Privatleute zögern – jetzt soll Social Leasing den Umstieg auf ein E-Auto beschleunigen

Elektroautos bleiben für viele Privathaushalte zu teuer. Der Umstieg gelingt oft nur mit staatlicher Hilfe. Deshalb plant die Bundesregierung, ein sogenanntes Social Leasing einzuführen. Geringverdiener sollen Elektrofahrzeuge zu stark vergünstigten Monatsraten leasen können. Vorbild ist ein Modell aus Frankreich, wo einkommensschwache Menschen mit langem Arbeitsweg bereits für wenig Geld ein E-Auto nutzen. Die Nachfrage dort fiel überraschend hoch aus. Doch in Deutschland mehren sich die Zweifel an dem Konzept. Kritiker sehen darin weniger eine Lösung als eine teure Umverteilungsmaßnahme ohne langfristigen Effekt (br: 19.05.25).


Teure Einzelmaßnahme mit begrenztem Effekt

Das Öko-Institut bezeichnet Social Leasing als sozial gerechte Maßnahme für die Verkehrswende. Monatliche Raten zwischen 100 und 150 Euro sollen einkommensschwachen Haushalten den Zugang zu E-Mobilität erleichtern. Doch ohne langfristige Subventionen droht der Ansatz zu scheitern. Die Maßnahme erreicht nur eine kleine Zielgruppe, der bürokratische Aufwand ist hoch, und viele strukturelle Probleme bleiben ungelöst. Besonders auf dem Land fehlt es an Alternativen zum Auto – doch auch an Ladesäulen mangelt es.

Social Leasing soll Geringverdienern den Zugang zu E-Autos erleichtern – doch Experten warnen vor Bürokratie und Kosten
Social Leasing soll Geringverdienern den Zugang zu E-Autos erleichtern – doch Experten warnen vor Bürokratie und Kosten

Die Fahrzeugauswahl passt zudem kaum zu den Bedürfnissen vieler Nutzer. Hersteller bieten nur wenige günstige, alltagstaugliche Modelle an. Familien mit mehreren Kindern brauchen größere Fahrzeuge – die kommen im bisherigen Förderkonzept kaum vor. Professor Stefan Bratzel fordert deshalb, auch gebrauchte Elektroautos einzubeziehen. „Gebrauchte Elektroautos sind besonders für Menschen mit niedrigem Einkommen interessant.“

Mehr Bürokratie, weniger Freiheit

Professor Ferdinand Dudenhöffer kritisiert Social Leasing deutlich. Das Modell klinge zunächst gut, doch die Realität sehe anders aus: „Natürlich muss nachgewiesen werden, dass ein Social Leasingnehmer auch die Bedingungen, etwa beim Einkommen und Vermögen, erfüllt.“ Das bedeutet umfangreiche Prüfungen, lange Bearbeitungszeiten und hohe Verwaltungskosten – ohne sichtbare Erleichterung für den Markt.

Hinzu kommt: Leasing schafft keine nachhaltige Lösung. Wer den Vertrag nicht verlängert oder nach Förderende keine höheren Raten zahlen kann, steht wieder ohne Auto da. Eigentum wird ausgeschlossen, Mobilität bleibt abhängig von staatlicher Unterstützung – ohne Planungssicherheit für die Betroffenen.

Lückenhafte Infrastruktur und teurer Strom

Ein weiteres Kernproblem: die Ladeinfrastruktur. Gerade in ländlichen Regionen existieren kaum öffentliche Lademöglichkeiten. Selbst wer ein günstiges E-Auto erhält, kann es oft nicht sinnvoll nutzen. Auch das Öko-Institut sieht hier Nachholbedarf. Es empfiehlt, zusätzlich Ladesäulen für einkommensschwache Gruppen zu fördern – ein Zeichen dafür, dass das Konzept auf wackligem Fundament steht.

Zudem machen hohe Strompreise die Elektromobilität unattraktiv. Ohne flankierende Maßnahmen drohen die Betriebskosten zu steigen. Für Menschen mit geringem Einkommen verschärft sich so die finanzielle Belastung, selbst wenn das Leasing anfangs bezahlbar erscheint.

Kaum Nutzen für Industrie und Arbeitsmarkt

Der wirtschaftliche Effekt bleibt ebenfalls gering. Andreas Rade vom Verband der Automobilindustrie betont: „Das Programm ist eher eine sozialpolitische als eine industriepolitische Maßnahme.“ Deutsche Hersteller profitieren kaum, denn sie bieten selten günstige Elektro-Kleinwagen an. Zudem fehlt ein relevanter Impuls für den Arbeitsmarkt – neue Produktionslinien oder Innovationen lassen sich aus dem Programm nicht ableiten.

Geplant ist die Förderung von bis zu 100.000 Fahrzeugen. Im Vergleich zu rund drei Millionen Neuzulassungen pro Jahr in Deutschland bleibt das Programm marginal. Die Elektromobilität lässt sich dadurch nicht entscheidend vorantreiben.


Fazit: Symbolpolitik statt Strukturwandel

Social Leasing zielt auf mehr soziale Gerechtigkeit im Verkehr – bleibt aber ein teures Symbolprojekt. Ohne flächendeckende Ladeinfrastruktur, bezahlbaren Strom und ein breites Fahrzeugangebot läuft die Maßnahme ins Leere. Wer echte Lösungen sucht, muss an den Ursachen ansetzen: hohe Fahrzeugpreise, mangelnde Infrastruktur und fehlende Wahlfreiheit. Der Vorschlag der Bundesregierung löst keines dieser Probleme – und droht, viel Geld in ein Modell mit begrenztem Nutzen zu lenken.

Lesen Sie auch:

Nach oben scrollen