Sondervermögen – Geld statt für Infrastruktur für Anwerbung von US-Wissenschaftler geplant

Das 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen sollte ursprünglich dem Ausbau von Infrastruktur und dem Klimaschutz dienen. SPD-Chef Lars Klingbeil plant, Teile des Sondervermögens für die Anwerbung amerikanischer Wissenschaftler zu nutzen. Besonders im Blick: Forscher, die sich unter einem möglichen Präsidenten Trump nicht mehr sicher fühlen. „Wir gehen in die Offensive, um Wissenschaftler zu uns zu holen, die sich in den USA unter Trump nicht mehr wohlfühlen.“ Damit verliert das Sondervermögen seinen eigentlichen Zweck noch vor der ersten Auszahlung. Die Mittel fließen nicht mehr in Verkehrsnetze, Energieversorgung oder Digitalisierung. Stattdessen rücken politisch motivierte Projekte im Hochschulbereich in den Vordergrund (welt: 21.04.25).


Sondervermögen statt Sanierung – Wissenschaft ersetzt Verkehrsinfrastruktur

Klingbeil will gezielt Forscher aus Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Quantencomputing, Biotechnologie, Pharmaforschung und Raumfahrt nach Deutschland holen. Dabei geht es um hochqualifizierte Fachkräfte, die sich durch die politische Entwicklung in den USA – insbesondere unter Trump – in ihrer wissenschaftlichen Freiheit eingeschränkt sehen. „Hier ist ein sicherer Hafen für euch und die Wissenschaft. Hier könnt ihr die Zukunft gestalten, hier werdet ihr alle Möglichkeiten der freien Forschung und gute Voraussetzungen an den Universitäten finden.“

Klingbeil will das Sondervermögen für Infrastruktur für die Anwerbung amerikanischer Wissenschaftler einsetzen – eine klare Zweckentfremdung

So ehrenwert diese Einladung erscheinen mag – mit dem Zweck des Sondervermögens, Infrastruktur aufzubauen, hat sie wenig zu tun. Während deutsche Städte auf Investitionen in marode Schulen, kaputte Straßen und überlastete Schienennetze warten, fließen Milliarden in Programme, die kaum Einfluss auf das tägliche Leben der Bevölkerung haben. Der Begriff „Infrastruktur“ wird damit zur Hülle, in die sich verschiedenste Vorhaben pressen lassen – auch wenn sie dem eigentlichen Ziel kaum dienen.

Prioritätenverschiebung auf Kosten der Substanz

Im Koalitionsvertrag stehen technologische Zukunftsfelder zwar im Mittelpunkt. Doch statt gezielte Wissenschaftsförderung über klassische Haushaltsmittel zu organisieren, greift die Regierung auf das kreditfinanzierte Sondervermögen zurück. Die Anwerbung amerikanischer Wissenschaftler mit politischer Fluchterfahrung wird so zu einer Art außenpolitischer Imagekampagne – finanziert aus einem Topf, der eigentlich Schulen, Brücken und digitale Verwaltung stärken sollte.

Diese Vermischung von Wissenschaftspolitik mit Infrastrukturfinanzierung führt zu einer gefährlichen Prioritätenverschiebung. Während viele Regionen dringend auf den Ausbau von Verkehrswegen oder Breitbandnetzen warten, fließt Geld in akademische Eliteprogramme. Der Begriff Infrastruktur verliert damit seine Verbindlichkeit – und das Vertrauen in die Zweckbindung schwindet.

Sondervermögen ohne klare Leitplanken

Die Finanzierung dieses Sondervermögens erfolgt über zusätzliche Kredite, abgesichert durch Ausnahmen von der Schuldenbremse. Die Bundesregierung lockerte auch die strengeren Schuldenregeln für die Länder, um zusätzliche Spielräume zu schaffen. Sie hatte das Sondervermögen als groß angelegte Investitionsoffensive angekündigt, entwickelt es nun aber zunehmend zu einem politischen Verteilungsinstrument ohne klare Grenzen.

Klingbeil spricht gezielt amerikanische Wissenschaftler an. Diese Strategie mag politisch kalkuliert sein, lässt sich jedoch sachlich kaum rechtfertigen – vor allem, wenn dadurch dringend nötige Infrastrukturprojekte in Deutschland ins Hintertreffen geraten. Politische Rhetorik verdrängt die ursprüngliche Zweckbindung. Konkrete Verbesserungen für die öffentliche Versorgung bleiben aus.


Vertrauen entsteht durch sichtbare Wirkung – nicht durch Umdeutung

Die Bevölkerung verbindet mit dem Begriff Sondervermögen konkrete Erwartungen: moderne Verkehrswege, digitale Verwaltung, stabile Energienetze. Wenn stattdessen Milliarden in die internationale Rekrutierung von Forschern umgeleitet werden, entsteht der Eindruck politischer Beliebigkeit.

Klingbeils Ankündigung verdeutlicht, wie schnell definierte Ziele aufgeweicht werden können, wenn das Sondervermögen nicht strikt zweckgebunden bleibt. Die Anwerbung hochqualifizierter Wissenschaftler aus politisch belasteten Systemen mag für das Forschungsumfeld sinnvoll sein – sie ersetzt jedoch nicht die dringend benötigte Erneuerung der öffentlichen Infrastruktur. Solche Maßnahmen gehören in die regulären Haushalte, nicht in ein Sondervermögen, das explizit der infrastrukturellen Modernisierung gewidmet ist.

Lesen Sie auch:

Nach oben scrollen