Am Chemiestandort Leuna drosselt die dort ansässigen Chemieindustrie die Produktion. Grund massiver Mangel an Energie. Laut Branchenvertreter sei die Situation mittlerweile existenzbedrohend (MDR: 28.09.22)
Firmen im Chemiepark Leuna drosseln Produktion um 50 Prozent aufgrund Energiemangel
Laut Christof Günther, Geschäftsführer der Infraleuna GmbH, können viele Firmen am Standort Leuna nicht mehr wirtschaftlich arbeiten, „Wir haben über den Schnitt der Betriebe am Standort aktuell Produktionseinschränkungen von ungefähr 50 Prozent“, sagte er. „Denn es leuchtet jedem ein, dass ein defizitärer Anlagenbetrieb nur sehr begrenzte Zeit aufrechterhalten werden kann“.
Dominoeffekt könnte auch noch wirtschaftlich arbeitende Firmen zur Abschaltung ihrer Anlagen zwingen
Im Chemiepark Leuna sind viele verschiedenen Unternehmen der Chemiebranche über Anlagen miteinander verbunden. Deshalb kann der Chemieverbund am Standort Leuna eigentlich sehr effizient und wettbewerbsfähig produzieren. „Jetzt kommt es darauf an zu verhindern, dass aus diesem Verbund wesentliche Elemente herausbrechen aus wirtschaftlichen Gründen“, so Günther. Durch die gestiegenen Energiekosten könnte es in einem Dominoeffekt dazu kommen, dass Anlagen, die aktuell immer noch wirtschaftlich produzieren könnten, auch den Betrieb einstellen müssen.
Branche fordert Weiterbetrieb der Kohle- und Atomkraftwerke
Thomas Brockmeier, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK), sieht das Problem hauptsächlich in der Energieknappheit. „Wir brauchen aus allen Quellen, derer wir Herr werden können, mehr Energie im Markt. Gas und Strom. Das ist die wichtigste politische Botschaft zunächst einmal.“ Deshalb fordert er, die Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke nicht vom Netz zu nehmen und eigene Gasvorkommen durch Fracking zu fördern.
12.000 Arbeitsplätze in Gefahr
Die Produktionsdrosselung im Chemiepark Leuna hat Auswirkungen auf die gesamte Industrie. Elektrotechnik, Maschinenbau, Anlagenbau, Bauwirtschaft und Landwirtschaft sind durch die eingeschränkte Produktion betroffen. Im Chemiepark Leuna gibt es rund 100 Unternehmen, die insgesamt gut 12.000 Menschen beschäftigen. Dazu zählt auch die Stromversorgung aus eigenen Gaskraftwerken. Angesichts der Energiekrise haben letzte Woche am Standort Leuna knapp 500 Menschen gegen die aktuelle Energiepolitik demonstriert.
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