Sachsen will Zwei-Prozent-Ziel für Windkraftausbau kippen

Sachsen setzt ein deutliches Signal gegen die bundesweit festgelegten Ausbauziele für Windenergie. Als erstes Bundesland fordert der Freistaat, das Zwei-Prozent-Flächenziel zu kippen. Die bisher geltende Vorgabe, wonach bis 2032 mindestens zwei Prozent der Landesfläche für neue Windkraftanlagen bereitstehen sollen, stößt dort auf wachsende Ablehnung. Insbesondere auf dem Land verschärft sich der Protest gegen neue Windräder, die oft bis zu 250 Meter hoch sind und nahe an Wohnsiedlungen entstehen (bild: 09.04.25).


Massive Vorbehalte gegen Windkraft in ländlichen Regionen

Die frühere schwarz-rot-grüne Landesregierung in Sachsen wollte die Vorgabe sogar noch ambitionierter umsetzen: Bereits bis Ende 2027 sollte das Flächenziel erfüllt sein. Doch der politische Wind hat sich gedreht. Die neue Infrastrukturministerin Regina Kraushaar (CDU) spricht offen über die Schwierigkeiten bei der Umsetzung. In vielen Regionen des Bundeslands formiert sich Widerstand gegen den weiteren Ausbau. Lärm, Schlagschatten und Wertverluste von Immobilien führen zu wachsendem Unmut – und sorgen dafür, dass sich viele Wähler von den etablierten Parteien abwenden.

Sachsen stellt das Zwei-Prozent-Ziel für Windkraft infrage und fordert mehr Flexibilität bei der Energiewende
Sachsen stellt das Zwei-Prozent-Ziel für Windkraft infrage und fordert mehr Flexibilität bei der Energiewende

„In meinen Gesprächen vor Ort höre ich immer wieder, dass die Bevölkerung erhebliche Belastungen bei der Umsetzung des starren Flächenzieles befürchtet“, erklärt Kraushaar. Der Freistaat sei dicht besiedelt und verfüge über eine teils ungünstige Topografie. Unter diesen Bedingungen lasse sich das Zwei-Prozent-Ziel kaum realisieren. Nicht nur aus ländlichen Regionen, sondern auch aus Teilen der CDU wächst deshalb die Forderung, das Ausbauziel grundsätzlich zu überdenken.

Sachsen fordert Kurswechsel in der Energiepolitik

Mit Blick auf die nächste Bundesregierung plädiert Sachsens Infrastrukturministerin für ein neues Konzept. Statt fester Flächenquoten solle ein sogenanntes Ökostromziel auf Bundesebene etabliert werden. Dieses würde den Ländern mehr Freiraum einräumen. Jede Region könnte dann selbst entscheiden, ob der Beitrag zur Energiewende über Windkraft, Solarenergie oder andere Quellen erfolgt.

„Es wäre richtig, wenn es den Ländern überlassen bleibt, ob sie den Energiebeitrag durch die Nutzung von Wind-, Sonnen- oder einer anderen erneuerbaren Energiequelle erbringen“, betont Kraushaar. Die starre Flächenvorgabe sei für viele Regionen realitätsfern. Mit einem flexibleren Ansatz ließe sich die Akzeptanz in der Bevölkerung möglicherweise verbessern und Konflikte entschärfen.

Energielobby widerspricht vehement

Kritik an dieser Forderung ließ nicht lange auf sich warten. Der Verband „Vereinigung zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien“ (VEE Sachsen) warnt davor, die Vorgaben aufzuweichen. Neben der Solarenergie biete derzeit nur die Windkraft an Land das notwendige Potenzial, um die Energiewende zügig voranzubringen. Jede Reduzierung des Flächenziels bremse den Ausbau und gefährde damit zentrale Klimaziele.

Tatsächlich existieren in Deutschland bereits rund 30.000 Windkraftanlagen. An windreichen Tagen erzeugen sie bis zu 120 Gigawatt Strom – deutlich mehr als der Tagesbedarf, der bei rund 80 Gigawatt liegt. Doch auch diese Zahlen überzeugen Kritiker nicht. Der erzeugte Strom steht oft nicht dann zur Verfügung, wenn er gebraucht wird. Hinzu kommen steigende Spannungen zwischen Stadt und Land. Während die Entscheidungen in den Großstädten getroffen werden, leiden ländliche Gebiete unter den Folgen der Umsetzung.


Der Sonderweg aus Sachsen könnte Schule machen

Der Kurswechsel in Sachsen könnte Signalwirkung entfalten. Sollte sich die Forderung durchsetzen, stünden andere Länder womöglich vor ähnlichen Überlegungen. Vor allem Regionen mit dichter Besiedlung und sensibler Landschaftsstruktur dürften sich vom rigiden Flächenziel verabschieden wollen.

Ob die Bundesregierung auf diesen Druck reagiert oder an den bisherigen Vorgaben festhält, bleibt abzuwarten. Klar ist: Die Energiewende steht an einem Scheideweg. Ohne breite Zustimmung aus der Bevölkerung droht selbst der ambitionierteste Ausbauplan zu scheitern.

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Zuletzt aktualisiert am Januar 14, 2025 um 21:39 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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