EnBW-Finanzchef: Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit bei Energiewende vernachlässigt

„In Dunkelflauten sind wir im Grenzbereich unterwegs.“ Diese Worte stammen von Thomas Kusterer, Finanzvorstand des Energieversorgers EnBW. Er beschreibt damit die Herausforderungen, die das deutsche Energiesystem derzeit bewältigen muss. Vergangene Woche brach die Stromproduktion aus Wind und Sonne erneut stark ein. Die Folge: rasant steigende Preise an der Strombörse. Laut Kusterer liegt der Fokus der Energiewende zu sehr auf dem Ausbau erneuerbarer Energien, während Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit zu wenig Beachtung finden (ntv: 19.12.24).


Die aktuellen Probleme im deutschen Energiemarkt

2024 könnte für die deutsche Energiewirtschaft ein Wendepunkt sein. Trotz der Erfolge im Ausbau erneuerbarer Energien gibt es grundlegende Schwächen. Rund 60 Prozent des erzeugten Stroms stammen inzwischen aus erneuerbaren Quellen. Gleichzeitig sinken die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um etwa 50 Prozent. Doch die Versorgungssicherheit gerät zunehmend in Gefahr. Die Preisspitzen von über 900 Euro pro Megawattstunde in der letzten Dunkelflaute verdeutlichen dies. Kusterer erklärt, dass fossile Reservekraftwerke in solchen Situationen unverzichtbar sind. Allerdings handelt es sich oft um ineffiziente und teure Anlagen.

EnBW-Finanzvorstand:  "In Dunkelflauten sind wir im Grenzbereich unterwegs"  -  Blick auf Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit ging verloren
EnBW-Finanzvorstand: „In Dunkelflauten sind wir im Grenzbereich unterwegs“ – Blick auf Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit ging verloren

Die gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende ist laut Kusterer ein Schlüsselfaktor. „Ohne grundsätzliche gesellschaftliche Akzeptanz werden wir nicht erfolgreich sein.“ Hohe Stromkosten könnten das Vertrauen der Bürger in die Energiewende weiter untergraben.

Warum die Preise explodieren

Besonders im Winter zeigt sich die Abhängigkeit vom Wetter. Wenig Wind und geringe Sonneneinstrahlung sorgen für eine reduzierte Einspeisung erneuerbarer Energien. Um den Bedarf dennoch zu decken, werden Reservekraftwerke zugeschaltet. Diese arbeiten jedoch oft ineffizient, was die Kosten stark in die Höhe treibt.

Ein weiterer Faktor ist das Alter der fossilen Kraftwerke. Viele Anlagen sind veraltet, was ihre Betriebskosten erhöht. Zusätzlich bleibt Deutschland bei Dunkelflauten auf Stromimporte angewiesen. Doch auch diese Option ist keine Garantie, da andere europäische Länder wie Frankreich selbst oft hohe Bedarfe haben.

Lösungen für die Energiekrise

Laut Kusterer braucht Deutschland dringend neue wasserstofffähige Gaskraftwerke. Diese könnten als Rückgrat für das Energiesystem dienen und Dunkelflauten besser abfedern. Zusätzlich müssten Batteriespeicher ausgebaut werden. Allerdings können diese nur für kurze Zeiträume eine Lücke schließen. Längerfristige Versorgungssicherheiten erfordern stabile gesetzliche Rahmenbedingungen, die Investitionen in neue Technologien erleichtern.

Ein weiterer Aspekt ist die Netzinfrastruktur. Diese verursacht derzeit hohe Kosten, insbesondere bei der Erdverkabelung. Effizientere Lösungen wie eine optimierte Platzierung von Solarparks in Netzanschlussnähe könnten Abhilfe schaffen. So ließen sich Kosten senken, ohne die Klimaziele zu gefährden.


Blick in die Zukunft

Obwohl die Ziele der Energiewende ambitioniert sind, hält Kusterer sie für erreichbar. Allerdings betont er, dass die Prioritäten neu geordnet werden müssen. „Die Bezahlbarkeit. Wenn wir den Umbau des Energiesystems nicht kosteneffizient umsetzen, verlieren wir die Akzeptanz für die Energiewende.“ Statt den Ausbau der erneuerbaren Energien zu maximieren, sollten wasserstofffähige Gaskraftwerke und Speichertechnologien in den Fokus rücken. Auch die Planung der Netzinfrastruktur bedarf einer effizienteren Gestaltung, um unnötige Mehrkosten zu vermeiden.

Die Frage nach der Zukunft der Kernenergie bleibt kontrovers. Kusterer schätzt jedoch, dass diese für Deutschland mittelfristig keine Rolle mehr spielt. Neue Atomkraftwerke seien eine Entscheidung, die politisch gefällt werden müsste, aber frühestens in zwanzig Jahren relevant wäre. Aktuell bieten sie weder Lösungen für die Versorgungssicherheit noch für die Bezahlbarkeit.

Deutschland steht vor der Herausforderung, seine Energiewende erfolgreich und bezahlbar umzusetzen. Die Balance zwischen Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit ist der Schlüssel. Nur mit effizienten Kraftwerken, stabilen Netzen und einer breiten gesellschaftlichen Unterstützung kann dieses Ziel erreicht werden.

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