Industrie unter Druck – Zwei Entwicklungen verschärfen die Krise

Die energieintensive Industrie kämpft weiterhin mit erheblichen Problemen. Ein entscheidender Faktor sind die hohen Strompreise. Gleichzeitig drohen zusätzliche Belastungen, die die Situation weiter verschärfen. In Ludwigshafen hat BASF bereits einige Produktionsanlagen heruntergefahren, und auch andere Unternehmen reduzieren ihre Investitionen oder bauen Arbeitsplätze ab. Dies alles geht vor allem auf die hohen Energiekosten zurück (handelsblatt: 07.09.24).


Ignoranz seitens der Regierung

Doch das Bundeswirtschaftsministerium reagiert nur zögerlich. Aus dieser Richtung wird oft betont, dass sich die Strompreise auf das Vorkrisenniveau stabilisiert hätten. Die Realität sieht jedoch anders aus. Deutschland hat im Vergleich zu vielen anderen EU-Staaten weiterhin ein höheres Preisniveau. Besonders im Vergleich zu anderen Weltregionen ist der Abstand seit der Krise sogar größer geworden.

Die steigenden Energiekosten setzen die energieintensive Industrie weiter unter Druck. Die Politik ignoriert die Probleme
Die steigenden Energiekosten setzen die energieintensive Industrie weiter unter Druck. Die Politik ignoriert die Probleme
Bild: KI-generiert

Strompreispaket ohne Wirkung

Das Strompreispaket der Regierung verpufft weitgehend. Selbst wenn man den Zeitraum kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine als Maßstab heranzieht, waren die Preise damals bereits gestiegen. Blickt man weiter zurück, wird das Ausmaß des Preisanstiegs noch deutlicher. Die wenigen Maßnahmen, die im Strompreispaket enthalten sind, haben nur eine begrenzte Wirkung.

Zum Beispiel wurde ein milliardenschwerer Zuschuss zur Senkung der Netzentgelte für die Industrie kurz nach seiner Vorstellung wieder gestrichen. Lediglich ein teilweiser Ausgleich der durch den Emissionshandel verursachten Mehrkosten für etwa 350 Großverbraucher bleibt bestehen. Dazu kommt eine geringfügige Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe. Doch dieser Vorteil wird durch die gestrichenen Zuschüsse nahezu vollständig aufgefressen. Somit bleibt der erhoffte Effekt aus.

Mittelstand besonders betroffen

Die energieintensive Industrie teilt sich grob in zwei Lager: Auf der einen Seite stehen Unternehmen, die durch das Strompreispaket kaum entlastet werden und weiterhin mit hohen Kosten kämpfen. Auf der anderen Seite befinden sich Betriebe, die zwar leichte Erleichterungen spüren, aber dennoch Schwierigkeiten haben, wirtschaftlich zu bestehen. Besonders betroffen ist der industrielle Mittelstand, der keine ausreichenden Entlastungen erfährt.

Hinzu kommt, dass die Bundesnetzagentur plant, die Stromnetzentgeltverordnung zu ändern. Große Stromverbraucher, wie etwa die Chemie- oder Aluminiumindustrie, profitieren derzeit von stark reduzierten Netzentgelten, da sie konstant hohe Strommengen abnehmen. Diese sogenannte Bandlastregelung steht allerdings zur Debatte. Angesichts der steigenden Bedeutung erneuerbarer Energien und der damit verbundenen volatilen Stromerzeugung scheint dieses Modell nicht mehr zeitgemäß.

Für manche Anlagen mag eine Anpassung der Stromnutzung möglich sein. Aber für den Großteil der Industrie ist eine gleichmäßige Auslastung essentiell, um wirtschaftlich zu arbeiten. Flexible Produktionsweisen könnten die Effizienz senken, Kosten treiben und sogar die CO₂-Emissionen erhöhen. In Branchen, die mit enormen Energiemengen operieren, stoßen flexible Lösungen schnell an ihre Grenzen.


Zukunft der Netzentgelte

In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie die neue Regelung zur Bandlast gestaltet wird. Für viele betroffene Unternehmen zeichnet sich jedoch nichts Gutes ab. Sollten sie zukünftig reguläre Netzentgelte zahlen müssen, könnten einige von ihnen in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Das bisherige Bandlastprivileg war für sie eine entscheidende Entlastung, fast schon eine Lebensversicherung.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Netzentgelte in den kommenden Jahren voraussichtlich steigen werden. Grund dafür sind die hohen Investitionen in den Netzausbau, die mit der Energiewende einhergehen. Somit gewinnen die Netzkosten zusätzlich an Bedeutung. Für Unternehmen, die bereits jetzt unter den hohen Strompreisen leiden, bedeutet dies eine weitere Belastung.

Die Kombination aus hohen Strompreisen und unklarer Zukunft der Netzentgelte treibt immer mehr energieintensive Betriebe dazu, ihre Investitionen in Deutschland zurückzustellen oder bestehende Anlagen abzuschalten. Dieser Trend wird sich voraussichtlich weiter verstärken, was die industrielle Basis Deutschlands in Gefahr bringt.

Politik ohne Antworten

Die hohen Strompreise und steigenden Netzkosten sind direkte Folgen der deutschen Energiepolitik. Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, den Unternehmen ausreichend Unterstützung zu bieten, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Zum einen fehlt das notwendige Kapital. Zum anderen scheint das Ausmaß des Problems nicht vollständig erkannt zu werden.

Für die energieintensive Industrie sind diese Entwicklungen fatal. Ohne eine angemessene Entlastung könnten viele Unternehmen gezwungen sein, ihre Produktion zu verlagern oder zu reduzieren. Dies hätte weitreichende Folgen für den Industriestandort Deutschland und seine Rolle im globalen Wettbewerb.

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