Neues TÜV-Gesetz: Millionen Autofahrer betroffen

Das von der EU-Kommission derzeit verhandelte neue TÜV-Gesetz dürfte hierzulande rund 16 Millionen Autofahrer betreffen. Sie müssten mit jährlichen Mehrkosten von 150 Euro rechnen. Der Hintergrund: Ältere Autos sollen in Zukunft nicht mehr alle zwei Jahre, sondern jährlich zur Haupt- und Abgasuntersuchung erscheinen. Aus Brüssel heißt es, man wolle damit die Verkehrssicherheit erhöhen. Experten vermuten jedoch eine andere Motivation: Möglicherweise soll damit der beschleunigte Übergang zur E-Mobilität erzwungen werden.


Neue Regeln für den TÜV

In Deutschland ist die Haupt- und Abgasuntersuchung – im Volksmund gern „TÜV“ genannt, obwohl sie auch die DEKRA, der KÜS und andere Prüfer vornehmen – bislang im Zwei-Jahres-Takt obligatorisch. Das gilt für private und die meisten gewerblichen Fahrzeuge im üblichen Gebrauch, Ausnahmen gibt es nur für Taxis und einige Sonderfahrzeuge. Mit Stand 2025 kostet der Check für einen Pkw etwa 150 Euro. Wenn Mängel festgestellt werden, muss sie der Halter beheben lassen, die dann nochmals fällige Nachuntersuchung kostet je nach Einrichtung etwa 12 bis 30 Euro. Nun müssen die Halter älterer Wagen mit einer Verdoppelung dieser Kosten rechnen.

Die EU plant ein neues TÜV-Gesetz: Ältere Autos sollen jährlich zur Hauptuntersuchung – das betrifft rund 16 Millionen Halter in Deutschland und könnte den Umstieg auf E-Autos beschleunigen.
Die EU plant ein neues TÜV-Gesetz: Ältere Autos sollen jährlich zur Hauptuntersuchung – das betrifft rund 16 Millionen Halter in Deutschland und könnte den Umstieg auf E-Autos beschleunigen.

Wer ist betroffen?

Geht es nach den Plänen der EU-Kommission, müssen die Fahrzeuge künftig jedes Jahr zur HU/AU, sobald sie zehn Jahre oder älter sind. Davon sind aktuell über 32 % der deutschen Fahrzeughalter betroffen. In Deutschland sind derzeit etwa 50 Millionen Pkw zugelassen, deren Alter Statistiken zufolge im Durchschnitt 10,3 Jahre beträgt. Bei genauer Analyse der Daten ist knapp ein Drittel der Autos in Deutschland über zehn Jahre alt. Es dürfte sich um 16,2 Millionen Fahrzeuge handeln, die in Zukunft jährlich zur Pflichtinspektion müssten.

Gibt es Vorbilder für die Neuregelung?

Ja. In Spanien gilt die Regel schon seit über 20 Jahren. Dort müssen alle Fahrzeuge mit einem Alter von über zehn Jahren jährlich zur Haupt- und Abgasuntersuchung. Auch die spanische Regierung berief sich seinerzeit auf die Verkehrssicherheit und behielt nach Datenlage damit wohl recht: Seit der Einführung der Regelung sank die Zahl der Verkehrstoten um immerhin 44 %. Experten führen dieses Ergebnis direkt auf die verkürzten Prüfintervalle beim ITV (dem spanischen Pendant zu unserem TÜV) zurück. Es gibt jedoch auch Kritik an dieser statistischen Aussage. Demnach wurden im spanischen Straßenverkehr in den letzten zwei Jahrzehnten umfassende Sicherheitskonzepte eingeführt, zu denen auch Tempolimits, bessere Sicherheitstechnik in Neuwagen und verstärkte Alkoholkontrollen gehörten. Das Gesamtpaket soll demnach die Verkehrssicherheit verbessert haben, doch der technische Zustand der Fahrzeuge spielte durchaus eine gewichtige Rolle.

Welche Gründe führt die EU-Kommission an?

Die EU-Kommission zitiert das spanische Vorbild und rechnet vor, dass jährliche Prüfungen von älteren Fahrzeugen die Zahl der Verkehrstoten und -verletzten in der EU um ein Prozent senken könne. Die alten Fahrzeuge seien nun einmal pannenanfälliger und laut Studienlage auch häufiger in schwere Unfälle verwickelt. Auch ihr höherer Schadstoffausstoß spielt eine Rolle. Zwar hält die Brüsseler Kommission technische Defekte nicht für hauptursächlich in Bezug auf schwerste Unfälle. Dennoch lohne sich die Maßnahme, wenn man die Zahl der Verkehrstoten in Europa betrachte: Im Jahr 2024 waren es rund 19.800.


Wann kommt das Gesetz?

Der Kommissionsvorschlag vom 24. April 2025 muss zunächst das Europaparlament passieren. Dann müssen sämtliche EU-Staaten zustimmen. Diese Zustimmung gilt keinesfalls als sicher. Gegenwind gibt es trotz der steigenden Zahl von alten Autos unter anderem aus Deutschland. Hier widerspricht etwa der ADAC, der die deutlich höheren Kosten für die Halter bemängelt, den jährlichen Check „nicht für notwendig“ hält und darauf verweist, dass die HU/AU bislang eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz genieße. Das könne sich aber ändern, wenn sie als Schikane empfunden werde, so die Experten. Angesichts solcher Widerstände, die es auch in anderen EU-Staaten geben dürfte, ist eine zeitnahe Umsetzung der Gesetzesinitiative unwahrscheinlich. Vielleicht vergehen noch drei bis sechs Jahre bis zur Verabschiedung eines Gesetzes zum „Altauto-TÜV“.

Der Bezug zum E-Auto

Verkehrssicherheit und bessere Kontrolle der Abgaswerte hin oder her: Es scheint klar zu sein, dass es unter den europäischen Kommissaren auch die Intention gibt, mit dem Gesetz die Elektrifizierung des Straßenverkehrs zu beschleunigen. Es dürften bei jährlichen Haupt- und Abgasuntersuchungen deutlich mehr Altautos frühzeitig verschrottet werden, weil sie Plakette nicht mehr erhalten. Die Käufer werden sich das Risiko der Anschaffung gut überlegen. Vielleicht schwenken sie dann doch schneller auf ein neues E-Auto um.

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