In der Wüste Gobi testeten chinesische Wissenschaftler erfolgreich das Nachfüllen eines laufenden Thorium-Reaktors mit frischem Brennstoff. Der Versuch verlief reibungslos und beweist: Die neuartige Technologie ist erstmals praxistauglich. Der Reaktor erzeugt zwar bisher ausschließlich thermische Energie, doch der erfolgreiche Test markiert einen entscheidenden Schritt für den langfristigen Einsatz (scmp: 17.04.25).
Thorium-Technologie wird praxistauglich
Im Gegensatz zu Uran kommt Thorium deutlich häufiger in der Erdkruste vor. Laut chinesischen Fachleuten reichen die verfügbaren Thorium-Vorräte aus, um den Energiebedarf des Landes für rund 20.000 Jahre zu decken. Diese Perspektive verleiht dem Element strategisches Potenzial – sowohl wirtschaftlich als auch geopolitisch. Die Entscheidung für Thorium zielt nicht nur auf Versorgungssicherheit, sondern auch auf technologische Unabhängigkeit.

Bild: Ki-generiert
Ein wesentlicher Vorteil: Die Reaktoren arbeiten ohne Wasserkühlung. Stattdessen zirkuliert Flüssigsalz, das bei Störungen sicher in Auffangbehälter fließt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Atomkraftwerken mit Wasser als Kühlmittel sinkt dadurch das Risiko für Explosionen drastisch. In puncto Sicherheit zeigt sich das Thorium-Prinzip somit nicht nur effizient, sondern auch praxistauglich.
USA verlieren Anschluss an Thorium-Technik
Bereits in den 1960er Jahren begannen US-Forscher mit Experimenten zur Thorium-Nutzung. Doch das Interesse verlagerte sich schnell zugunsten von Uran-basierten Reaktoren. Während China das Thema langfristig verfolgte, stagnierten internationale Bemühungen.
Projektleiter Xu Hongjie betonte beim jüngsten Forschungstreffen den Vorsprung der Volksrepublik. Er verglich die Entwicklung mit Äsops Fabel: „Hasen machen manchmal Fehler oder werden faul. Das ist der Moment, in dem die Schildkröte ihre Chance ergreift.“ China sieht sich selbst als die beharrlich laufende Schildkröte, die das Ziel nun in Reichweite hat.
Fortschritt durch langfristige Planung
Der Bau des ersten Thorium-Reaktors begann 2018. Im Oktober 2023 war er einsatzbereit, im Juni 2024 erreichte er volle thermische Leistung. Parallel dazu wächst das nächste Projekt heran: Ein größerer Reaktor mit zehn Megawatt Leistung soll bis 2030 fertiggestellt sein.
China beweist mit diesen Entwicklungen, dass auch komplexe Kerntechnologien durch konsequente Forschung zur Marktreife gelangen können. Während viele Industrienationen noch in Debatten über Genehmigungsverfahren und Sicherheitsfragen verharren, setzt China klare Ziele – und erreicht sie Schritt für Schritt.
Eine Alternative mit Zukunft?
Ob Thorium tatsächlich das Rückgrat der zukünftigen Kernenergie bildet, bleibt offen. Kritiker verweisen auf Herausforderungen wie die aufwendige Brennstoffaufbereitung und den hohen technischen Aufwand. Dennoch zeigt das jüngste Experiment, dass sich selbst ein laufender Reaktor sicher nachladen lässt – ein entscheidender Vorteil im Betrieb.
Mit seiner Strategie verfolgt China nicht nur Effizienz, sondern strebt eine führende Rolle bei der Entwicklung alternativer Reaktorkonzepte an. Die Technologie entwickelt sich von der Laboridee zum praxistauglichen System – und könnte so den Energiemarkt nachhaltig verändern.
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