Der dänische Energiekonzern Ørsted hat den Ausbau seines Windkraftprojekts Hornsea 4 in der Nordsee gestoppt. Die geplante Anlage mit 2,4 Gigawatt Kapazität hätte über eine Million Haushalte in Großbritannien versorgen können. Massive Kostensteigerungen und erhöhte Projektrisiken verhinderten jedoch die Umsetzung. Der Schritt trifft die britischen Pläne zur Dekarbonisierung des Stromsystems hart (ft: 07.05.25).
Teurer Rückzug trotz Fördervertrag
Hornsea 4 galt als Flaggschiff der britischen Offshore-Windstrategie. Ørsted hatte im Vorjahr einen Vertrag erhalten, der einen garantierten Strompreis von 58,87 Pfund pro Megawattstunde zusicherte. Trotzdem konnte das Projekt unter den aktuellen Bedingungen nicht wirtschaftlich betrieben werden. Das Unternehmen stoppte daher sämtliche Ausgaben und beendete laufende Verträge mit Zulieferern. Diese Entscheidung verursacht Einmalkosten von bis zu 4,5 Milliarden dänischen Kronen.

CEO Rasmus Errboe führte die Gründe klar aus. Die wirtschaftliche Großwetterlage, anhaltende Probleme in der Lieferkette sowie zunehmende Risiken bei Ausführung und Betrieb hätten die Rentabilität zerstört. Dennoch behält Ørsted die Projekt- und Netzanschlussrechte in der Hoffnung, Hornsea 4 zu einem späteren Zeitpunkt neu aufzulegen – vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen verbessern sich.
Druck auf Windbranche steigt
Der Fall Ørsted ist kein Einzelfall. Bereits im Juli 2023 zog sich Vattenfall aus dem Projekt Norfolk Boreas zurück. Auch dort machten die gestiegenen Kosten einen Strich durch die Rechnung. Das Projekt landete daraufhin beim deutschen Energieversorger RWE. Die gesamte Offshore-Windbranche kämpft seit Jahren mit steigenden Preisen für Materialien, langen Lieferzeiten und höheren Finanzierungskosten.
In Großbritannien bleibt der politische Wille zum Ausbau erneuerbarer Energien zwar bestehen. Das Energieministerium betonte, mit Ørsted gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Gleichzeitig verwies es auf weitere Projekte, die bis 2030 saubere Stromversorgung sichern sollen. Doch Analysten bezweifeln, ob die Zielvorgaben realistisch bleiben, wenn selbst Großkonzerne wie Ørsted zurückweichen.
Ørsted unter Druck
Die Entscheidung passt in ein schwieriges Gesamtbild. Seit dem Börsenhoch im Januar 2021 hat Ørsted rund 80 Prozent an Marktwert verloren. Der neue CEO Rasmus Errboe übernahm den Posten im Januar, nachdem Vorgänger Mads Nipper zurückgetreten war. Errboe sprach zuletzt offen von einer möglichen Abwärtsspirale in der Branche und forderte stärkere politische Unterstützung in Europa.
Besonders belastend wirken sich die Zinswende und die globalen Preissteigerungen auf Großprojekte aus. Auch politische Unsicherheiten – etwa durch den Genehmigungsstopp in den USA – erschweren langfristige Investitionen. Selbst hochsubventionierte Projekte wie Hornsea 4 geraten so ins Wanken.
Ungewisse Zukunft für Hornsea 4
Trotz der aktuellen Projektpause bleibt Ørsted strategisch auf Offshore-Wind fokussiert. Die Rechte an Hornsea 4 gelten als langfristiger Vermögenswert, der bei besseren Marktbedingungen wieder aktiviert werden könnte. Doch die Unsicherheit bleibt. Ohne massive Reformen bei Fördermechanismen und Genehmigungsverfahren droht der Branche eine Schwächung ihrer Dynamik.
Ob Hornsea 4 tatsächlich nur aufgeschoben ist oder dauerhaft begraben bleibt, hängt nun von der wirtschaftlichen Entwicklung und politischen Rahmenbedingungen ab. Klar ist: Die globale Windkraftindustrie befindet sich in einer schwierigen Phase – und Großbritannien muss um seine Energiewende kämpfen.
Lesen Sie auch:
- US-Windenergie unter Druck: Ørsted und Nordex mit kräftigen Kursverlusten
- Energiekonzerne warnen vor Milliardenrisiko durch neuen Windpark in der Nordsee
- Orsted – weltgrößter Betreiber von Offshore-Windparks in der Krise
- Offshore-Windenergie vor dem Aus? Orsted legt zwei Großprojekte in den USA auf Eis