Europas Gigafabrik in Douvrin: Ein Meilenstein auf dem Weg zur Unabhängigkeit von chinesischen Batterieherstellern

Das Hauptgebäude der neuen Batteriezellproduktion der Automotive Cells Company (ACC) in Douvrin, einer kleinen Stadt im französischen Département Pas-de-Calais, ist auffällig mit einem schwarz-weißen Muster gestaltet. Zur Einweihung der Gigafabrik am Dienstag waren prominente Gäste aus der Automobil- und Energiebranche anwesend. Unter ihnen waren die Chefs der beteiligten Unternehmen, wie Ola Källenius von Mercedes, Carlos Tavares von Stellantis und Patrick Pouyanné von Total Energies. Die französische Regierung entsandte ebenfalls hochrangige Vertreter. Auch Bundesverkehrsminister Wissing (FDP) und der Industrieminister Urso aus Italien nahmen an dem Termin am Dienstag teil. Der Bau der Gigafabrik ist nicht nur ein symbolischer Akt, sondern hat auch eine große Bedeutung für die Region und die beteiligten Unternehmen. (Handelsblatt, 30.05.2023)


Europas Gigafabrik-Eröffnung: Ein Meilenstein für die Elektromobilität

Der Bau der ersten Gigafabrik von ACC markiert symbolisch Europas Bestrebungen, die dominierende Stellung Chinas in der Produktion von Elektroauto-Batterien zu durchbrechen und in einer entscheidenden Zukunftstechnologie unabhängiger zu werden. Ola Källenius bezeichnete die Fabrik als einen „wichtigen Meilenstein in Europas Transformation“, um die Autoindustrie in Europa widerstandsfähiger, wettbewerbsfähiger und nachhaltiger zu machen. Der CEO von Mercedes stand zusammen mit den anderen Vorstandsvorsitzenden auf der Bühne in der kargen Werkshalle. Die Produktion von Batterien beginnt erst im Laufe des Jahres.

Die Einweihung der Gigafabrik der Automotive Cells Company (ACC) in Douvrin, Frankreich, markiert einen symbolischen Meilenstein in Europas Bestrebungen
Europas Gigafabrik in Douvrin: Ein Meilenstein auf dem Weg zur Unabhängigkeit von chinesischen Batterieherstellern
Bild: ACC

Källenius betonte, dass diese Zusammenarbeit den Willen zeigt, die Autoindustrie auch im Zeitalter der Elektromobilität in Europa zu halten und die wirtschaftliche Zukunft des Kontinents zu sichern. Die EU hat den Abschied vom Verbrennungsmotor bis zum Jahr 2035 beschlossen, mit wenigen Ausnahmen. Mercedes strebt an, bis zum neuen Jahrzehnt nur noch vollelektrische Fahrzeuge herzustellen. Auch der Stellantis-Konzern, der aus dem Zusammenschluss von Fiat Chrysler und der Peugeot-Gruppe entstanden ist, hat ehrgeizige Ziele. Die Tochterfirma Opel soll bereits ab 2028 in Europa keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr anbieten.

Europa will aufholen: Investitionen in Gigafabriken zur Stärkung der Batterieproduktion

Die Konkurrenz durch chinesische Elektroautos, die von ihrer Marktmacht in der Batterieproduktion profitieren, macht sich bereits bemerkbar. Laut Daten der südkoreanischen Marktforschungsfirma SNE Research stammen sechs der zehn weltweit führenden Batteriehersteller aus China. Die anderen vier Unternehmen in den Top Ten haben ihren Sitz in Südkorea und Japan. Europa spielt in der Produktion des zentralen Bausteins für Elektrofahrzeuge, den Batterien, noch eine geringe Rolle.


Für das Unternehmen ACC ist der Standort Douvrin der Beginn eines größeren Plans. Bis 2025 sollen weitere Gigafabriken in Kaiserslautern und in Termoli, Italien, gebaut werden. Insgesamt plant das Joint Venture Investitionen in Höhe von etwa sieben Milliarden Euro, wobei Deutschland und Frankreich 1,3 Milliarden Euro an staatlicher Förderung beitragen. Die Gigafabrik in Douvrin wird mit einer anfänglichen Produktionskapazität von 13,4 Gigawattstunden pro Jahr starten und bis zum Ende des Jahrzehnts auf 40 Gigawattstunden ansteigen. Das entspricht Batterien für etwa 800.000 Elektroautos pro Jahr.

ACC Gigafabrik: Europäische Batterieproduktion im Wettbewerb mit chinesischen Herstellern

ACC wurde 2020 als Joint Venture von Stellantis und dem Batteriehersteller Saft, der zu Total gehört, gegründet. Mercedes stieg ein Jahr später ein. Das gemeinsame Ziel des Unternehmens ist es, einen „europäischen Batterie-Champion mit globalen Ambitionen“ zu schaffen. Dies beinhaltet nicht nur die Lieferung von Komponenten für die E-Modelle von Stellantis und Mercedes, sondern auch die Gewinnung weiterer Kunden. Jedoch haben auch die chinesischen Branchenriesen wie CATL und BYD große Hoffnungen, ihre Verkäufe auf dem wachsenden globalen Markt für E-Auto-Antriebe auszubauen. Europäische Automobilhersteller werden wahrscheinlich noch eine Weile auf Batterielieferanten aus Asien angewiesen sein.

ACC strebt bis 2030 eine Produktionskapazität von 120 Gigawattstunden an, was etwa zwei Millionen E-Auto-Batterien pro Jahr entspricht. Wenn Mercedes seinen Anteil an reinen Elektroautos bis Ende des Jahrzehnts tatsächlich auf 100 Prozent erhöht, würde der deutsche Konzern allein Batterien mit einer Gesamtkapazität von rund 200 Gigawattstunden benötigen. Deshalb kooperiert Mercedes auch mit dem chinesischen Marktführer CATL.


Die Einweihung der Gigafabrik hat insbesondere für die französische Regierung eine große Bedeutung. Präsident Emmanuel Macron hofft, sein Land mit grünen Technologien wieder zu industrialisieren und die europäische Wirtschaft gegen Konkurrenz aus China und den USA zu verteidigen. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte dazu in Douvrin: „Europa muss seine Muskeln spielen lassen.“

Debatte um Schutz vor chinesischer Konkurrenz: Unterschiedliche Positionen zur Stärkung der europäischen Autoindustrie im Bereich Elektromobilität

Die Region im Nordosten Frankreichs, in der sich die ACC-Gigafabrik befindet, soll nach den Plänen von Paris zu einem Zentrum für Elektromobilität in der EU ausgebaut werden. In der Nähe der Gigafabrik liegt das Renault-Zentrum für Elektromobilität, wo ebenfalls eine Batteriefabrik entstehen soll. Präsident Macron plant, die französische Kaufprämie für Elektroautos so zu reformieren, dass Fahrzeuge, die in China produziert werden, von der Förderung faktisch ausgeschlossen werden.

Bundesverkehrsminister Wissing vertrat bei der Eröffnung der Gigafabrik eine zurückhaltendere Position und sprach sich gegen protektionistische Maßnahmen aus. Bei gemeinsamen Projekten wie ACC gehe es darum, Abhängigkeiten zu verringern und sicherzustellen, dass Europa auch in Zukunft „an der Spitze des technologischen Fortschritts“ stehe.

Hingegen scheint Stellantis-Chef Tavares eher den französischen Kurs zu unterstützen. Auf die Frage, ob die europäische Industrie vor Elektroautos aus China geschützt werden müsse, antwortete er: „Es wäre vernünftig, das zu tun.“

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