Deutschland und Atomkraft: Eine mögliche Rückkehr – Realistisch oder Illusion?

Die Debatte über eine mögliche Wiederbelebung der Atomkraft in Deutschland ist in den Mittelpunkt gerückt, da auf der Weltklimakonferenz 22 Länder angekündigt haben, ihre Atomkraftkapazitäten bis 2050 zu verdreifachen. In Deutschland selbst kommt die Diskussion über eine Rückkehr zur Atomkraft, insbesondere nach Bekanntwerden der Haushaltskrise, wieder auf. Wichtige Politiker, darunter Mitglieder der CDU und FDP, fordern sogar die Wiederaufnahme des Betriebs von sechs zuvor abgeschalteten Kernkraftwerken (ZDF: 05.12.23). Doch ist eine solche Rückkehr überhaupt möglich?


Technische Machbarkeit

Ulrich Waas, ein Physiker und ehemaliges Mitglied der Reaktorsicherheitskommission, gibt an, dass die technische Wiederinbetriebnahme grundsätzlich möglich ist. Viele wichtige Komponenten der abgeschalteten Kraftwerke sind noch intakt. Von den sechs abgeschalteten Meilern kämen wahrscheinlich fünf für eine mögliche Wiederaufnahme infrage.

Ist in Deutschland eine Rückkehr zur Atomkraft möglich? Eine Betrachtung der technischen, finanziellen und rechtlichen Aspekte
Ist in Deutschland eine Rückkehr zur Atomkraft möglich? Eine Betrachtung der technischen, finanziellen und rechtlichen Aspekte
Bild: Alois Staudacher, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Mögliche Kernkraftwerke für Wiedereinstieg

Diese umfassen Grohnde, Brokdorf, Neckarwestheim2, Emsland und Isar 2. Bei Gundremmingen C sind die Abbauarbeiten bereits zu weit fortgeschritten, um eine erneute Inbetriebnahme zu ermöglichen.

Zeitlicher Aufwand

Für die Wiederaufnahme müsste man mit einer Dauer von ein bis zwei Jahren rechnen. Dies liegt zum einen an den notwendigen Sicherheitsprüfungen, insbesondere den „wiederkehrenden Prüfungen“, bei denen die Anlagenkomponenten beispielsweise mittels Ultraschall getestet werden. Zum anderen müssten die Auswirkungen der bereits durchgeführten „Full System Decontamination“, einer Art Reinigungsprozess wichtiger Komponenten des Kraftwerks, auf Dichtungen, Pumpen, Verbindungen und mehr überprüft und gegebenenfalls ersetzt werden.

Brennstoffbeschaffung

Die Beschaffung von Brennstoff für Kernkraftwerke bleibt ein zentraler Aspekt. Russland spielt hier eine bedeutende Rolle, da der staatliche Konzern Rosatom nicht nur weltweit an Uranminen beteiligt ist, sondern auch die Urananreicherung durchführt. Es gibt jedoch auch mehrere teurere Alternativen wie Niger, Kanada, Frankreich und Belgien für Rohstoffe und Anreicherung. Darüber hinaus könnte Deutschland durchaus auch selbst beim Konzern Framatome in Lingen, Offenbach oder Erlangen. Brennelemente produzieren.


Kosten

Eine Wiederinbetriebnahme würde wahrscheinlich eine Investition von einer kleineren, einstelligen Milliardensumme erfordern, einschließlich der Kosten für die Brennelemente. Experten argumentieren, dass dies immer noch kostengünstiger wäre als der Bau von etwa 50 neuen Gaskraftwerken.

Rechtliche Hürden

Um die Rückkehr zur Atomkraft zu ermöglichen, müsste die Regierung das Atomgesetz erneut ändern, um bestimmten Kernkraftwerken die Erlaubnis zur Stromerzeugung zu erteilen. Solange alle sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt sind, sollte dies jedoch machbar sein, denn im Herbst 2022 löste Bundeskanzler Olaf Scholz den Streit über Atomkraft in Deutschland fast geräuschlos, indem er entschied, drei Meiler bis Mitte April 2023 in Betrieb zu lassen.

Personelle Herausforderungen

Eine der größten Herausforderungen wäre die Verfügbarkeit von Fachkräften. Etwa die Hälfte der ehemals über 2.000 Fachleute, die die Kernkraftwerke betrieben haben, ist derzeit mit der Abwicklung der stillgelegten Meiler beschäftigt. Viele von ihnen haben sich beruflich umorientiert, und es könnte schwierig sein, sie zurückzugewinnen. Eine langfristige, parteiübergreifende Initiative, die die Sicherheit und Stabilität des Kernkraftwerkbetriebs über mehrere Jahre gewährleisten kann, könnte jedoch dazu beitragen, Fachkräfte zu motivieren, zurückzukehren.


Fazit

Die Rückkehr zur Atomkraft in Deutschland ist technisch machbar, jedoch mit Zeit-, Kosten-, Brennstoffbeschaffungs-, rechtlichen und personellen Herausforderungen verbunden. Die Diskussion über dieses Thema wird zweifellos weitergehen, da Deutschland und die Welt nach neuen Lösungen suchen, um ihre Klimaziele zu erreichen.

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