Fünf neue Windräder täglich – das hat Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt. Doch die Umsetzung dieses Plans stockt. Im Jahr 2023 lag der Zubau rund ein Viertel unter den selbst gesetzten Vorgaben. Dennoch soll der Ausbau voranschreiten, selbst dort, wo kaum Wind weht. Süddeutsche Regionen rücken nun in den Fokus, obwohl die Voraussetzungen für Windkraft dort besonders schlecht sind (nius: 17.04.25).
Wenn Windstille teuer wird
Windkraftanlagen erzeugen nur dann ausreichend Strom, wenn konstante und kräftige Winde vorhanden sind. In südlichen Landesteilen fehlen genau diese Bedingungen. Der Chemiker Dr. Christoph Canne von der Bundesinitiative Vernunftkraft macht deutlich, worin das Problem liegt: „Ein Unterschied von 25 Prozent bei der mittleren Windgeschwindigkeit führt zu fast 60 Prozent weniger Stromproduktion.“ Diese einfache physikalische Gesetzmäßigkeit untergräbt die wirtschaftliche Grundlage süddeutscher Windprojekte.

Um diese Standorte trotzdem zu betreiben, greifen staatliche Fördermechanismen. Ein Beispiel liefert der Windpark im Hofoldinger Forst nahe München. Wegen der geringen Windstärke erhalten die Betreiber einen erhöhten Einspeisetarif von 11,31 Cent je Kilowattstunde – weit mehr als die übliche Vergütung. Laut Geschäftsführer Martin Sterflinger sichere dieser Aufschlag „Einnahmen und Liquidität für zwei Jahrzehnte“.
Teure Differenz – bezahlt vom Steuerzahler
Der durchschnittliche Börsenpreis für Strom liegt aktuell bei rund 8 Cent pro Kilowattstunde. Die Differenz zu den gezahlten Vergütungen trägt die Allgemeinheit. In Hofolding summiert sich der Zuschuss je Kilowattstunde auf über 3 Cent. Dabei handelt es sich um laufende Kosten – sie entstehen täglich, unabhängig vom tatsächlichen Strombedarf.
Hinzu kommt ein strukturelles Problem, das Canne als besonders kritisch einstuft: „Erneuerbare liefern nicht bedarfsgerecht.“ Wenn Sonne und Wind gleichzeitig hohe Einspeisemengen verursachen, fällt der Strompreis. Manchmal sinkt er unter Null. Dann kostet nicht nur der Strom nichts, sondern die Erzeuger erhalten sogar Geld dafür, dass sie ihn ins Netz einspeisen.
Marktverzerrung durch Überproduktion
Dieser Effekt betrifft insbesondere Windkraftwerke in ohnehin ineffizienten Regionen. Canne spricht hier vom „Kannibalisierungs-Effekt“. Die Daten der Netzbetreiber zeigen, dass der Erlös für Windstrom im Schnitt 1,45 Cent je Kilowattstunde unter dem Marktpreis liegt. Dadurch steigt der tatsächliche Zuschuss, der nötig ist, um die Betreiber zu finanzieren.
Rechnet man diese Differenz auf ein Windrad mit sechs Megawatt Leistung hoch – bei einer angenommenen Auslastung von 25 Prozent – ergibt sich ein jährlicher Fehlbetrag von rund 600.000 Euro. Über die gesamte Betriebsdauer von 20 Jahren sind das über 12 Millionen Euro Steuergeld – für ein einzelnes Windrad. Je mehr Anlagen in ungeeigneten Regionen gebaut werden, desto teurer wird es für alle.
Staatliche Förderung vor dem Kollaps
Die Vergütungen stammen aus einem speziellen Umlagesystem, das Stromverbraucher über ihre Stromrechnung finanzieren. Dieses Konto ist jedoch bereits im Defizit. Der Bund plant für das laufende Jahr 10,6 Milliarden Euro ein, um die Auswirkungen des Preisverfalls bei Ökostrom auszugleichen. Die Netzbetreiber rechnen jedoch mit einem höheren Bedarf. Mindestens 8 Milliarden Euro Mehrkosten stehen im Raum, während unabhängige Schätzungen noch über diesen Wert hinausgehen.
Solche finanziellen Belastungen gefährden die Stabilität des Fördersystems. Der Ausbau von Windkraftanlagen in Regionen mit geringer Windverfügbarkeit erscheint deshalb nicht nur ineffizient, sondern auch haushaltspolitisch riskant. Physik lässt sich nicht ignorieren – wirtschaftliche Realität ebenso wenig.
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