Die scheidende Bundesregierung hat ihr selbstgestecktes Ziel bei der Sanierung maroder Autobahnbrücken deutlich verfehlt. Statt der anvisierten 400 modernisierten Brücken pro Jahr kam es 2024 nur bei 212 Bauwerken zu eine Instandsetzung. Dies geht aus einer Regierungsantwort auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Julia Verlinden hervor. Immerhin gelang es, die stark abgespeckte Planung aus dem Sommer 2023 größtenteils zu erfüllen (mdr: 27.04.25).
Priorität auf die Sanierung von Autobahnbrücken legen
Ein aktuelles Beispiel für die dramatischen Folgen verschleppter Instandhaltung liefert die Ringbahnbrücke auf der A100 in Berlin. Mitte März sperrten Behörden die Brücke aufgrund eines sich ausbreitenden Risses im Tragwerk. Kurze Zeit später erfolgte der vollständige Abriss, auch der S-Bahn-Verkehr unter der Brücke kam zum Erliegen. Ein Neubau ist bereits geplant.

Julia Verlinden sieht die aktuellen Zahlen als „klaren Arbeitsauftrag für die kommende Bundesregierung“. Im Haushalt und beim Sondervermögen Infrastruktur müsse die Sanierung der Autobahnbrücken oberste Priorität erhalten. Nach Einschätzung der Grünen-Politikerin sollten sämtliche Planungen und Freigaben für neue Autobahnprojekte eingefroren bleiben, bis die Sanierungsziele erreicht seien.
Mängel bei Autobahnbrücken gefährden Sicherheit
„Die eingestürzte Carolabrücke in Dresden und die Sperrung der A100-Brücke in Berlin haben eindrucksvoll gezeigt, was passiert, wenn wichtige Sanierungsarbeiten verschleppt werden“, erläuterte Verlinden. Solche Vorfälle zeigen, wie gefährlich und teuer mangelnde Wartung sein kann. Neben den hohen Kosten drohen erhebliche Beeinträchtigungen für Verkehrsteilnehmer und die Wirtschaft.
Obwohl mehr Mittel für das Autobahnnetz bereitgestellt wurden, lähmen strukturelle Defizite die Fortschritte. Fachkräftemangel, lange Genehmigungsprozesse und fehlende klare Prioritäten haben das angestrebte Sanierungsprogramm ins Stocken gebracht. Viele Autobahnbrücken stehen daher weiterhin auf der Warteliste für dringend notwendige Reparaturen.
Sanierung vor Neubau als Leitlinie
Eine Reform des Baustellenmanagements gilt als unverzichtbar, um die Lage zu verbessern. Experten kritisieren seit Jahren, dass oft erst dann saniert wird, wenn massive Schäden auftreten. Frühzeitige Instandsetzungen könnten viele Sperrungen und Notmaßnahmen vermeiden. Dafür müssten Bund und Länder jedoch effektiver zusammenarbeiten und klare Prioritäten setzen.
Innovative Bauverfahren, schnellere Vergaben und eine stärkere Digitalisierung könnten die Dauer von Bauprojekten erheblich verkürzen. Dennoch fehlt bislang eine einheitliche Strategie, die Vorbeugung in den Mittelpunkt stellt, anstatt auf akute Krisen zu reagieren.
Herausforderung für die neue Bundesregierung
Die nächste Bundesregierung steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits verlangt die Sicherung der bestehenden Infrastruktur entschlossenes Handeln. Andererseits müssen Klimaziele und Mobilitätswende stärker berücksichtigt werden. Ohne eine klare Fokussierung auf die Sanierung droht der Zustand vieler Verkehrswege, insbesondere der Autobahnbrücken, sich weiter zu verschlechtern.
Ob eine Trendumkehr gelingt, hängt entscheidend davon ab, ob die neue Regierung Sanierungen endlich konsequent über Neubauprojekte stellt. Der Zustand der Verkehrsinfrastruktur entscheidet künftig maßgeblich über die Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherheit des Landes.
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