Neuer Ansatz bei der Kernfusion – 100-mal mehr Leistung bei halbierten Betriebskosten

Fusionsenergie gilt als Schlüssel für eine saubere, nahezu unerschöpfliche Stromversorgung. Klassische Ansätze, Atomkerne unter extremen Temperaturen zu verschmelzen, litten jedoch unter enormen Betriebskosten und technischen Komplikationen. Ein neues Verfahren könnte den Durchbruch bringen: Ein Plasma, das sich selbst stabilisiert, soll laut Experten eine hundertfache Leistungssteigerung bei nur halb so hohen Betriebskosten ermöglichen (winfuture: 28.04.25).


Selbststabilisierendes Plasma senkt Betriebskosten drastisch

Statt starke äußere Magnetfelder aufwendig zu erzeugen, baut das Plasma im sogenannten Field-Reversed Configuration (FRC)-Verfahren sein eigenes Magnetfeld auf. Dadurch sinkt der technische Aufwand erheblich, und die Effizienz steigt spürbar. Bisher verhinderten Stabilitätsprobleme und komplizierte Startverfahren den Erfolg dieser Technologie.

Neuer Ansatz bei der Kernfusion steigert die Leistung um das 100-Fache und senkt dabei auch noch die Betriebskosten erheblich
Bild: ©TAE Technologies

TAE Technologies aus den USA präsentiert jetzt eine entscheidende Neuerung: Durch die Injektion schneller, elektrisch neutraler Wasserstoffatome bildet sich das Plasma direkt im Hauptreaktionsraum. Komplexe Vorbehandlungen oder externe Spulen entfallen vollständig. Laut dem Unternehmen liefert dieser FRC-Ansatz bis zu 100-mal mehr Fusionsleistung als ein Tokamak vergleichbarer Größe – und das bei deutlich niedrigeren Betriebskosten.

Neutralteilcheninjektion ermöglicht direkten Plasmaaufbau

Die neue Technologie nutzt Neutralteilcheninjektion (Neutral Beam Injection, NBI), um das Plasma effizient und unmittelbar zu erzeugen. Frühere Systeme wie „Norman“ erforderten komplizierte Vorstufen, während das optimierte Konzept „Norm“ den Plasmaaufbau erheblich vereinfacht.

In der Veröffentlichung in Nature heißt es: „Diese unerwartete Entdeckung hat die Startbedingungen und den technischen Aufwand für FRC-basierte Fusionsreaktoren erheblich vereinfacht.“ Bereits nach nur zehn Millisekunden stabilisiert sich das Plasma und kehrt das äußere Magnetfeld vollständig um. Mehr als 50.000 Experimente legten die Grundlage für diese Entwicklung.

Neuer Brennstoff verbessert Sicherheit

Ein zusätzlicher Vorteil des neuen Ansatzes liegt in der Wahl des Brennstoffs. Wasserstoff-Boron-Fusion produziert keine Neutronen und damit keinen radioaktiven Abfall, was die Sicherheit erheblich steigert. Damit unterscheidet sich die neue Technologie deutlich von klassischen Verfahren mit Deuterium und Tritium.

Die kompakte Bauweise sowie der Verzicht auf externe Magnetstrukturen reduzieren die Baukosten zusätzlich. Besonders die niedrigeren Betriebskosten könnten dafür sorgen, dass Fusionskraftwerke wirtschaftlich konkurrenzfähig werden und schneller in großem Maßstab realisiert werden können.


Copernicus und Da Vinci ebnen den Weg

Auf Basis der neuen Erkenntnisse entsteht derzeit der Prototyp „Copernicus“. Noch vor Ende des Jahrzehnts soll der Nachweis gelingen, dass mit dem strahlgetriebenen FRC-Verfahren eine Nettoenergieerzeugung erreichbar ist.

Bereits Anfang der 2030er-Jahre plant TAE Technologies den Bau des ersten voll funktionsfähigen Kraftwerks „Da Vinci“. Damit könnte der Weg zu einer kostengünstigen, sicheren und skalierbaren Fusionsenergieversorgung endgültig geebnet sein.

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