, sondern daran, wie wir die CO₂-Emissionen zu vertretbaren Kosten reduzieren.“ Aus ihrer Sicht müsse der Ausbau stärker mit dem Netz und dem tatsächlichen Bedarf abgestimmt werden.

Hoffnung auf Kurskorrektur bleibt

Einige Unternehmen zeigen sich trotz Gegenwind zuversichtlich. Enercon etwa sieht im Koalitionsvertrag „vieles, was die Windbranche zwar herausfordern wird, aber in die richtige Richtung geht“. Man sei bereit, mehr Verantwortung für Netzstabilität zu übernehmen.

Auch bei Nordex hält man an einem grundsätzlich positiven Kurs fest. Doch die Zukunft der Windkraft hänge zunehmend vom Kurs der Bundesregierung ab. Die bisher positive Stimmung droht unter widersprüchlichen Signalen zu kippen.


Engpässe im Netz bringen Ausbau ins Stocken

Ein zentrales Problem bleibt der schleppende Netzanschluss neuer Anlagen. Laut Dirk Briese rechnen viele Unternehmen mit Verzögerungen von bis zu drei Jahren – sowohl an Land als auch auf See.

RWE-Chef Markus Krebber fordert deshalb eine Reduzierung des Offshore-Ziels auf 50 statt 70 Gigawatt. Zu eng beieinander geplante Windparks mindern die Leistung durch sogenannte Verschattungseffekte. Laut Aurora Energy ließe sich durch bessere Flächenverteilung mehr Energie aus weniger Anlagen herausholen.

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