Eine Waldfläche von 7.500 Quadratmetern am Rand des Gewerbegebiets Uentrop ist verschwunden. Die Stadtwerke Hamm investieren dort elf Millionen Euro in ein neues Umspannwerk. Die Fällung dieser Bäume zeigt erneut, wie sehr der Ausbau der Energiewende mit Eingriffen in die Natur verbunden ist (wa: 17.02.25).
Grüner Wasserstoff erfordert Infrastruktur – auf Kosten der Natur
Hamm will beim Wasserstoff Vorreiter sein. Doch der Weg dorthin fordert Opfer. Ein Wäldchen fiel der Planung zum Opfer, ohne größere öffentliche Diskussion. Die Abholzung geschah schnell und unauffällig. Nur Beschäftigte im südlichen Industriegebiet dürften es bemerkt haben. Ansonsten verirrt sich kaum jemand zur K’Park-Straße.

Noch in diesem Jahr beginnen die Arbeiten für den Elektrolyseur auf dem Kraftwerksgelände von Trianel. Die Stadtwerke Hamm bauen dafür ein Umspannwerk. Ohne diese Infrastruktur ließe sich der erzeugte Wasserstoff nicht effizient ins Netz einbinden. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Rodung von 7.500 Quadratmetern Wald tatsächlich alternativlos war.
Stromnetz für die Zukunft rüsten – Umweltaspekte vernachlässigt?
Hamm treibt die Wasserstoffwirtschaft als Teil der Energiewende voran. Der Elektrolyseur am Trianel-Kraftwerk spielt dabei eine Schlüsselrolle. Doch auch der Ausbau des Stromnetzes ist erforderlich, um künftige Anforderungen zu erfüllen. Große Unternehmen im Gewerbegebiet benötigen eine stabile Energieversorgung.
Das neue 110-kV-Umspannwerk verbindet das Hochspannungsnetz der Westnetz GmbH mit den nachgelagerten Stadtwerkenetzen. Damit entsteht eine wichtige Schnittstelle für die Energieverteilung. Allerdings bleibt unklar, ob nicht auch ein alternativer Standort für das Umspannwerk möglich gewesen wäre. Der massive Eingriff in die Natur hätte vielleicht vermieden oder zumindest minimiert werden können. Die Stadtwerke Hamm haben für das Projekt elf Millionen Euro im Wirtschaftsplan veranschlagt.
Standort mit idealer Infrastruktur, aber hohen ökologischen Kosten
Die Wahl des Bauplatzes für das Umspannwerk fiel in erster Linie aus wirtschaftlicher Sicht. Das Gewerbegebiet bietet eine bereits vorhandene Infrastruktur. Gegenüber liegt ein weiteres Umspannwerk für das Celanese-Gelände (ehemals DuPont), daneben verläuft eine Hochspannungstrasse. Große Energieverbraucher sind in direkter Nähe. Das reduziert den Leitungsbau auf ein Minimum.
Die Stadtwerke Hamm betreiben aktuell sechs Umspannwerke: Hafen, Innenstadt, Martinstraße (Lohauserholz), Bockum-Hövel (nahe MVA), Lippestraße (Uentrop, Lippborg) und Heessen (Vogelsang). Das neue Umspannwerk entlastet diese bestehenden Anlagen und verbessert die Netzstabilität. Doch ein ökologischer Ausgleich für die verlorene Grünfläche ist bislang nicht konkretisiert worden.
Obwohl Bäume für das Umspannwerk gerodet wurden, bleibt auf dem Stadtwerke-Grundstück noch viel Fläche erhalten. Doch die Versprechen, diese für den Natur- und Artenschutz zu „optimieren“, bleiben vage. Maßnahmen, um die verlorene Biodiversität auszugleichen, sind bisher nicht detailliert veröffentlicht.
Verzögerungen beim Wasserstoffprojekt – mehr Zeit für nachhaltige Planung?
Vor einem Jahr überreichte Landeswirtschaftsministerin Mona Neubaur den Förderbescheid für das Wasserstoffzentrum Hamm (WZH). Mit rund 17,5 Millionen Euro unterstützt das Land NRW eines der ersten Wasserstoffprojekte in der Region. Die Gesamtinvestition beläuft sich auf etwa 40 Millionen Euro.
Ursprünglich sollte der Elektrolyseur bereits 2025 in Betrieb gehen. Doch die Umsetzung verzögert sich. Der öffentliche Nahverkehr, die Logistikbranche und Industriebetriebe müssen auf den grünen Kraftstoff noch etwas länger warten.
„Das ist ein neues Projekt“, erklärt Trianel-Sprecherin Ingela Marré. „Niemand hat Erfahrungen damit.“ Der Genehmigungsantrag wurde bereits eingereicht. Die Entscheidung dazu wird in den kommenden Monaten erwartet. Sobald die Baugenehmigung vorliegt, erfolgt der Baubeschluss.
Zeitplan für die Umsetzung – Chance für Umweltverträglichkeit?
Das Vergabeverfahren für die einzelnen Komponenten hat bereits begonnen. „Der Baubeginn ist für das zweite Halbjahr 2025 geplant“, so Marré. Die Produktion von Wasserstoff startet voraussichtlich Anfang 2027.
Die Verzögerung zeigt, wie komplex der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ist. Neben technischer Planung spielen Genehmigungsprozesse und Infrastruktur eine entscheidende Rolle. Vielleicht bietet die zusätzliche Zeit nun aber die Möglichkeit, Umweltaspekte stärker zu berücksichtigen. Die verlorene Waldfläche ist nicht mehr rückholbar, doch für künftige Projekte sollte nachhaltiger geplant werden. Die Energiewende darf nicht zum Vorwand werden, um Naturflächen bedenkenlos zu opfern.
Lesen Sie auch:
- Rhein-Main-Link – dutzende Hektar Waldflächen bedroht
- Naturschutzbund will keine Windkraftanlagen im Wald
- Baubeginn von 18 Windrädern im Reinhardswald: Zerstörung eines einzigartigen Naturerbes
- Region Bingen – 5,7 Hektar Wald für acht Windkraftanlagen gefällt




