Die Schweiz zieht Konsequenzen. Nach monatelanger Kritik an der Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn greift das Nachbarland nun durch. Zwei internationale Fernverbindungen aus Deutschland enden ab sofort wegen chronischer Verspätung vorzeitig in Basel. Die Entscheidung markiert einen Tiefpunkt für den Ruf der Deutschen Bahn im europäischen Fernverkehr (merkur: 05.05.25).
Dauerproblem Verspätung: Schweiz zieht Konsequenzen
Ab dem 29. April verkehren die EC-Züge aus Hamburg (EC7) und Dortmund (EC9) nur noch bis Basel. Ursprünglich führten diese Linien bis Interlaken Ost und Zürich. In Basel SBB ist nun Endstation. Fahrgäste müssen dort auf Züge der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) umsteigen, um ihr Ziel in der Schweiz zu erreichen.

Die Änderung trifft besonders Reisende, die eine durchgehende Verbindung erwartet hatten. Die Züge hatten bereits zuvor bei erheblichen Verspätungen in Basel geendet – jetzt wird diese Maßnahme zur Regel. Die neue Regelung bleibt mindestens bis zum nächsten Fahrplanwechsel im Dezember bestehen.
Schweiz schützt eigenes System
Für Rückreisende von Zürich und Interlaken nach Deutschland bleibt hingegen alles wie gewohnt. Die EC-Züge E6 und E8 starten weiterhin pünktlich aus der Schweiz. Diese Strecken bedienen ohnehin Schweizer Fahrzeuge, was eine höhere Verlässlichkeit garantiert.
Laut SBB verkehren täglich mehr als 40 Direktzüge zwischen der Schweiz und Deutschland. Der Großteil fährt ohne Umstieg bis zum Zielort. Neben der Hauptverbindung über Basel existieren weitere Strecken über Schaffhausen oder Bregenz. Die SBB reagiert nun vor allem auf die massiv gesunkene Pünktlichkeitsquote deutscher Züge.
Nur noch vier von zehn Zügen erreichen die Schweiz mit maximal fünf Minuten Verspätung. 20 Prozent der Verbindungen aus Deutschland kommen mit mehr als zehn Minuten Verzug an. Ein deutliches Alarmsignal für ein Land, das auf präzise Fahrpläne baut.
Schweizer Logik: Wer zu spät kommt, hat keinen Platz mehr
Ein Bahnnetz funktioniert nur mit Präzision. In der Schweiz bedeutet eine Verspätung von über 15 Minuten, dass ein Zug seinen sogenannten Slot verliert. Das bestätigte eine SBB-Sprecherin gegenüber der dpa. „Die Pünktlichkeit der aus Deutschland von Norden her über Basel in die Schweiz fahrenden internationalen Züge hat in den letzten Monaten abgenommen.“
Verpasst ein Zug seinen Zeitkorridor, greift das Schweizer System ein. Statt auf den verspäteten Zug zu warten, stellt die SBB ein Ersatzfahrzeug bereit. So sollen Anschlussverbindungen und der gesamte Fahrplan nicht ins Wanken geraten. Auch Schweizer Reisende sollen unter der Unzuverlässigkeit nicht leiden.
Konsequente Reaktion statt diplomatischer Zurückhaltung
Die Entscheidung der SBB wirkt wie eine Ohrfeige für die Deutsche Bahn. Die Nachbarn zeigen damit deutlich, dass sie keine weiteren Störungen im eigenen Fahrplan dulden. Während in Deutschland oft mit Ausreden operiert wird, setzt die Schweiz klare Standards.
Die Maßnahme dient keinem politischen Zweck, sondern dem Schutz eines funktionierenden Systems. Dass die Schweiz diesen Schritt trotz gewachsener Kooperation unternimmt, unterstreicht die Schwere der Missstände. Eine Rückkehr zu den alten Verbindungen erscheint nur denkbar, wenn die Deutsche Bahn ihre strukturellen Probleme in den Griff bekommt.
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