VW, BMW und Mercedes erleben einen Zusammenbruch im Geschäft mit ihren Plug-in-Hybriden. Aufgrund von hohen Kosten und begrenzter Reichweite haben sich die Automobilhersteller bei ihren teilelektrischen Modellen verschätzt. Der Verkauf stockt, insbesondere in China (Handelsblatt. 17.04.23).
Stagnierender Absatz von Plug-in-Hybriden in China und Förderstopp in Deutschland führen zu Marktanteilsverlusten
Die deutschen Autohersteller Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW hatten gehofft, mit einem umfassenden Angebot an Plug-in-Hybriden eine Brücke vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb zu schlagen. Doch seit Anfang des Jahres hat die Bundesregierung die Förderung für teilelektrische Autos gestrichen, was zu einem Stocken des Geschäfts in Deutschland geführt hat.
In China hingegen boomt der Markt für Plug-in-Fahrzeuge, jedoch ohne Beteiligung der deutschen Automobilhersteller. Laut Zahlen des auf die Autoindustrie spezialisierten Datendienstleisters MarkLines, hat sich der Absatz von Plug-in-Hybriden in Fernost seit 2020 nahezu versechsfacht und erreichte 1,3 Millionen Fahrzeuge. Allerdings stagnierte der Verkauf von Volkswagen bei 36.000 Einheiten, während die VW-Tochter Audi ihre Verkäufe halbierte und BMW einen Rückgang von 39 Prozent verzeichnete.
Lediglich Mercedes-Benz und Porsche konnten geringe Zuwächse verbuchen. Als Ergebnis sind die Marktanteile der deutschen Autohersteller im Bereich der Plug-in-Fahrzeuge von 34 auf sieben Prozent abgestürzt, während chinesische Hersteller wie BYD, Li Auto oder Aito drei Viertel der Zulassungen für sich beanspruchen.
Audi gibt Segment der Plug-in-Hybride in China auf: Deutsche Hersteller verlieren Marktanteile an lokale Konkurrenz
Audi zieht nun Konsequenzen und gibt das Segment der teilelektrischen Fahrzeuge in China auf. „Wir überlassen den Markt für Plug-in-Hybride den inländischen Herstellern“, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Experten zeigen sich von dieser Entscheidung nicht überrascht. „Die chinesischen Hersteller bieten mehr Substanz für weniger Geld“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR). Im Gegensatz dazu hätten sich die deutschen Hersteller zu sehr als Perfektionisten im Bereich der Verbrennungsmotoren positioniert und fehlten daher in Glaubwürdigkeit bei elektrifizierten Fahrzeugen.
Es liegt nicht an mangelnden Modellen. Im Gegensatz zu rein elektrischen Antrieben haben deutsche Automobilhersteller Plug-in-Modelle von der Kompaktklasse bis zur Luxuslimousine im Angebot. Allein Mercedes-Benz hatte zwischenzeitlich fast 20 verschiedene Plug-in-Modelle im Programm.
Die Hoffnungen in die Plug-in-Hybride waren groß: Die Fahrzeuge sollten „das Beste aus zwei Welten“ vereinen, betonten die Autohersteller. Das Versprechen war, dass Kunden im Alltag dank des elektrischen Antriebs emissionsfrei zur Arbeit fahren könnten und am Wochenende mit Hilfe des Verbrennungsmotors in die Berge oder an die See reisen könnten. Für diejenigen, die keine Möglichkeit zum Laden von Strom hätten, sollte weiterhin die Möglichkeit bestehen, Benzin oder Diesel zu tanken wie bisher.
Plug-in-Hybrid: Konzept mit wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen
Das Konzept sollte auch Skeptikern den Übergang zur Elektromobilität erleichtern. Für die Automobilkonzerne war es von entscheidender Bedeutung: Mit dem Plug-in-Hybrid konnten weiterhin Verbrennungsmotoren produziert und die bestehenden Montagelinien optimal ausgelastet werden, auch noch in den kommenden Jahren.
In der Theorie soll auch die Umwelt von der Nutzung des Elektromotors für Kurzstreckenfahrten bei Plug-in-Hybriden profitieren. Allerdings zeigen Untersuchungen des International Council on Clean Transportation (ICCT), dass viele dieser Fahrzeuge in der Realität kaum geladen werden und dadurch mehr umweltschädliches Kohlendioxid ausstoßen als notwendig. Dies hat dazu geführt, dass die Technik in Europa in Verruf geraten ist.
Zudem weist das Konzept auch wirtschaftliche Schwächen auf: Plug-in-Hybride sind aufgrund der doppelten Antriebskosten in der Regel bis zu zwanzig Prozent teurer als reine Diesel- und Benzinfahrzeuge. Oftmals rechnen sie sich nur mithilfe von Förderungen, die jedoch vom Staat nicht mehr gewährt werden.
Deutscher Markt bei den Plug-in-Hybriden kollabiert, während China weiter subventioniert
In Deutschland wurden die Zuschüsse für Plug-in-Hybride von bis zu 6750 Euro zum Jahreswechsel komplett gestrichen, was nun zu einem Kollaps des Marktes führt. Im ersten Quartal des aktuellen Jahres wurden in der Bundesrepublik lediglich 37.500 Teilzeitstromer verkauft, was einem Rückgang von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Im Gegensatz dazu werden in China, dem weltgrößten Automarkt, Plug-in-Hybride weiterhin subventioniert und das Geschäft blüht. Die Wachstumsraten liegen teilweise sogar höher als die von rein elektrischen Fahrzeugen. Marktführer in diesem Segment ist der chinesische Hersteller BYD, während die deutschen Hersteller kaum noch eine Rolle spielen. Der Marktanteil von VW beträgt lediglich magere 2,8 Prozent, während es vor zwei Jahren noch fast 17 Prozent waren.
Auch BMW hat innerhalb weniger Monate mehr als zehn Prozentpunkte an Marktanteil verloren, während Konkurrent Audi aktuell mit einem Marktanteil von 0,2 Prozent nahezu unsichtbar ist. Immerhin kann Mercedes noch 2,2 Prozent des Gesamtmarktes für sich beanspruchen.
Überhöhte Preise und geringe Batteriegrößen: Gründe für deutsches Abschneiden bei Plug-in-Hybriden in China
Ein Grund für das schlechte Abschneiden der deutschen Automobilhersteller in China könnten überhöhte Preise sein. Ein Beispiel dafür ist der L9, ein Premium-SUV des chinesischen Herstellers Li Auto mit einer elektrischen Reichweite von bis zu 215 Kilometern, der umgerechnet rund 61.000 Euro kostet. Im Vergleich dazu starten die Konkurrenzmodelle GLE und X5 von Mercedes und BMW erst bei Preisen von über 107.000 Euro und bieten zudem eine deutlich geringere Elektro-Reichweite.
Ein weiteres Beispiel ist die Mittelklasse-Limousine Qin Plus von BYD, die zu den meistverkauften Plug-in-Hybriden in China zählt. Diese Baureihe wird bereits für weniger als 15.000 Euro gehandelt und bietet eine rein elektrische Reichweite von bis zu 120 Kilometern. Im Vergleich dazu ist der VW Magotan GTE (Passat) fast doppelt so teuer und hat nur etwa die halbe elektrische Reichweite.
Insgesamt zeigt sich, dass deutsche Automobilhersteller versäumt haben, ihre Plug-in-Hybride mit größeren Batterien auszustatten. Die meisten Hersteller haben sich für Batteriegrößen entschieden, die gerade die gesetzlichen Mindestwerte für die Kaufprämien in Europa erfüllen. In Deutschland lag diese Schwelle zunächst bei 40 Kilometern und wurde später auf 60 Kilometer erhöht.
China zieht Subventionsgrenzen bei Plug-im-Hybriden
Der sparsame Umgang mit Reichweite wird nun VW, BMW und Co. insbesondere in China zum Verhängnis. Die chinesische Regierung hat die nationalen Kaufprämien für Plug-in-Hybride im Laufe der Jahre an immer höhere elektrische Reichweiten gekoppelt, was sich negativ auf den Absatz deutscher Hersteller auswirkt.
Derzeit müssen Fahrzeuge mit zwei Antrieben in China in der Lage sein, mehr als 100 Kilometer rein elektrisch zu fahren, um Subventionen zu erhalten. Die meisten deutschen Automobilhersteller erfüllen diese Anforderungen nicht, weshalb Audi nun die Notbremse zieht.
Die VW-Tochter hat beschlossen, sich aus dem Markt für teilelektrische Baureihen in Fernost zurückzuziehen. Ein Unternehmenssprecher bestätigte: „Wir werden in China keine weiteren Plug-in-Hybrid-Modelle mehr anbieten.“ Stattdessen will sich Audi in China vollständig auf batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge konzentrieren.
VW, BMW und Co. setzen auf Hybride in China, aber Fokus bleibt auf batterieelektrischen Fahrzeugen
Im Gegensatz dazu betrachtet die Marke VW Hybride (HEV) und Plug-in-Hybride (PHEV) weiterhin als Brückentechnologien, die auch in China in einer Übergangsphase dazu beitragen könnten, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und Verbraucher für elektrische Antriebe zu begeistern. „Volkswagen bietet den chinesischen Kunden derzeit ein umfassendes Portfolio von Modellen mit PHEV-Systemen vor allem in höheren Segmenten an“, erklärte der Konzern auf Anfrage. „Die Erweiterung des Angebots von Hybrid-Modellen in weitere Segmente ist geplant.“
Die Volkswagen betonen insgesamt jedoch, dass ihre Strategie konsequent auf rein batterieelektrische Fahrzeuge ausgerichtet ist. Auch BMW argumentiert in die gleiche Richtung. Die Münchner haben beim Ausbau der Elektromobilität einen „klaren Fokus auf vollelektrische Modelle“ wie den iX3 und i3, erklärte eine Sprecherin. Mercedes hingegen hofft noch, beispielsweise mit der neuen E-Klasse, die Ende April ihre Weltpremiere feiert und auch als teilelektrische Variante angeboten wird, in Fernost punkten zu können.
Die deutschen Hersteller VW, BMW, Mercedes, Audi und Porsche konnten im Januar und Februar in Fernost lediglich 22.300 reine Elektroautos registrieren. Das entspricht einem kombinierten Marktanteil von nur 4,8 Prozent in diesem Segment. Trotz der Hoffnung auf rein batterieelektrische Fahrzeuge läuft es für die deutschen Hersteller in China bislang nicht gut.
Deutsche Automobilhersteller kämpfen auch mit schwachem Absatz von Elektrofahrzeugen in China
„Die deutschen Automobilhersteller haben bisher nicht geschafft, ihre Markenstärke in die neue Ära der Elektromobilität zu übertragen“, analysiert Fabian Brandt, Leiter des Bereichs Automobil- und Fertigungsindustrie bei der Strategieberatung Oliver Wyman. „Sie müssen erst noch beweisen, dass sie auch mit Elektrofahrzeugen Premiumpreise erzielen können.“
Die schwache Absatzentwicklung bei neuen Antriebsformen bereitet den Vorstandsetagen der deutschen Automobilkonzerne große Sorgen. Insbesondere bei Audi ist die Lage besorgniserregend, wie Personen aus dem Unternehmensumfeld berichten. Denn nicht nur die Elektroautos des Konzerns verkaufen sich in China schlecht, auch das traditionelle Geschäft mit Verbrennungsmotoren geht zurück. Audi wollte sich dazu zunächst nicht äußern. Angesichts eines Absatzanteils von über 30 Prozent in China ist der chinesische Markt jedoch von entscheidender Bedeutung für die deutschen Autohersteller.