Dunkelflaute, Hellbriese und Hellflaute – wenn das Wetter zur Gefahr für die Stromversorgung wird

Aus der Steckdose kommt der Strom nach wie vor zuverlässig. Doch was viele nicht bemerken: Die Kosten und Risiken im Hintergrund steigen rasant. Die Energiewende hat das Stromsystem so verändert, dass das Wetter über Versorgungssicherheit und Preisgestaltung entscheidet. Fehlen Wind und Sonne, reicht die Produktion nicht aus – dann fließt teurer Strom aus dem Ausland. Bei starkem Wind und viel Sonne entsteht ein Überschuss, der ebenfalls teuer wird. Noch gravierender: Der Wind nimmt insgesamt ab. Weil sich die Wetterlagen verschieben, geraten viele ursprüngliche Annahmen ins Wanken (welt: 13.05.25).


Standortprobleme und wetterbedingte Schwankungen

Deutschland gehört bei Wind- und Sonnenverhältnissen zu den schwächeren Regionen Europas. Besonders im Landesinneren fehlt es an stabilen Bedingungen. Dennoch baut kein anderes Industrieland mit vergleichbaren Voraussetzungen auf eine wetterabhängige Stromerzeugung in diesem Ausmaß.

Die Energiewende macht die Stromversorgung zunehmend wetterabhängig - wie das Wetter zur zentralen Schwachstelle eines ganzen Systems wird
Die Energiewende macht die Stromversorgung zunehmend wetterabhängig – wie das Wetter zur zentralen Schwachstelle eines ganzen Systems wird

In Dunkelflauten – windstillen, trüben Tagen – reicht die Erzeugung nicht aus. Der fehlende Strom wird zu hohen Preisen importiert. Gleichzeitig entstehen bei Überproduktion Verluste: Fällt der Börsenpreis auf null, erhalten die Betreiber trotzdem garantierte Vergütungen. Diese kosten den Staat jährlich rund 20 Milliarden Euro.

Wetterextreme untergraben die Versorgung

Ein neues Problem verschärft die Lage: die Hellflaute. Im ersten Quartal 2025 fiel die Windgeschwindigkeit auf ein Rekordtief. Deutschlands rund 30.000 Windräder speisten kaum Strom ein. Die Erträge lagen deutlich unter den Erwartungen. Meteorologen führen das auf klimatische Veränderungen zurück. Weil sich die Temperaturdifferenzen zwischen Äquator und Polregionen verringern, verlangsamt sich die atmosphärische Zirkulation – der Wind lässt nach.

„Wind und Sonne schicken keine Rechnung“ – dieser Werbeslogan bleibt im Umlauf, obwohl die Realität ihn längst widerlegt. Ohne verlässliches Wetter braucht es ein zweites Stromsystem, das jederzeit einspringt und massive Zusatzkosten verursacht.

Fossile Rückendeckung statt Klimaschutz

Die Energiewende hatte nicht den Klimaschutz im Fokus, sondern den politischen Ausstieg aus der Kernenergie. Statt CO₂-freier Atomkraft nutzt Deutschland nun wieder mehr fossile Energieträger. Der Bau von bis zu 50 neuen Gaskraftwerken ist geplant, um wetterbedingte Ausfälle abzufangen.

Wasserstoff soll langfristig Erdgas ersetzen – doch seine Herstellung ist ineffizient und teuer. Deshalb gilt er als „Champagner der Energiewende“. Auch seine Produktion erfordert Wind- und Sonnenstrom. Weil dieser oft fehlt, soll Ammoniak aus Afrika importiert werden. Dort dient er jedoch als Dünger in Regionen, die unter Hunger leiden – ein ethisch fragwürdiger Zielkonflikt.


Technische Grenzen und wetterbedingte Risiken

Stromspeicher gelten als Lösung, um sommerliche Solarenergie im Winter nutzbar zu machen. Doch in Deutschland reicht die Kapazität nur für rund 30 Minuten. Weltweit existieren keine Speicherlösungen im nötigen Maßstab.

Gleichzeitig geraten die Stromnetze an ihre Grenzen. Der Ausbau stockt, während die Anforderungen steigen. Um Stromerzeugung und Verbrauch zu verbinden, braucht es neue Leitungen und Steuerungstechnologien. Auch wetterbedingte Netzschwankungen nehmen zu. Der Stromausfall in Spanien vor wenigen Wochen zeigt, wie schnell überforderte Systeme kollabieren können.

Die Energiewende verändert nicht nur die Herkunft des Stroms, sondern das gesamte Versorgungssystem. Entscheidend ist nicht, wie günstig Strom erzeugt wird – sondern zu welchem Preis er jederzeit verfügbar bleibt. Das Wetter wird dabei zum Unsicherheitsfaktor. Und die Kosten für dessen Ausgleich entscheiden über die Zukunft der Versorgungssicherheit – und über die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

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