Der weltgrößte Lastwagenhersteller Daimler setzt auf den eActros 600, um seine Kunden von Elektroantrieben zu überzeugen. Doch die Transportbranche bevorzugt weiterhin Diesel-Lkw. Trotz Versuchen, klimaschädliche Emissionen in ihren Flotten zu reduzieren, blieben alternative Kraftstoffe wie Biodiesel und Flüssigerdgas erfolglos. Die Dieseltechnologie bleibt die dominierende Wahl (Handelsblatt: 10.10.23).
Elektro-Lkw: Daimlers eActros 600 vor dem Durchbruch oder teure Enttäuschung?
Im ersten Halbjahr wurden in der EU fast 96 Prozent der verkauften Lkw mit Dieselmotoren ausgestattet. Im Gegensatz dazu beträgt der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge trotz großzügiger Förderungen lediglich 1,3 Prozent. In den letzten Monaten wurden weniger als 2400 Elektro-Lkw verkauft.
Karin Radström, Leiterin des Europageschäfts bei Daimler Truck, möchte diesen Trend ändern. Auf einer Raststätte in der Nähe von Hamburg stellte sie den Mercedes-Benz eActros 600 vor, einen vollelektrischen Sattelschlepper für lange Strecken. Dieser Lkw kann ohne Zwischenladen etwa 500 Kilometer zurücklegen und soll einen Wandel in der Branche einleiten.
Radström betont, dass der eActros 600 die Transformation des Straßengüterverkehrs zur CO2-Neutralität repräsentiert. Das Ziel ist, dass dieser Lkw die Mehrheit der Diesel-Lkw im Fernverkehr ersetzt. Der Verkauf des Modells soll noch in diesem Jahr beginnen, die Serienproduktion ist für Ende 2024 geplant. Großkunden wie DB Schenker, Dachser und die Hegelmann Group haben bereits Interesse bekundet. Trotzdem stehen Herausforderungen bevor, da gerade kleinere Spediteure in Deutschland noch zögern.
Elektro-Lkw: Hohe Kosten und ungewisse Wirtschaftlichkeit – Ist die E-Mobilität für schwere Nutzfahrzeuge ein teurer Traum?
Ein Grund dafür ist die hohen Anschaffungskosten von Elektro-Lkw. Radström erklärt, dass Batterie-Lkw zwei- bis zweieinhalbmal so teuer sind wie Diesel-Lkw. Für einen gut ausgestatteten Diesel-Actros-Sattelschlepper werden schnell 100.000 Euro fällig. Der eActros 600 erfordert mindestens 200.000 Euro, möglicherweise sogar 250.000 Euro oder mehr. Dies ist hauptsächlich auf die teure Batterie zurückzuführen, die etwa 60.000 Euro mehr kostet als beim Diesel-Pendant. Dies stellt eine große finanzielle Hürde dar.
„Für Elektro-Lkw gibt es derzeit keinen klaren wirtschaftlichen Nutzen“, so ein Insider. Die Umstellung von rund 12.000 Nutzfahrzeugen für die Lebensmittelauslieferung in Deutschland auf elektrische Antriebe würde jährlich zusätzliche Kosten von etwa 600 bis 700 Millionen Euro verursachen, schätzt das Center Automotive Research. Die Kosten für die Ladeinfrastruktur sind dabei nicht berücksichtigt.
„Es ist noch völlig unklar, wie diese Kosten gedeckt werden können“, erklärt CAR-Direktor Ferdinand Dudenhöffer. Obwohl das Bundesministerium für Digitales und Verkehr derzeit die Anschaffung von Nutzfahrzeugen mit umweltfreundlichen Antrieben mit bis zu 15 Millionen Euro pro Antragsteller jährlich fördert, stoße die staatliche Finanzierung bei steigenden Stückzahlen schnell an ihre Grenzen. Die Gesamtkosten für diese Subventionen wären „deutlich zu hoch“.
Elektro-Lkw und die Herausforderungen der CO₂-Reduzierung: Maut, Ladeinfrastruktur und skeptische Spediteure
Um die CO₂-Emissionen von Bussen und Lastwagen bis 2030 um 45 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019 zu reduzieren, wird erwartet, dass Deutschland und Frankreich eine CO₂-gestaffelte Maut für Nutzfahrzeuge einführen. Davon würden Lastwagen mit Batterien und wasserstoffbasierten Brennstoffzellen profitieren. Allerdings fehlt es derzeit noch an ausreichenden Ladestationen für diese Fahrzeuge. Ein erfolgreicher Hochlauf der batteriebetriebenen E-Mobilität erfordert einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur in Europa, schätzt Bernd Heid, Senior Partner bei McKinsey. Für den elektrischen Güterverkehr wären allein in Europa etwa 600.000 Ladepunkte erforderlich, vorwiegend in Logistikzentren und Flottenladestationen. Die geschätzten Investitionen belaufen sich auf bis zu 25 Milliarden Euro.
Aus diesem Grund bleiben viele Spediteure skeptisch: „Unsere Kunden sind unsicher, wie sie die Umstellung von Diesel auf Elektro bewerkstelligen sollen“, erklärt Radström. Nach einer Nutzungsdauer von fünf Jahren oder 600.000 gefahrenen Kilometern sehen die Kostenkalkulationen für Modelle wie den eActros 600 jedoch „sehr vielversprechend“ aus. Dies liegt daran, dass die Betriebskosten von Elektrolastwagen oft niedriger sind, und im Laufe der Zeit würden die höheren Anschaffungskosten amortisiert.
Die Rentabilität von Elektro-Lkw hängt jedoch auch von der Entwicklung der Strompreise ab, eine Variable, die in Deutschland recht volatil ist.
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