Handwerk fordert Kurswechsel: Gasheizung statt Zwang zur Wärmepumpe

Die Ampel hatte angekündigt, das Gebäudeenergiegesetz vollständig zu streichen. Doch das Versprechen bleibt bislang unerfüllt. Jetzt meldet sich das Handwerk mit Nachdruck zu Wort. Heizungsbauer verlangen eine Abkehr vom Wärmepumpenzwang und plädieren für eine Rückkehr zu bezahlbaren und realistischen Lösungen – auch mit Gas-Brennwerttechnik. Viele Eigentümer scheitern an Technik, Kosten und mangelnder Planungssicherheit (welt: 08.07.25).


Realitätscheck aus dem Handwerk

Im Koalitionsvertrag hieß es klar: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.“ Doch Bundesbauministerin Verena Hubertz hält an der 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien fest. Auch Umweltminister Carsten Schneider will nur Details überarbeiten. Heizungsbetriebe erleben dagegen täglich, dass der Umbau auf Wärmepumpen nicht flächendeckend funktioniert. Gerade im Altbau fehlen Voraussetzungen – trotz Förderung und politischem Druck.

Das Handwerk kritisiert das Heizungsgesetz und fordert Technologieoffenheit, realistische Vorgaben und bezahlbare Lösungen für Eigentümer
Das Handwerk kritisiert das Heizungsgesetz und fordert Technologieoffenheit, realistische Vorgaben und bezahlbare Lösungen für Eigentümer

Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) unterstützt die Klimaziele. In einem Strategiepapier fordert er jedoch, das Gesetz zu entschlacken und die Technologieauswahl zu öffnen. Auch günstige Zwischenlösungen sollen erlaubt sein, etwa hocheffiziente Gasthermen. Der Verband hält das aktuelle GEG in seiner Starrheit für ungeeignet und mahnt eine Reform an.

CO₂-Ziele statt starrer Quoten

„Unter dem Strich kommt es auf nachhaltige CO₂-Vermeidung an.“ Mit diesem Satz begründet ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Müller den Kurswechsel. Eine moderne Öl- oder Gastherme spart gegenüber Altgeräten bis zu 30 Prozent ein und lässt sich später mit Solartechnik oder Wärmepumpe kombinieren. Hybride Heizsysteme bieten Flexibilität und passen besser zur Gebäuderealität.

Trotz GEG kamen 2024 über 410.000 neue Gasheizungen auf den Markt. Wärmepumpen blieben deutlich dahinter. Gasheizungen sind zwar erlaubt, aber an Auflagen wie Beratungspflichten und künftige Quoten für Biogas geknüpft. Ab 2029 sollen 15 Prozent erneuerbare Gase genutzt werden, ab 2035 dann 30 Prozent. Wie das gelingen soll, bleibt offen.

Weniger Bürokratie, mehr Machbarkeit

Der ZVSHK schlägt ein einfaches Punktesystem vor: Jede eingesparte Tonne CO₂ zählt – egal ob durch Dämmung, Steuerungstechnik oder Netzstrom. Komplexe Berechnungen zum Lebenszyklus lehnt das Handwerk ab. Diese überfordern private Eigentümer und führen zu Investitionshemmnissen. Müller kritisiert auch die Ungleichbehandlung: Während Hauseigentümer handeln müssen, liefern Fernwärmenetze weiterhin fossile Energie.

Auch Effizienzexpertin Lamia Messari-Becker vom KIT unterstützt einen technologieoffenen Ansatz. Der Staat solle Ziele definieren, nicht die Technologie vorschreiben. Die 65-Prozent-Regel sei zu starr und behindere individuelle Lösungen. Jeder Schritt Richtung CO₂-Reduktion sollte zählen – ob Sanierung, Neuinstallation oder smarte Steuerung.


Ohne Fachkräfte keine Energiewende

Im Neubau setzt sich die Wärmepumpe zunehmend durch. Doch im Altbau zeigen sich klare Grenzen. Das Handwerk kann nicht über Nacht alle fossilen Heizsysteme ersetzen. Jahrzehntelang bauten Fachbetriebe Öl- und Gasanlagen ein. Sie verfügen über das Know-how und sichern im Notfall die Versorgung – auch in Zukunft. Der Markt gibt einen schnellen Komplettumstieg ohnehin nicht her.

Gleichzeitig plant die Regierung neue Gaskraftwerke mit über 20 Gigawatt Leistung, um Stromengpässe abzufedern. Dass parallel Privathaushalte ihre Gasthermen austauschen sollen, sorgt für Unverständnis. Der Verband fordert daher, die kommunale Wärmeplanung vom GEG zu entkoppeln – Planung braucht Zeit, Technik Vertrauen.

Flexibilität statt Vorschriftenflut

Müller plädiert für einen pragmatischen Pfad zur Dekarbonisierung. Erst Effizienz erhöhen, dann schrittweise erneuerbare Komponenten ergänzen. So entsteht ein marktfähiger Übergang, der Investoren und Handwerk gleichermaßen entlastet. Nur mit diesem Ansatz lässt sich die Energiewende im Gebäudesektor sozialverträglich und technisch machbar gestalten – ohne die Realität in deutschen Heizungskellern aus den Augen zu verlieren.

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