Drohender Leerstand bei Gasspeichern: Regierung prüft staatliche Intervention

Die deutschen Gasspeicher, die Energiesicherheit für den Winter bieten sollen, werden derzeit fast nicht befüllt. Medienberichten zufolge prüft daher die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) einen staatlichen Eingriff. Das wird auch Folgen für die Verbraucher haben. (Berliner-Zeitung, 17.06.2025)


Krise der Gasspeicherung verschärft sich

Die zunehmende Verschärfung der Gasspeicherkrise lässt sich an einzelnen gescheiterten Transaktionen ablesen. So schaffte es der Konzern Uniper kürzlich zum wiederholten Mal nicht, im Rahmen einer Auktion zusätzliche Speicherkapazitäten im bayerischen Breitbrunn-Untergrundlager an Stadtwerke oder Gasversorger zu vergeben. Der Füllstand des Lagers verbleibt daher bei lediglich einem Drittel. Noch schlechter sieht es in Deutschlands größtem Gasspeicher im niedersächsischen Rehden aus – er steht nahezu leer.

Deutschlands Gasspeicher füllen sich kaum. Wegen Preisrisiken lagern Händler kein Gas ein. Die Regierung prüft staatliche Eingriffe – mit Folgen für Verbraucher im Winter.
Deutschlands Gasspeicher füllen sich kaum. Wegen Preisrisiken lagern Händler kein Gas ein. Die Regierung prüft staatliche Eingriffe – mit Folgen für Verbraucher im Winter.

Es gibt fast keine Gaslieferanten, die derzeit den Rohstoff einlagern möchten. Damit werden Erinnerungen an die jüngste Vergangenheit in den Jahren 2022 und 2023 wach, als nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und den nachfolgenden westlichen Sanktionen das russische Pipelinegas ausblieb und die hiesige Bevölkerung mit Bangen die Meldungen zu den Gasspeicherständen verfolgte. Damals blieb das Unheil aus, Deutschland konnte sich genügend Gas für die Wintermonate beschaffen. Dieses Mal ist die Lage deutlich ernster. Der Hintergrund ist aber nicht eine Mangellage. Vielmehr weigern sich Händler und Produzenten aufgrund der aktuellen und prognostizierten Preisentwicklung, das Gas jetzt schon einzulagern.

Option der Regierung: Intervention mit staatlichem Eingriff

Die Bundesregierung prüft angesichts der jüngsten Entwicklung einen staatlichen Eingriff: Sie will eine strategische Gasreserve anlegen. Das berichtet Bloomberg unter Verweis auf informierte Quellen. Demnach soll die Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) eine vertrauliche Machbarkeitsstudie beauftragt haben, welche die Einführung von Gasspeichern oder der Gasspeicherung an vorhandenen Standorten unter staatlicher Kontrolle prüft. Bestätigt wurde bereits durch einen Sprecher ihres Ministeriums, dass aktuell eine umfassende Gasmarktstudie laufe. Die strategischen Speicher sollen ein Teilaspekt der Untersuchung sein.

Markttechnischer Hintergrund der Gasspeicherkrise

Die deutschen Gasspeicher betreiben derzeit private Unternehmen. Dazu gehören Uniper, aber auch Astora als Tochtergesellschaft von Sefe. Das Unternehmen firmierte ehemals als Gazprom Germania und hat dementsprechend beste Kontakte zum russischen Staat. Allerdings scheint es kaum einen politischen Hintergrund für die mangelnde Bereitschaft zu geben, jetzt schon ausreichend Gas einzulagern. Vielmehr nutzen die genannten Unternehmen teilweise selbst die Speicherkapazitäten, wenn sie diese nicht an Gasversorger, Energiehändler oder Stadtwerke verkaufen können. Diese Abnehmer kaufen eigentlich gern im Sommer günstiges Gas, lagern es in die Speicher ein und profitieren beim Weiterverkauf im Winter von den saisonalen Preissteigerungen.

Gleichzeitig legen sie damit eine strategische Gasreserve für die allgemeine Energiesicherheit an. Allerdings erwarten die beteiligten Akteure aktuell wohl nicht, dass es im kommenden Winter zu einer deutlichen Preissteigerung kommt. Verantwortlich dafür sind Mengenangebote am Gasmarkt und die in den letzten drei Jahren erfolgte Diversifizierung des Bezugs. Der prognostizierte sogenannte „Sommer-Winter-Spread“ könnte dadurch so gering ausfallen, dass seine Gewinnmarge unter den Kosten für die Einlagerung fällt. Daher bleiben die Speicher leer.


Welche Regelungsmöglichkeiten gibt es?

Es sind Regularien für so einen Fall vorgesehen. So könnte bei einer derart angespannten Lage die THE (Trading Hub Europe), die für das Marktgebiet verantwortlich ist, eingreifen. Eine entsprechende Aufforderung an die Organisation erging zuletzt von Uniper. Der Konzern drohte damit, unrentable Standorte zu schließen, wenn die THE nicht für die Befüllung des Breitbrunn-Lagers sorgt, die sie gegenüber den Lieferanten nötigenfalls anordnen kann. Ein Unterlassen wäre fatal, denn vor allem die Industrie in Baden-Württemberg und Bayern benötigt eine zuverlässige Gasversorgung auch aus Speichern. Sollte die THE nicht in diesem Sinne tätig werden, dürfte möglicherweise das Bundeswirtschaftsministerium eingreifen, wie die Berichte aus internen Quellen vermuten lassen.

Vorbilder gibt auf der internationalen Bühne zur Genüge. So haben sich unter anderem die EU-Länder Italien und Österreich bereits mit staatlich kontrollierten Gasreserven abgesichert, die für die gesamte EU bedeutsam sind: Sie decken rund elf Prozent der Speicherkapazität in der Union ab. Noch bekannter ist die strategische Ölreserve in den USA. Sie repräsentiert den weltweit größten Vorrat an Rohöl, kann in Notfällen eingesetzt werden und sichert die USA gegen politisch motivierte Exportstopps von Ländern wie etwa dem Iran ab.

Speicherung im Boden und in LNG-Terminals

Wenn der Bund eine strategische Gasreserve anlegt, kann er die vorhandenen Bodenspeicher wie den in Rehden, aber auch die deutschen LNG-Terminals nutzen. Eine Kombination aus beiden Möglichkeiten schlagen die Fernleitungsnetzbetreiber vor, die THE unterstützt die Idee ebenfalls. Für die Verbraucher ist wichtig zu wissen, dass die Gasspeicherkrise gelöst werden muss. Ansonsten dürften Unsicherheiten auf dem Gasmarkt entstehen, die gerade im Winter zu Preissteigerungen führen könnten.

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