Markus Söder hat die Hoffnung auf eine Rückkehr zur Atomkraft begraben. Noch vor wenigen Wochen plädierte Bayerns Ministerpräsident für eine Reaktivierung der drei zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke. Inzwischen lässt sich dieser Plan weder politisch noch wirtschaftlich durchsetzen. Der CSU-Vorsitzende räumt ein: „In vier Jahren wäre der Neustart schon sehr, sehr schwer und auch wirtschaftlich kaum mehr tragbar.“ SPD und Grüne reagieren mit Genugtuung (br: 10.04.25).
Koalitionsvertrag ohne Kernkraft
Im neuen Koalitionsvertrag findet sich kein Hinweis auf Atomenergie. Stattdessen bekennen sich die drei Parteien zur Fusionsforschung. „Unser Ziel ist: Der erste Fusionsreaktor der Welt soll in Deutschland stehen“, heißt es im Papier. Frühere CSU-Pläne sahen noch internationale Kooperationen mit Frankreich und Tschechien beim Bau neuer Reaktoren vor. Auch die Erforschung kleiner Reaktoren stand auf der Agenda. Doch diese Punkte blieben im Verhandlungsergebnis unberücksichtigt.

Söder spricht von intensiven Diskussionen mit CDU und SPD. Zwar sei der Wunsch der CSU eindeutig gewesen, doch am Ende fehlte der Rückhalt. Die Atomkraft genieße keine politische Mehrheit mehr. Zudem koste jeder weitere Aufschub Geld, ohne dass eine realistische Perspektive bestehe.
Gaskraft statt Atomenergie
Als Konsequenz fordern Union und SPD nun den zügigen Ausbau moderner Gaskraftwerke. Nur so lasse sich die Lücke schließen, die der Atomausstieg hinterlässt. „Unsere Hauptargumentation war ja: Das Aus der Kernenergie muss durch Gaskraft ersetzt werden“, betont Söder. Doch angesichts der fehlenden Gaslieferungen aus Russland sei dieses Konzept nicht risikofrei. Zudem steige der Energiebedarf kontinuierlich an.
Die sogenannte „Energiebrücke“ soll nun über neue Gaskraftwerke entstehen. Der Ausstieg aus der Kernenergie ist endgültig. Selbst eine spätere Reaktivierung der Meiler gilt als technisch kaum umsetzbar. Betreiberfirmen wie PreussenElektra oder EnBW hatten frühzeitig auf den fortschreitenden Rückbau verwiesen.
Kritik von Grünen und SPD
Der Grünen-Energieexperte Martin Stümpfig erhebt schwere Vorwürfe gegen den CSU-Chef. „Kaum hat Markus Söder auch im Bund was zu sagen, sind die Atompläne vom Tisch.“ Seiner Ansicht nach habe Söder die Bevölkerung jahrelang mit unrealistischen Aussagen getäuscht. Trotz mehrfacher Nachfragen nannte die Staatsregierung keine Studien oder Experten, die eine Wiederinbetriebnahme gestützt hätten.
Stümpfig verweist auf das ungelöste Problem der Lagerung radioaktiver Abfälle. Weder zu Zwischenlagern noch zu Endlagern enthalte der Koalitionsvertrag konkrete Aussagen. Das Kapitel Atomkraft könne zwar als abgeschlossen gelten, doch der Vertrauensverlust sei erheblich.
Rückenwind für erneuerbare Energien
Der SPD-Politiker Florian von Brunn lobt die Abkehr von der Kernenergie als Wendepunkt. „Söders U-Turn bei der Atomkraft“ sei ein „Sieg der Vernunft“. Die künftige Energiepolitik müsse nun auf Windkraft, Solarenergie und Speichertechnologien setzen. Nur so lasse sich eine bezahlbare und klimafreundliche Stromversorgung sicherstellen.
Konkret betroffen gewesen wären die stillgelegten Anlagen Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2. Fachleute und Betreiber bewerteten eine Rückkehr ins Netz jedoch durchweg als unrealistisch. Bereits laufende Rückbaumaßnahmen machten eine Inbetriebnahme praktisch unmöglich.
Söders Atomkurs ist damit endgültig gescheitert. Der Fokus liegt nun auf einer neuen Energiearchitektur – mit Gas, aber ohne Atom.
Lesen Sie auch:
- Söders neue Kurs bei der Energiepolitik: Atomkraft-Partnerschaft mit dem Ausland
- Umfrage: Mehrheit der Deutschen für Rückkehr zur Atomkraft
- Comeback der Kernenergie – Industrie drängt auf Reaktivierung deutscher Atomkraftwerke
- Umweltökonom kritisiert deutsche Energiepolitik und fordert Rückkehr zur Atomkraft



