Deutsche Industrie uneinig über Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten: Habecks Plan vs. DIHK-StromPartnerschaften

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen möchte der heimischen Industrie helfen, indem er einen Plan zur Senkung der Energiekosten vorschlägt. Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten aufgrund der stark gestiegenen Preise für Energie. Laut Habecks Plan sollen diese Unternehmen zukünftig für 80 Prozent ihres Energieverbrauchs nicht mehr als sechs Cent pro verbrauchter Kilowattstunde bezahlen müssen. Der Staat würde die Differenz zum normalen Marktpreis übernehmen. Allerdings würden nur energieintensive Unternehmen von dieser Regelung profitieren. Diese vergünstigten Energiepreise würden jedoch nur bis zum Jahr 2030 gelten. Habeck hofft, dass ab diesem Zeitpunkt die verstärkte Nutzung von umweltfreundlichem Strom zu günstiger Elektrizität führen wird. (Welt, 27.05.2023)


Habecks Plan hat bei einigen Ökonomen Bedenken hervorgerufen, da sie der Ansicht sind, dass es selten eine gute Idee ist, mit den freien Preisbildungsmechanismen auf Märkten zu experimentieren. Dennoch sind Teile der Industrie erleichtert über die Aussicht auf eine Begrenzung der Strompreise. Es besteht Einigkeit darüber, dass eine solche Maßnahme helfen könnte, aber es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, wie sie umgesetzt werden sollte. Der Präsident des DIHK, Peter Adrian, hat seine Bedenken geäußert und betont, dass der Vorschlag aus dem Bundeswirtschaftsministerium nur einer sehr kleinen Anzahl von Unternehmen helfen würde – vorausgesetzt, der Stromrabatt ist nicht mit vielen Auflagen und Einschränkungen verbunden. Er weist auch darauf hin, dass die im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohen Strompreise die gesamte Breite unserer Wirtschaft belasten und ein dauerhaftes Standortproblem darstellen.

Robert Habeck schlägt vor, Industriestrom auf sechs Cent/kWh zu begrenzen. DIHK schlägt als Alternative "StromPartnerschaften" vor.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat als Alternative zu Habecks Plan einen eigenen Vorschlag entwickelt, der als „StromPartnerschaften“ bezeichnet wird. Die DIHK vertritt rund drei Millionen Unternehmen, wobei fast 80 Prozent davon kleine und mittlere Unternehmen sind. Das Konzept sieht vor, dass der Staat zunächst „Steuern, Umlagen und Entgelte möglichst vollständig übernimmt“ oder sie „so weit wie möglich reduziert“ für diese Unternehmen. Falls es dennoch Härtefälle gibt, sollten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. DIHK-Präsident Adrian betont, dass wir uns von der langjährigen politischen Überzeugung verabschieden müssen, dass Energie grundsätzlich teuer sein muss und eingespart werden soll. Durch die Senkung der Stromsteuer und anderer Abgaben könnten Unternehmen und Haushalte um insgesamt zehn Milliarden Euro entlastet werden.

DIHK-Plan zur Förderung von langfristigen Stromlieferverträgen: StromPartnerschaft als Motor für Investitionen und Preisstabilität

Die Hauptidee der „StromPartnerschaften“ besteht darin, langfristige Stromlieferverträge zwischen Betreibern erneuerbarer Energieanlagen und gewerblichen Stromverbrauchern zu fördern. Diese Verträge, auch als „power purchase agreements“ (PPA) oder Direktstromlieferverträge bekannt, sollen es beispielsweise einem Windanlagenbetreiber von der Nordsee ermöglichen, eine langfristige Partnerschaft mit einem Industrieunternehmen im Süden einzugehen. Dadurch ergeben sich Vorteile für beide Seiten als auch für die Gesamtwirtschaft.


Gemäß dem Plan sollen staatliche Investitionszuschüsse für Wind- oder Solarparks gewährt werden, die den Strom zu einem festen Preis an einzelne industrielle Verbraucher liefern. Dadurch würde der Strompreis gesenkt. Diese Maßnahme würde den Produzenten von Ökostrom eine klare Perspektive und Investitionssicherheit bieten, während den industriellen Verbrauchern gleichzeitig Preisstabilität für einen Großteil ihres Stromverbrauchs gewährleistet wird. Ein solcher Investitionszuschuss hätte eine schnelle Wirkung und schafft einen unmittelbaren Anreiz für Investitionen. Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen wären klar und vorhersehbar.

Habecks Plan sieht ebenfalls die Förderung von PPA-Verträgen vor, jedoch durch Bürgschaften. Die DIHK ist der Meinung, dass mehr getan werden sollte, da ein Investitionszuschuss weniger Kosten verursachen würde als eine staatliche Deckelung der industriellen Strompreise im Allgemeinen. Die Kammer argumentiert, dass dadurch die Strompreise für Verbraucher sinken, betriebliche Gewinne steigen und somit auch die Steuereinnahmen zunehmen würden. Allerdings haben PPA-Direktlieferverträge, die von der Wirtschaft gefordert werden, aus Sicht von Experten auch Nachteile. Wenn immer mehr Ökostrom zu festen Preisen ausschließlich an Industriekunden verkauft wird, verringert sich die Liquidität auf dem Terminmarkt an der Börse. Dies wirkt sich auf sogenannte „Futures“ oder Forward-Kontrakte aus, mit denen Unternehmen und Stadtwerke bisher im Voraus Strom einkaufen. Es bleiben dann weniger grüne Kilowattstunden für solche Geschäfte übrig. Daher könnte auch der Vorschlag des DIHK zu Verteilungsdebatten führen.

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