BIP nachträglich nach unten korrigiert – Deutschlands Wirtschaft schrumpft stärker

Deutschlands BIP fiel in den letzten zwei Jahren deutlich stärker als zunächst geschätzt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) misst den Gesamtwert aller in einem Land erzeugten Waren und Dienstleistungen innerhalb eines Jahres – und gilt als zentrale Kennzahl für die wirtschaftliche Entwicklung. Neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen einen stärkeren Rückgang: 2023 sank das BIP um 0,9 Prozent, statt der zuvor angenommenen 0,3 Prozent. Auch 2024 zeigt sich ein kräftigerer Rückgang – statt 0,2 nun minus 0,5 Prozent. Die revidierten Daten werfen ein neues Licht auf die wirtschaftliche Verfassung der Bundesrepublik (tagesschau: 30.07.25).


BIP-Korrektur verändert Konjunkturbewertung

Im Zuge der Neubewertung integrierte das Statistische Bundesamt neue statistische Erkenntnisse in seine Berechnungen. Daraus ergaben sich Quartalsabweichungen zwischen minus 0,7 und plus 0,6 Prozentpunkten. Besonders auffällig: Das BIP wuchs 2021 statt um 3,7 um 3,9 Prozent, 2022 stieg es um 1,8 statt 1,4 Prozent. Ökonomen wie Jörg Krämer von der Commerzbank sprechen von einer verbesserten Ausgangsbasis für Prognosen. Jens-Oliver Niklasch von der LBBW verwies auf überraschend starke Korrekturen einzelner Quartale.

Überarbeitete Zahlen zeigen: Die Wirtschaft schrumpfte stärker als gedacht. Prognosen bleiben vorsichtig, trotz leicht verbesserter Stimmung
Überarbeitete Zahlen zeigen: Die Wirtschaft schrumpfte stärker als gedacht. Prognosen bleiben vorsichtig, trotz leicht verbesserter Stimmung

Für das vierte Quartal 2024 steht nun kein Rückgang mehr, sondern ein leichtes Wachstum um 0,2 Prozent. Im ersten Quartal 2025 fällt die Prognose dagegen etwas schwächer aus. Auch wenn die revidierten Daten etwas Auftrieb geben, bleibt das Gesamtbild angespannt.

Drittes Rezessionsjahr bleibt realistisch

Nach einem schwachen Wachstum von 0,3 Prozent zu Jahresbeginn fiel das BIP im zweiten Quartal um 0,1 Prozent. Das Risiko eines dritten Rezessionsjahres bleibt damit bestehen. Besonders das neue Zollabkommen mit den USA sorgt für Unsicherheit. Lisandra Flach vom Ifo Zentrum für Außenwirtschaft warnte, dass US-Zölle von 15 Prozent der Exportwirtschaft erheblich schaden könnten. Entlastungen durch das Abkommen seien zwar möglich, reichten jedoch kaum zur Stabilisierung.

Der Außenhandel verliert weiter an Schwung, während gleichzeitig die Inlandsnachfrage auf niedrigem Niveau verharrt. Der strukturelle Reformstau wirkt sich zunehmend negativ auf Investitionen und Produktionskapazitäten aus.

Hoffnung durch Investitionen und bessere Stimmung

Trotz dieser trüben Aussichten bleibt der Blick nach vorn nicht ohne Zuversicht. Geraldine Dany-Knedlik vom DIW betonte positive Entwicklungen im verarbeitenden Gewerbe. Auch die verbesserte Planbarkeit nach der Einigung im Zollstreit stabilisiere das Umfeld für Unternehmen. Geplante staatliche Investitionen könnten „entscheidend“ zur Belebung beitragen.

Dirk Schumacher von der KfW sieht eine stetige Aufhellung der Unternehmensstimmung. Für das zweite Halbjahr hält er ein moderates Wachstum für realistisch. Auch Thomas Theobald vom IMK verweist auf positive Effekte aus den jüngsten Verhandlungen mit den USA. Die BIP-Zahlen dürften demnach zumindest nicht weiter unter Druck geraten.


Fazit: BIP-Rückblick revidiert – Ausblick bleibt vorsichtig

Die Überarbeitung der BIP-Daten korrigiert die wirtschaftliche Bilanz deutlich nach unten. Zwar verbessert sich die Basis für kommende Prognosen leicht, doch der strukturelle Gegenwind bleibt stark. Ohne kräftige Impulse aus Politik und Wirtschaft droht Deutschland auf niedrigem Niveau zu verharren.

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