Fregatte F126 – das nächste finanzielle Desaster bei der Bundeswehr

Die Fregatte F126 gilt als das ambitionierteste Rüstungsprojekt der Bundeswehr seit dem Zweiten Weltkrieg. Doch anstelle von Fortschritt dominieren Stillstand und Kostenexplosion. Aus einem Auftrag von 5,5 Milliarden Euro entwickelte sich ein Milliardenprojekt mit fast zehn Milliarden Euro Volumen. Ursprünglich sollte das Typschiff 2028 zur Marine stoßen. Inzwischen rechnet kaum noch jemand mit einem Termin vor 2031, manche Beobachter sprechen gar von 2035 (noz: 05.09.25).


Milliardenprojekt im Strudel von Softwareproblemen

Die Wurzeln der Krise liegen in den IT-Schnittstellen. Konstruktionspläne lassen sich nicht zuverlässig zwischen dem niederländischen Generalunternehmer Damen Naval und deutschen Werften austauschen.

Fregatte F126 droht zum Milliarden-Desaster der Bundeswehr zu werden - Verzögerungen und Kostenexplosion gefährden das Milliardenprojekt
Fregatte F126 droht zum Milliarden-Desaster der Bundeswehr zu werden – Verzögerungen und Kostenexplosion gefährden das Milliardenprojekt

Besonders die französische Dassault-Software sorgt für komplizierte Nacharbeiten. Ganze Bauabschnitte bleiben blockiert. Das „Detailed Design“ stagniert, und Insider halten einen Verzug von bis zu vier Jahren für realistisch. Parallel wächst die Kostenexplosion weiter, nachdem im Jahr 2024 die Option für zwei zusätzliche Schiffe gezogen wurde.

Finanzielle Schieflage und politische Turbulenzen

Damen Naval steckt inzwischen in akuter Geldnot. Zwischenzahlungen entfallen, weil Meilensteine nicht erreicht sind. Das wirkt sich nicht nur auf das deutsche Projekt aus, sondern auch auf Fregattenprogramme für Belgien und die Niederlande. In Berlin wächst die Sorge, dass ein Abbruch nicht nur Milliardenverluste bedeutet, sondern auch den Ruf der europäischen Rüstungsindustrie erschüttert. Dokumente des Bundestages zeigen bereits Milliardenbeträge, die in Planung, Infrastruktur und Technologietransfer geflossen sind. Gleichzeitig drängen Abgeordnete auf eine nationale Lösung für die Marine.

Frühe Warnsignale ignoriert

Hinweise auf die Komplexität existierten längst. Schon der 19. Rüstungsbericht nannte IT-Verzögerungen, die angeblich durch Zeitpuffer aufgefangen werden sollten. Rückblickend war diese Annahme naiv. Auch die auffällige Zurückhaltung der Industrie in Fachpublikationen im Jahr 2024 deutete auf Zweifel hin. Das Bundesamt für Ausrüstung erklärte zwar, der Auftragnehmer arbeite an einer überarbeiteten Projektplanung. Doch konkrete Antworten zu Zahlungsstopps oder zur Solvenz von Damen blieben aus. Damit verstärkt sich der Eindruck mangelnder Transparenz im Milliardenprojekt.

Optionen zwischen Neustart und Drohnenstrategie

Die Krise entfacht eine Debatte über Alternativen. Ein Szenario: der Abbruch des Vertrags mit Damen und ein Neustart unter deutscher Führung. TKMS, NVL und German Naval Yards könnten ein Konsortium bilden und damit nicht nur das Projekt retten, sondern auch die heimische Werftenlandschaft konsolidieren. Allerdings steht parallel das F127-Programm im Raum, dessen Dimension kaum weniger gewaltig ausfällt. Zwei Großvorhaben gleichzeitig würden selbst für erfahrene Werften schwer zu stemmen sein.


High-End oder pragmatischer Zwischenweg

Die F127 gilt als High-End-Lösung für die Luftverteidigung, ausgestattet mit Aegis-System und 64 Vertikalstartzellen. Doch diese Schiffe kommen frühestens Mitte der 2030er Jahre. Eine pragmatische Alternative bietet die MEKO A200. Dieses bewährte Design lässt sich schneller realisieren und verschafft der Bundeswehr rasch neue Einheiten für die U-Boot-Abwehr. Zwar ersetzt die MEKO A200 die ambitionierte Fregatte F126 nicht vollständig, doch könnte sie eine Brücke schlagen, um Fähigkeiten kurzfristig zu sichern.

Unbemannte Systeme als Gamechanger

Parallel gewinnt eine andere Option an Dynamik: Drohnen auf, über und unter Wasser. UAVs wie die SeaGuardian übernehmen Aufklärung und Überwachung zu Bruchteilen der Kosten bemannter Systeme. USVs beweisen im Ukraine-Krieg ihre Schlagkraft in der Minenabwehr und im Überwasser-Kampf. UUVs wie der BlueWhale schaffen neue Möglichkeiten in der U-Boot-Jagd. Die NATO fördert ihre Integration, und die US-Marine setzt auf schnelle Serienbeschaffung. Für die Marine eröffnen diese Systeme Chancen, Fähigkeitslücken kurzfristig zu schließen, ohne Milliarden in jahrelange Projekte zu binden.

Kurswechsel als notwendige Konsequenz

Die Misere um die Fregatte F126 zeigt, wie anfällig starre Beschaffungsprozesse der Bundeswehr sind. Statt einer symbolträchtigen Prestigeplattform braucht die Marine Lösungen, die Agilität, Risikobereitschaft und industrielle Handlungsfähigkeit verbinden. Ein pragmatischer Ausstieg mit deutscher Alternative, ergänzt durch unbemannte Systeme, könnte Fähigkeiten sichern und zugleich industriepolitisch neue Perspektiven eröffnen.

Die Bundesregierung verharrt bislang auffällig still. Berichte zufolge äußerte das Kanzleramt keine klare Position zur Krise. Damit droht eine historische Chance ungenutzt zu bleiben: die Konsolidierung der Werftenlandschaft und die Neuaufstellung deutscher Rüstungspolitik. Ob aus der F126 ein Wendepunkt entsteht oder ein Lehrstück für Missmanagement, hängt nun von schnellen und entschlossenen Entscheidungen ab.

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