Die geplante Reform der Stromnetzentgelte sorgt für zunehmenden Widerstand. Der Wirtschaftsrat der CDU sowie Stromnetzbetreiber sehen darin erhebliche Risiken, vor allem für die energieintensive Industrie. Sollte diese aufgrund steigender Kosten ins Ausland abwandern, drohen den Netzbetreibern massive Einnahmeverluste, die dann auf andere Verbraucher umgelegt werden müssten. Dies könnte deren Wirtschaftlichkeit gefährden (handelsblatt: 25.09.24).
Appell an Netzagentur und Politik
In einem Schreiben an Klaus Müller, den Präsidenten der Bundesnetzagentur, warnt der Wirtschaftsrat vor einem „Rutschbahneffekt“, der zu einer schleichenden Deindustrialisierung führen könnte. Sollte die Industrie abwandern, würden den Netzbetreibern wichtige Deckungsbeiträge fehlen, was die verbleibenden Stromverbraucher belasten würde. Das Schreiben, datiert auf den 25. September, stellt bereits die zweite Warnung des Wirtschaftsrats dar.
Parallel dazu hat der Wirtschaftsrat auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angeschrieben. Er fordert, die Interessen der energieintensiven Industrie nicht zu vernachlässigen. Die Netzagentur argumentiert, dass die Reform europarechtliche Zwänge berücksichtigt, was der Wirtschaftsrat nicht akzeptiert. Stattdessen müsse sich Habeck auf europäischer Ebene für den Erhalt der bisherigen Regelungen einsetzen, um der Industrie weiterhin Entlastungen zu bieten.
Auswirkungen auf die Industrie und das Netz
Kern der Debatte ist die Reform des Paragrafen 19 der Stromnetzentgeltverordnung, der Entlastungen für Unternehmen wie die Chemie- oder Aluminiumindustrie regelt. Etwa 400 Großverbraucher profitieren von dieser Regelung, die ihre Betriebskosten erheblich senkt. Laut der Bundesnetzagentur ist die Förderung eines konstanten Stromverbrauchs jedoch nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen soll flexibles Verbrauchsverhalten belohnt werden, um die Integration erneuerbarer Energien wie Windkraft zu fördern.
Die Netzbetreiber schließen sich der Kritik des Wirtschaftsrats an. Sie warnen, dass der Wegfall des Bandlastprivilegs erhebliche finanzielle Belastungen für große Industriekunden bedeuten würde. Schlimmstenfalls drohe die Schließung von Standorten, was den Wirtschaftsstandort Deutschland schwächen könnte. Zudem würde der Wegfall der Zahlungen dieser Industriekunden zu steigenden Netzkosten führen, die auf eine immer kleinere Kundengruppe umgelegt werden müssten.
Konflikte mit dem Energieeffizienz-Gesetz
Ein weiteres Problem sieht der Wirtschaftsrat im Zusammenhang mit dem Energieeffizienz-Gesetz von 2023. Dieses Gesetz verpflichtet Unternehmen zur Nutzung aller technisch umsetzbaren Energieeinsparmaßnahmen. Eine flexiblere Nutzung der Anlagen, die durch die Reform erzwungen werden könnte, würde jedoch die Effizienz des Anlagenbetriebs beeinträchtigen. Der Wirtschaftsrat warnt, dass dies Unternehmen in Konflikt mit den Zielen des Gesetzes bringen könnte.
Insgesamt zeigt sich, dass die geplante Reform weitreichende Konsequenzen für die deutsche Industrie und die Netzbetreiber haben könnte. Eine ausgewogene Lösung mit angemessenen Übergangsfristen erscheint daher dringend erforderlich.
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