Ohne Gas wird Deutschlands Industrie laut Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn nicht überleben können. Ohne Gas aus Russland sei die Energiewende in Deutschland ein „Scherbenhaufen“. Als Lösung für das Problem schlägt Sinn neue Gas-Pipelines, mehr Gasspeicher und Nutzung der Atomkraft vor (exxpress: 24.12.22)
Deutschland braucht Atomkraft für erfolgreiche Energiewende
Die grüne Energiewende in Deutschland ist laut dem ehemaligen Präsidenten des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Prof. Hans-Werner Sinn, „ein Scherbenhaufen“, da Wind- und Solarenergie allein nicht ausreicht. Sinn betont, dass grüner Strom „zwingend regelbare Kraftwerke“ braucht, also Kohle-, Atom- oder Gaskraftwerke. Da Deutschland aus Kohle- und Atomstrom ausgestiegen ist, bleibt Gas die einzige Option. Doch ohne den russischen Gasimport fehlt Deutschland diese Energiequelle, wodurch die Energiewende nicht mehr funktionieren kann.
Grüne Politik erhöht Bedarf an herkömmlicher Energiegewinnung in Deutschland
Die grüne Politik wird den Bedarf an herkömmlicher Energiegewinnung sogar erhöhen müssen, da der Stromverbrauch sich vervier- oder sogar verfünffachen wird, wenn die chemische Industrie auf Gas verzichtet, Autofahrer nur noch Elektroautos fahren und Häuser elektrisch geheizt werden. Dies bedeutet, dass vier- bis fünfmal so viel konventionelle Kraftwerkskapazität benötigt wird. Die „grüne Bewegung“ wird zu Wunschdenken, da sie dieses „sehr, sehr peinliche Thema“ gerne ausblendet.
Deutschland braucht neue Energiepolitik, um wirtschaftlich zu überleben
Laut Prof. Hans-Werner Sinn braucht Deutschland innerhalb der nächsten zehn Jahre eine andere Energiepolitik, um wirtschaftlich zu überleben. Dazu gehören neue Gas-Pipelines nach Norwegen, Großbritannien, Algerien und Israel, mehr Gasspeicher und eine nationale Sicherheitsreserve, Flüssiggas aus Übersee, Fracking in Deutschland sowie die Aufhebung der Kohle- und Atomverbote. Sinn bevorzugt Atomenergie, da sie gegenüber Kohlestrom praktisch kein CO₂ erzeugt.
Alle Länder, die Atomstrom produzierten und sich dann von ihm verabschieden wollten, sind laut Sinn wieder zu ihm zurückgekehrt, außer Deutschland. Er verweist auf Schweden als Beispiel für das „Revival“ der Atomkraft in anderen Ländern. Er bemerkt ironisch, dass nur Deutschland „weiß, wie es geht“ und alle anderen Länder „falsch“ liegen sollen.
Deutschland könnte laut Sinn seine Energiekrise in der Zukunft mit mehr Speicherkapazitäten und Technologien wie Kernfusion lösen, aber zurzeit ist man dafür noch nicht bereit. Dies könnte frühestens in einem Jahrzehnt der Fall sein. Bis dahin muss Deutschland überleben und braucht pragmatische Entscheidungen, die nicht von grüner Ideologie beeinflusst sind.
Deutschlands Autoindustrie in Gefahr durch Aus für Verbrenner-Motoren
Das Aus für Verbrenner-Motoren sei, so Sinn, besonders verheerend für Deutschland, da die deutsche Autoindustrie in diesem Bereich Vorteile hat. Die deutsche Metallindustrie ermöglicht es, bessere Verbrenner herzustellen als andere Hersteller. Bei E-Autos hat Deutschland jedoch gegenüber China und den USA das Nachsehen. Dies bringt Deutschlands wichtigste Industrie in Bedrängnis und zeigt sich bereits im verarbeitenden Gewerbe. Sinn sieht Deutschland in naher Zukunft bereits wieder als „der kranke Mann Europas“.
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