Nach dem Scheitern der Übernahme durch den chinesischen Konzern Chongqing Millison Technologies steht der Autozulieferer Voit Automotive vor der Insolvenz. Das Amtsgericht Saarbrücken hat ein Eigenverwaltungsverfahren genehmigt und Martin Kaltwasser von der Kanzlei Lieser als vorläufigen Sachwalter eingesetzt (wiwo: 26.01.25). Das Unternehmen aus St. Ingbert im Saarland, ein Spezialist für Aluminium-Druckguss-Komponenten, zählt zu den wichtigsten Lieferanten des Getriebeherstellers ZF Friedrichshafen.
Bedeutung für die Automobilindustrie
Voit Automotive produziert jährlich rund 100 Millionen Teile, die bei führenden Herstellern wie BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen zum Einsatz kommen. Mit etwa 1600 Beschäftigten weltweit, davon 940 am Hauptsitz, zählt Voit zu den größeren Arbeitgebern im Saarland.

Der Insolvenzantrag stellt nicht nur für die Region, sondern auch für die angeschlossenen Industrien eine große Herausforderung dar. Besonders ZF, der Hauptkunde, dürfte von den Entwicklungen betroffen sein.
Rückschläge und Herausforderungen
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Voit begannen nicht erst in diesem Jahr. Lieferengpässe, ausgelöst durch den Ukrainekrieg, sowie steigende Energiepreise und hohe Tarifabschlüsse führten zu erheblichen Verlusten. Bereits 2022 meldete das Unternehmen einen Jahresfehlbetrag. Der Restrukturierungsberater Matthias Bayer soll die Sanierung leiten und Lösungen für die angespannte Lage entwickeln.
Noch im Frühjahr 2024 schien eine Übernahme durch Chongqing Millison die Probleme zu lösen. Der chinesische Investor wollte die Eigenkapitalbasis stärken und das Unternehmen strategisch neu ausrichten. Doch die Transaktion kam nicht zustande. Laut dem saarländischen Wirtschaftsministerium verhinderten veränderte Marktbedingungen die Zustimmung der chinesischen Börsenaufsicht.
Sanierungspläne und mögliche Zukunftsperspektiven
Die Restrukturierungsmaßnahmen zielen darauf ab, möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. Der Betrieb läuft zunächst unverändert weiter. Bayer betonte die Notwendigkeit, schnell einen neuen Investor zu finden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens wiederherzustellen. Gleichzeitig dürften Sparmaßnahmen unvermeidlich sein, um die Kostenstruktur zu optimieren.
ZF könnte dabei eine Schlüsselrolle übernehmen. Als größter Abnehmer der Voit-Komponenten hängt auch der Fortbestand von ZFs Lieferketten von einer erfolgreichen Sanierung ab. Eine mögliche Unterstützung durch ZF oder andere Partner wird in der Branche bereits diskutiert.
Historische Entwicklung und aktuelle Krise
Gegründet im Jahr 1947, begann Voit als Hersteller von Kleinteilen wie Schuheisen und Spardosen. 1959 etablierte sich das Unternehmen als Automobilzulieferer und entwickelte sich über die Jahrzehnte zu einem wichtigen Akteur der Branche. Doch die aktuelle Krise in der Automobilindustrie trifft insbesondere Zulieferer hart. Die Nachfrage nach E-Autos bleibt hinter den Erwartungen zurück, während die Konkurrenz aus China zunimmt. Große Konzerne wie Volkswagen und Mercedes haben bereits Kapazitätskürzungen angekündigt. Zulieferer wie Bosch, Schaeffler und Continental stehen ebenfalls unter Druck und streichen tausende Stellen.
Die Insolvenz von Voit ist ein weiteres Beispiel für die Schwierigkeiten, denen sich die deutsche Autoindustrie gegenübersieht. Ob und wie Voit die Krise übersteht, hängt entscheidend von der Bereitschaft der Branche und möglicher Investoren ab, das Unternehmen zu stützen.
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