Die Deindustrialisierung schreitet voran – Lanxess will zwei Werke in Deutschland schließen

Lanxess, ein Unternehmen im Bereich Spezialchemie, plant, ein Sparprogramm einzuführen und könnte zwei Produktionsstätten in Deutschland stilllegen. Der Sektor steht unter großem Druck. Matthias Zachert, der Vorsitzende von Lanxess, äußerte sich kritisch gegenüber der Politik (FAZ: 07.08.23).


Lanxess droht mit Werkschließungen – hohe Energiekosten und Bürokratie belasten Industrie

Angesichts hoher Strompreise und wirtschaftlicher Bedingungen zieht Lanxess die Schließung von zwei Produktionsanlagen in Krefeld-Uerdingen in Erwägung. Der Prozess der Hexan-Oxidation benötigt viel Energie und könnte bis 2026 eingestellt sein, so die Mitteilung des in Köln ansässigen M-DAX-Unternehmens am Freitag. „Wir haben dort seit einiger Zeit finanzielle Einbußen“, erklärte Matthias Zachert, der Vorsitzende von Lanxess, in einer Telefonkonferenz. „Wir erwarten nicht, dass sich dies ändert.“

Die Chromoxid-Produktion an derselben Stelle leidet seit Monaten unter geringer Auslastung. Mehrere Keramikhersteller, die zu den Klienten zählen, ziehen sich aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten zurück. Lanxess versucht diesen Bereich zu verkaufen, doch wenn das scheitert, könnte die Anlage mit ihren 52 Mitarbeitern ebenfalls schließen. In der Hexan-Oxidation sind 61 Leute beschäftigt.

Es müssen Anlagen geschlossen werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben, so Lanxess. Zachert gibt der Politik die Schuld dafür. Hohe Energiekosten verursachen erhebliche Standortnachteile für die deutsche Industrie. Dadurch ziehen Firmen weg. „Die De-Industrialisierung beginnt“, erklärte Zachert. Neben den hohen Kosten leiden Firmen unter übermäßiger Bürokratie. „Damit steht der Wohlstand in Deutschland und die soziale Sicherheit für die Menschen mittel- und langfristig ernsthaft auf dem Spiel.“ Die Bundesregierung muss aufwachen, betonte Zachert. „Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die diesen Namen verdient.“

Sparmaßnahmen bei Lanxess: Europaweiter Einstellungsstopp und Kostensenkung – Andere Chemiekonzerne folgen

Zusätzlich zu den geplanten Schließungen plant Lanxess eine Sparmaßnahme. Um die diesjährigen Ergebnisse kurzfristig zu unterstützen, stoppt das Unternehmen Neueinstellungen in ganz Europa und sucht nach Möglichkeiten, Kosten zu senken. Die Führungskräfte verzichten auf ein Viertel ihres Grundgehalts, und Bonuszahlungen sollen auch auf niedrigeren Ebenen stark gekürzt sein. Vorgesehene Investitionen von 50 Millionen Euro sind auf Eis gelegt, was insgesamt zu einer Ersparnis von 100 Millionen Euro in diesem Jahr führen soll.

Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die diesen Namen verdient“ Lanxess-Chef droht mit der Schließung zweier Werke in Deutschland
Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die diesen Namen verdient“ Lanxess-Chef droht mit der Schließung zweier Werke in Deutschland
Bild: Rolf Heinrich, Köln, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Darüber hinaus überprüft das Unternehmen seine energieintensiven Betriebe und Anlagen und plant langfristig, seine Verwaltung zu reduzieren. Das wird wahrscheinlich auch Jobkürzungen bedeuten, aber Zachert hat noch keine genaue Zahl genannt. Für diesen Prozess rechnet das Unternehmen mit einmaligen Kosten von 100 Millionen Euro. Im Gegenzug erwartet man ab 2025 jährliche Kosteneinsparungen von 150 Millionen Euro.

Auch andere Chemieunternehmen beginnen nun, stärker auf ihre Ausgaben zu achten, obwohl Lanxess das erste ist, das ein weiteres Sparprogramm ankündigt. So hat Evonik, ein Spezialchemieunternehmen aus Essen, bis zum Jahresende auf Neueinstellungen verzichtet, die Reisebudgets drastisch gekürzt und Beraterkosten gesenkt – dadurch soll in diesem Jahr eine Ersparnis von 250 Millionen Euro erreicht sein. Ebenso ist Covestro, ein Kunststoffunternehmen, bemüht, seine Kosten zu senken.


Lanxess schockt Aktionäre: Prognose gesenkt, Aktie stürzt ab

Bereits im Juni hatte Lanxess seine Aktionäre in einer Börsenmitteilung darauf vorbereitet, dass die Halbjahreszahlen enttäuschend sein könnten – und dabei auch die Prognose zurückgenommen. Das Unternehmen erwartet jetzt nur noch ein bereinigtes Ergebnis von 600 bis 650 Millionen Euro, anstatt der ursprünglich prognostizierten 850 bis 950 Millionen Euro. Zachert gab zu, dass keine Besserung in Sicht ist. Im Laufe des Tages lag die Lanxess-Aktie knapp 2 Prozent im Minus.

Die Ausgaben des Konzerns sind hoch, und zusätzlich ist die wirtschaftliche Lage schwach. Zachert beschrieb die Nachfrage aus den wichtigen Kundenindustrien als „extrem schlecht“. Kunden leeren ihre Lager, was darauf hindeutet, dass sie weniger produzieren als ursprünglich angenommen und daher weniger chemische Vorprodukte nachbestellen.

Chemiebranche in der Krise

Das Ifo-Institut bestätigte in seinem neuesten Bericht zur Chemiebranche am Freitag eine schlechtere Nachfrage. Eine so pessimistische Einstellung gegenüber den Aufträgen haben die Chemieunternehmen seit der Finanzkrise nicht mehr erlebt. Zachert war noch drastischer: „Ich arbeite seit 30 Jahren in der Industrie, eine solche Schwierigkeit habe ich noch nie erlebt“, so der Lanxess-Vorstandsvorsitzende. Im zweiten Quartal sank der bereinigte operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um fast 58 Prozent auf 107 Millionen Euro. Niedrigere Verkaufspreise und der Abbau von Lagerbeständen sowie die schwache Nachfrage belasteten das Ergebnis. Der Umsatz ging um gut 11 Prozent auf 1,78 Milliarden Euro zurück. Am Ende stand ein Verlust von 145 Millionen Euro, verglichen mit einem Gewinn von 48 Millionen im Vorjahr.

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