Giftiger Schlick aus LNG-Baustelle Brunsbüttel in der Nordsee verklappt

Schleswig-Holsteins Landesregierung gerät unter Druck: Hochbelasteter Schlick aus dem LNG-Terminal-Bau in Brunsbüttel gelangt in die Nordsee. Umweltschützer sprechen von einem Skandal. Der giftige Aushub aus bis zu 17 Meter tiefen Baggerarbeiten gefährdet laut Experten das empfindliche Ökosystem des Wattenmeers. Trotz vorhandener Warnungen genehmigten die Behörden die Entsorgung – ohne belastbare Auskünfte zur Schadstoffkonzentration (shz: 02.07.25).


Schlick sorgt für politische und ökologische Empörung

Ole Eggers vom BUND Schleswig-Holstein berichtet, dass Grenzwerte für Schwermetalle und giftige Kohlenwasserstoffe offenbar deutlich überschritten wurden. Eine „klammheimliche Verklappung“ sei geschehen, obwohl Hinweise auf kritische Belastungen vorlagen. Der BUND fordert seit Monaten Transparenz über die Sedimentproben. Doch konkrete Werte bleiben aus – ebenso wie eine öffentliche Aufarbeitung.

Giftiger Schlick aus LNG-Baustelle Brunsbüttel verklappt – Umweltschützer warnen vor Gefahren für Wattenmeer und marine Lebensräume
Giftiger Schlick aus LNG-Baustelle Brunsbüttel verklappt – Umweltschützer warnen vor Gefahren für Wattenmeer und marine Lebensräume

Der betroffene Schlick stammt aus dem Hafenausbau für das schwimmende LNG-Terminal in Brunsbüttel. Umweltschützer warnen vor dauerhaften Schäden im UNESCO-geschützten Wattenmeer. Die zuständigen Ministerien schweigen zur tatsächlichen Belastung – obwohl die Ablagerung bereits Anfang 2024 begann.

Gefahr durch Verdriftung der Schadstoffe

Die Entsorgungsstelle Tonne E3 liegt rund 20 Kilometer außerhalb des Nationalparks Wattenmeer. Dennoch befürchten Fachleute eine Verdriftung giftiger Stoffe in das Schutzgebiet. Schwermetalle können sich in Meereslebewesen anreichern und in die Nahrungskette gelangen. Krebserregende Stoffe wie Kohlenwasserstoffe verschärfen das Risiko zusätzlich.

Reinhard Knof von der Bürgerinitiative gegen CO₂-Endlager nennt die Vorgänge sogar eine „Straftat“. Ein Zusammenhang zwischen der Verklappung und der starken Algenblüte im Sommer 2024 sei denkbar. Stickstoff- und Phosphatüberschüsse aus dem Schlick könnten die Ursache gewesen sein. Die Folge: Schäden am Ökosystem und ein massiver Rückgang mariner Arten.

Altlasten aus DDR-Zeiten im Schlick vermutet

Laut BUND enthält der ausgehobene Schlick auch Altlasten aus früheren DDR-Industrieanlagen. Diese seien in einem Gutachten bereits vor der Genehmigung dokumentiert worden. Trotzdem genehmigte Kiel die Entsorgung. 260.000 Tonnen belastetes Material verließen seitdem Brunsbüttel in Richtung Nordsee.

Zwar landen auch Sedimente aus der Elbvertiefung regelmäßig an Tonne E3, doch der Ursprung aus dem Bereich außerhalb der Hauptfahrrinne unterscheide diesen Fall deutlich. Die Zusammensetzung und Herkunft des Schlicks erfordern laut Umweltschützern eine strengere Prüfung.


Ministerium bestätigt Überschreitungen – aber relativiert

Ein Sprecher von Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen räumt ein: Die Messwerte an Tonne E3 zeigen Überschreitungen bei Schwermetallen und organischen Kohlenstoffverbindungen. Dennoch gilt die Deponierung weiterhin als zulässig. Ob die erhöhten Werte direkt auf den Schlick aus Brunsbüttel zurückzuführen sind, bleibe laut Ministerium unklar.

Die Untersuchungen dauerten an. Laut Ministerium gebe es keinen Beleg für eine Grenzwertüberschreitung im Ursprungsmaterial. Zudem sei das Verfahren öffentlich bekannt gewesen – von Heimlichkeit könne keine Rede sein. Die Bewegungen der Entsorgungsschiffe seien vollständig dokumentiert.

Nordsee unter Druck – Vertrauen schwindet

Trotz offizieller Einlassungen wächst das Misstrauen. Experten fordern unabhängige Nachprüfungen sowie die Veröffentlichung aller Sedimentanalysen. Die mögliche Belastung des Wattenmeers durch LNG-Schlick gefährdet ein einzigartiges Ökosystem – und erschüttert das Vertrauen in die Umweltpolitik Schleswig-Holsteins.

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