Die Stromnachfrage explodiert – vor allem Großverbraucher treiben den Bedarf. In Bremen greift Netzbetreiber Wesernetz jetzt zu drastischen Maßnahmen. Neue Anlagen mit hohem Strombedarf erhalten nur noch dann Strom, wenn das Netz ausreichende Kapazitäten bietet. Vor allem Batteriespeicher-Projekte, Rechenzentren und Ladeparks für Lkw geraten unter Druck. Ein Repartierungsverfahren regelt künftig, wer als Großverbraucher noch versorgt werden kann (weser-kurier:06.08.25).
Keine Einschränkung für Haushalte – aber Großverbraucher unter Beobachtung
Privatkunden und kleine Betriebe sind von der neuen Regelung nicht betroffen. Auch der Einbau von Wallboxen oder Wärmepumpen bleibt möglich. „97 Prozent unserer Kunden betrifft die neue Regelung nicht“, erklärte SWB-Sprecher Jean-Paul Berndt.

Entscheidend sei die Leistungsgrenze von drei Megawatt – ab hier gilt eine Einstufung als Großverbraucher. Bestehende Abnehmer mit hohem Verbrauch, etwa aus der Stahl- oder Fahrzeugindustrie, behalten ihren Zugang. Eng wird es allerdings für neue Projekte oder Erweiterungen bestehender Großverbraucher-Infrastrukturen.
Batteriespeicher belasten Netzkapazitäten für Großverbraucher
Die Energiewende fordert neue Strukturen. Immer mehr Unternehmen rüsten auf Elektroöfen um, während die Zahl der E-Fahrzeuge wächst. Parallel entstehen zahlreiche Batteriespeicher, die bei Stromüberschuss Energie speichern und bei Engpässen abgeben. Start-ups überfluten die Netzbetreiber mit Anschlussanfragen. Auch wenn nicht jedes Projekt umgesetzt wird, binden die Anträge Planungskapazitäten und erschweren die Integration neuer Großverbraucher.
Milliarden für Netzausbau – aber Engpässe bleiben
SWB und Wesernetz investieren über eine Milliarde Euro in den kommenden zehn Jahren in neue Leitungen, Umspannwerke und Anbindungen an das Übertragungsnetz. Der Rückbau des Kohlekraftwerks in Hastedt reduziert die Erzeugung vor Ort. Das neue Umspannwerk Werderland soll bis zu 1000 Megawatt bereitstellen, weitere Anlagen wie Niedervieland und 30 kleinere Stationen folgen. Trotzdem reichen die Kapazitäten bis 2033 nicht aus, um jede Anfrage von Großverbrauchern zu bedienen.
Zuteilung statt Wettbewerb um Netzanschlüsse
Einmal jährlich schreiben SWB und Wesernetz freie Netzkapazitäten aus. Unternehmen können sich um Stromanschlüsse für neue Großverbraucher-Anlagen bewerben. Reicht die verfügbare Leistung nicht, greift eine gleichmäßige Verteilung per Repartierungsverfahren. Neu ist außerdem der Flexi-Tarif: Bei Engpässen kann die Leistung temporär reduziert werden. Ziel ist es, die Netzstabilität zu sichern und zugleich mehr Transparenz zu schaffen.
Industrie begrüßt faire Verteilung
„Wenn die Netzkapazität nicht da ist, muss es ein faires Verteilungsverfahren geben“, so Frank Thoss von der Handelskammer. Die frühere Regel „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ bevorzugte schnelle Investoren. Nun zählt der Bedarf pro Projekt. „Bei der Repartierung wird pro Kopf verteilt – und das halte ich für vernünftig.“ Der Mittelstand profitiert besonders von dieser Änderung. Entscheidend bleibt, wie oft Großverbraucher tatsächlich von Einschränkungen betroffen sein werden.
Auch andere Regionen rationieren Strom für Großverbraucher
Das Problem betrifft längst nicht nur Bremen. Auch in Berlin greift inzwischen ein Zuteilungsverfahren. Netzbetreiber wie Tennet und 50Hertz verzeichnen eine Flut von Anträgen auf Batteriespeicher. „Die stark steigende Zahl von Netzanschlussanfragen für Großbatteriespeicher steht in Konkurrenz zu anderen Verbrauchern und stellt uns als Netzbetreiber vor Herausforderungen“, so Tennet-Chef Tim Meyerjürgens im Handelsblatt. Künftig soll geprüft werden, welche Großverbraucher-Projekte systemrelevant sind und wie konkret deren Planung bereits vorangeschritten ist.
Lesen Sie auch: