Finnland setzt bei der Energiewende voll auf Kernenergie. Das Land steht kurz davor, das weltweit erste Endlager für Atommüll zu eröffnen. Die Finnen stehen mehrheitlich hinter der Nutzung der Kernenergie und schauen verwundert auf Deutschland (FAZ: 20.12.22).
Finnland nimmt weltweit erstes Atomendlager in Betrieb
Das weitverzweigte Tunnelsystem des finnischen Atomendlagers liegt 437 Meter unter der Erdoberfläche. In diesem unterirdischen Tunnelsystem soll bald der erste hoch radioaktive Atommüll eingelagert werden. Alle zehn Meter sollen in einer Röhre die alten noch heißen Brennstäbe gelagert werden. Die Röhren werden dann mit Tongestein aufgefüllt und für immer verschlossen.
Seit 2016 forschen die Finnen an ihrem Endlager tief im Boden der Ostseeinsel Olkiluoto. Acht Kilometer Tunnel sind bereits fertiggestellt und sollen im Jahr 2024 erstmals zum Test mit „Dummy-Brennstäben“ befüllt werden. Mit echtem radioaktivem Abfall soll das Endlager dann im Jahr 2025 seinen Betrieb aufnehmen. Dann werden die Brennstäbe zunächst noch oberirdisch in Kupferbehälter eingeschweißt und anschließend mit einem Fahrstuhl in die unterirdische Anlage gebracht. Mit der Inbetriebnahme wird Finnland weltweit das erste Land sein, welches über ein atomares Endlager verfügt.
Das Lager soll den radioaktiven Abfall der beiden finnischen Kernkraftwerke Olkiluoto und Loviisa aufnehmen. Die Betreiberfirma versichert, dass sie die dabei entstehenden Risiken für tausende von Jahren bereits vorausberechnet hat und dabei keine Probleme sieht.
Hohe Zustimmung in der Bevölkerung
In Finnland gibt es an dem Endlager wie auch bei dessen Nutzung praktisch keine Kritik. In Finnland stimmen 83 Prozent der Bevölkerung laut einer Umfrage der finnischen Energiebranche der Nutzung und dem weiteren Ausbau der Atomkraft zu. Diese Umfrage wird seit 1983 durchgeführt und die Zustimmung war noch nie so hoch wie in diesem Jahr.
Die hohe Zustimmung hängt auch mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zusammen, aber auch mit dem Vertrauen der Finnen in die staatlichen Institutionen, Ministerien und Behörden. Finnland hat vor dem Ukrainekrieg rund 30 Prozent seines Strombedarfs aus Russland importiert. Durch die Sanktionen bleiben die russischen Stromlieferungen jetzt aus. Dafür muss Finnland jetzt mehr Strom aus Schweden importieren.
Die Finnen heizen überwiegend mit Strom. Aufgrund der klimatischen Verhältnisse ist der Stromverbrauch mehr als doppelt so hoch als im EU-Durchschnitt. Aber auch in Finnland sind die Strompreise stark gestiegen und haben sich mehr als verdreifacht. Deshalb wollen viele Finnen bei der Stromversorgung möglichst schnell unabhängig vom Ausland werden. Die Mehrzahl der Finnen halten deshalb Atomstrom für unverzichtbar.
Finnische Grüne unterstützen die Atomkraft
Über die deutsche Entscheidung, die Atomkraftwerke nicht über den April 2023 hinaus am Netz zu lassen, herrscht in Finnland sogar bei den dortigen Grünen nur Unverständnis. Anni Sinnemäki, stellvertretende Bürgermeisterin Helsinkis und Mitglied der finnischen Grünen, hält die deutsche Strategie, die Atomkraftwerke durch Kohlekraftwerke zu ersetzen, für „total falsch“. „Es gibt bei uns eine superstarke Mehrheit für Atomkraft“, sagt Sinnemäki. Bei den Grünen seien vor allem die Jüngeren von der Nutzung der Atomkraft überzeugt.
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