Die aktuelle Umsetzung der Energiewende ist zu teuer und kompliziert. Georg Stamatelopoulos, Chef des Energieversorgers EnBW, fordert im FOCUS-Interview dringend mehr Fokus auf die Kosten. „Wir können nicht immer treffsicher die teuerste Lösung wählen“, mahnt er an. Die finanzielle Belastung der Energiewende gefährdet ihre Akzeptanz (focus: 05.12.24).
Hohe Kosten durch Erdkabel statt Freileitungen
Ein konkretes Beispiel liefert Stamatelopoulos mit dem Ausbau der Stromnetze. Statt kostengünstiger Freileitungen kommen häufig teure Erdkabel zum Einsatz. Diese Entscheidung fällt, „weil diese weniger Widerstand bei den Menschen vor Ort hervorrufen“. Diese Strategie verteuert das Projekt jedoch um 20 Milliarden Euro. Hierdurch löst man zwar lokale Akzeptanzprobleme, gefährdet jedoch die gesellschaftliche Akzeptanz insgesamt.
Der EnBW-Chef plädiert daher für eine Neubewertung durch die Bundesnetzagentur. „Vielleicht sollte der Netzbedarfsplan nochmals überprüft werden, ob wirklich alle großen Leitungen zu den jeweiligen Zeitpunkten nötig sind.“ Eine Rückkehr zu Freileitungen könnte Kosten einsparen und den Netzausbau beschleunigen.
Marktmechanismen statt politische Vorgaben
Stamatelopoulos setzt auf marktwirtschaftliche Lösungen, um die Energiewende effizienter zu gestalten. Eine stärkere Rolle des CO₂-Preises könnte eine politische Festlegung des Kohleausstiegs überflüssig machen. „Wenn er eine größere Rolle spielen würde, wäre ein politisch festgelegtes Datum für den Kohleausstieg überflüssig“, betont er. Dies würde den Markt dynamischer gestalten und die Kosten im Griff behalten.
Auch der Wettbewerb müsse gefördert werden. „Wir sollten mehr Markt wagen“, so Stamatelopoulos. Dadurch ließen sich Innovationen vorantreiben und wirtschaftlich tragfähige Lösungen finden. Derzeit seien politische Vorgaben oft starr und kostspielig.
Milliardenkosten für den Netzausbau
Bis 2045 könnten die Ausgaben für den Ausbau der Übertragungsnetze auf 300 Milliarden Euro steigen. Diese gewaltige Summe zeigt die Dringlichkeit kosteneffizienter Lösungen. Erdkabel verursachen nicht nur höhere Baukosten, sondern verzögern auch Projekte aufgrund komplizierter Genehmigungsverfahren. Freileitungen bieten hier eine schnellere und günstigere Alternative.
Stamatelopoulos fordert daher, pragmatisch zu handeln. Eine Überprüfung bestehender Pläne könnte helfen, unnötige Kosten zu vermeiden. Der Energiemarkt benötigt flexible Strategien, die auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit basieren.
EnBW: Ein bedeutender Akteur in Deutschland
EnBW zählt zu den größten Energieversorgern Deutschlands. Im Jahr 2023 erreichte das Unternehmen einen Umsatz von 44 Milliarden Euro. Der Gewinn lag bei 6,4 Milliarden Euro. Diese Zahlen unterstreichen die Verantwortung des Konzerns für eine erfolgreiche Energiewende.
Die Kritik von Stamatelopoulos zeigt: Die Energiewende braucht dringend eine Balance zwischen ökologischen Zielen und ökonomischer Vernunft. Nur so bleibt sie langfristig tragfähig und gesellschaftlich akzeptiert.
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