Spekulation auf dem Gasmarkt: Wie Händler die Preise hochtreiben – und der Staat zahlt

Die deutschen Gasspeicher sind nur zur Hälfte gefüllt, doch die Preise steigen deutlich. Diese Entwicklung folgt keinem Zufall, sondern gezielter Spekulation. Händler verzichten auf frühe Käufe und setzen stattdessen darauf, dass der Staat später teuer einspringt. Das Risiko trägt nicht der Markt – sondern die Allgemeinheit (zeit: 13.07.25).


Spekulation ersetzt Versorgungssicherheit

Trading Hub Europe (THE) agiert im staatlichen Auftrag und kauft dann ein, wenn Speicherziele nicht erreicht sind. Die Verpflichtung zur Versorgungssicherheit macht THE zum idealen Spielball der Spekulation. Große Gasimporteure und internationale Händler kalkulieren exakt mit dieser Rolle – sie lassen Speicher leer und erhöhen so künstlich die Nachfrage.

Spekulation auf dem Gasmarkt kostet Milliarden. Händler treiben Preise hoch und der Staat wird über Trading Hub Europe zur Kasse gebeten
Spekulation auf dem Gasmarkt kostet Milliarden. Händler treiben Preise hoch und der Staat wird über Trading Hub Europe zur Kasse gebeten

Der sogenannte Summer-Winter-Spread liegt bereits bei über 4,80 Euro je Megawattstunde. Händler erwarten also deutlich steigende Preise, je länger THE auf dem Markt fehlt. Physische Gaslieferungen werden hinausgezögert, um spätere Gewinne zu maximieren.

Marktlogik ohne Bremse

„Wir sehen ein wachsendes Risiko, dass sich spekulatives Verhalten durchsetzt“, warnt die Bundesnetzagentur. Das Wirtschaftsministerium prüft neue Eingriffswerkzeuge. Doch solange gesetzliche Regeln THE zu jedem Preis verpflichten, bleibt der Anreiz bestehen.

Speicherbetreiber profitieren doppelt: Durch Pachtverträge und spätere Hochpreisverkäufe. Internationale Versorger verschieben Kapazitäten gezielt ins Ausland. So entsteht Knappheit – nicht durch Naturgewalten, sondern durch Marktlogik.

Kostenfalle für Verbraucher

Mitte Juli startet eine neue Speicherumlage von 2,89 Euro pro Megawattstunde. Sie trifft Haushalte und Betriebe gleichermaßen. Zusätzlich legt das Finanzministerium Rücklagen an, falls THE erneut massiv einkauft. Der Steuerzahler zahlt, während Trader absichern und kassieren.

Der Gasmarkt entwickelt sich damit zur Umverteilungsmaschine. Wer speichert, verliert. Wer abwartet, gewinnt – oft auf Staatskosten. Das System belohnt strategisches Zögern und bremst vorausschauende Versorgung.


Gegenstrategie: Regeln statt Appelle

Experten fordern konkrete Maßnahmen. Frühzeitige Speicherpflichten für Händler könnten das Spiel beenden. Eine Preisobergrenze für THE-Käufe würde Spekulation unattraktiv machen. Zudem braucht es vollständige Markttransparenz: Nur wer Einsicht schafft, kann Vertrauen zurückholen.

Die heutige Struktur lädt zum Zocken ein. Eine klare Reform des Speicherregimes bringt Planungssicherheit zurück. Ohne Eingriffe entsteht jedes Jahr dasselbe Muster – mit denselben Folgen.

Blick auf den Winter

Bleibt die Speicherquote im Herbst unter 70 Prozent, steigt der politische Druck erneut. Haushalte und Industrie fürchten Preisrekorde, während THE zur Beschaffung gezwungen ist. Die Marktmechanik bleibt unverändert – und damit auch das Grundproblem.

Die Spekulation auf staatliche Gasankäufe funktioniert wie ein offenes Geschäftsmodell. Wer rechtzeitig reagiert, verliert den Wettbewerb. Wer wartet, profitiert. Ohne neue Regeln wird aus staatlicher Vorsorge eine Milliarden-Subvention für Energiehändler.

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