Das Hamburger Unternehmen 1Komma5Grad hatte ambitionierte Pläne für eine neue Solarmodulfertigung in Ostdeutschland. In Brandenburg oder Sachsen sollten bis zu 1.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Doch das Projekt wurde gestoppt. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lassen eine Produktion in Deutschland nicht zu – das bestätigte der Vorstand des Hamburger Unternehmens (taz: 06.05.25).
1Komma5Grad streicht Fertigungspläne
Die Idee zur eigenen Fertigung stammt aus dem Krisenjahr 2022. Hohe Strompreise führten zu Engpässen bei Solarmodulen. Zu dieser Zeit erschien eine deutsche Produktion als strategisch sinnvoll. Inzwischen drängen chinesische Hersteller mit Dumpingpreisen auf den Markt. Die dadurch entstandenen Überkapazitäten haben die Rentabilität zerstört.

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Noch im Herbst 2023 sprach 1Komma5Grad von einer Startkapazität von einem Gigawatt. Bis 2030 sollte die Leistung auf fünf Gigawatt steigen. Doch angesichts der asiatischen Übermacht sind diese Pläne nicht mehr durchsetzbar. Auch der symbolische Versuch, sich 2024 in die Debatte um Meyer Burgers Standort in Sachsen einzubringen, blieb erfolglos.
Produktionsverlagerungen in der Branche
Meyer Burger reagierte auf den Marktdruck mit Kurzarbeit. In Thalheim, einem Standort in Bitterfeld-Wolfen, trifft das rund 300 Beschäftigte. Bis vor Kurzem produzierten sie rund um die Uhr Hochleistungssolarzellen. Jetzt versucht das Unternehmen, über eine reduzierte Arbeitszeit kurzfristig die Kosten zu senken.
1Komma5Grad hatte erklärt, man wolle „zumindest die Modulfertigung retten und so viele Arbeitsplätze am Standort sichern wie möglich“. Doch letztlich blieb es bei der Ankündigung. Die Bedingungen für eine Übernahme waren zu unsicher. Auch andere Hersteller tun sich schwer, in Deutschland wettbewerbsfähig zu produzieren.
Strategiewechsel nach starkem Wachstum
Seit der Gründung im Jahr 2021 verzeichnete das Unternehmen ein beeindruckendes Wachstum. Mit 2.500 Beschäftigten und einem Umsatz von 520 Millionen Euro im Jahr 2024 gehört 1Komma5Grad heute zu den sichtbarsten Akteuren der Branche. Doch geopolitische Unsicherheiten und der Preisdruck aus Fernost bremsen die Entwicklung.
Geplant war auch ein Börsengang an der US-Technologiebörse Nasdaq. Dieser wurde verschoben – ein klares Zeichen, dass das Unternehmen mit Vorsicht agiert. Chinas Solarfirmen erneuern ihre Produktionslinien regelmäßig und überschwemmen den Markt mit modernster Technik. Europa verliert so an Relevanz in der Fertigung.
Digitale Lösungen ersetzen Hardware
Statt auf klassische Produktion setzt 1Komma5Grad inzwischen auf Systemintegration. Nur noch etwa die Hälfte des Umsatzes stammt aus der Solartechnik. Der Rest entfällt auf Wärme- und Klimalösungen. Zunehmend wichtig wird auch die Software: Das Unternehmen betreibt Europas größtes virtuelles Kraftwerk für Haushalte.
Dieses System vernetzt Solaranlagen, Stromspeicher, Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur. Die intelligente Steuerung soll die Energieeffizienz erhöhen und Netzstabilität sichern. Für den Markt bedeutet das: Wertschöpfung verschiebt sich von der Hardware zur Dienstleistung – ein Bereich, in dem sich europäische Anbieter noch behaupten können.uch 1Komma5Grad folgt dieser Linie – und verabschiedet sich damit von der Idee einer heimischen Modulproduktion.
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