Angebot aus Kasachstan: EU-Versorgung mit allen kritischen Rohstoffen

Vertreter aus Kasachstan erklärten in Brüssel auf einer Zusammenkunft mit der EU-Kommission am 17. November 2022, dass ihr Land aufgrund seines Rohstoffreichtums in die Europäische Union alle 30 kritischen Rohstoffe liefern kann. Diese hatte die EU im Jahr 2020 gelistet (euractive, 18.11.2022).


Memorandum zwischen der EU und Kasachstan

Marat Karabayew, stellvertretender Industrie- und Infrastrukturminister von Kasachstan, sagte auf dem Treffen, es gehe nun um die schnellstmögliche Umsetzung des Memorandums, das sein Premierminister Alikhan Smailow und die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 7. November unterzeichnet hatte. Das Treffen zwischen Smailow und von der Leyen fand während der UN-Klimakonferenz (COP27-Konferenz) im ägyptischen Sharm El-Sheikh statt. Die beiden Spitzenpolitiker hatten sich gemeinsam für eine neue Partnerschaft zwischen der EU und Kasachstan positioniert. Diese soll der EU eine nachhaltige Rohstoffversorgung sichern, während Kasachstan von den zahlungskräftigen europäischen Abnehmern profitiert.

Kasachstan verfügt über große  Rohstoffvorkommen und will die Europäische Union mit 30 kritischen Rohstoffen beliefern
Kasachstan verfügt über große Rohstoffvorkommen und will die Europäische Union mit 30 kritischen Rohstoffen beliefern
Bild: Nigel Chang, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Außerdem möchten die Partner gemeinsam Wertschöpfungsketten für Akkus und grünen Wasserstoff entwickeln. Damit sollen der ökologische und ebenso der digitale Wandel in den beteiligten Volkswirtschaften gefördert werden. Kasachstan rangiert nach den Aussagen von Karabayew unter den Top 4 der Welt bei der Exploration, dem Abbau und dem Export der genannten kritischen Rohstoffe, bei der Aluminiumförderung unter den Top 10. Zu den kritischen Rohstoffen gehören Borate, Chrom, Magnesit, Kokskohle, Phosphatgestein, Silicium, Antimon,Flussspat, Beryllium, Gallium, Germanium, Indium, Kobalt, Graphit, Niob, alle Metalle der Platingruppe, Magnesium, schwere und leichte seltene Erden sowie Wolfram.


Umsetzung des Memorandums in Arbeit

Um das vereinbarte Memorandum umzusetzen, bereiten die EU und Kasachstan derzeit ein Treffen am 7. Dezember mit Fachministern, Spitzenbeamten und Wirtschaftsvertretern beider Wirtschaftsräume vor. Karabayew betonte, dass es bei diesem Treffen nicht nur um Lieferverträge gehen werde. Vielmehr stünden viele weitere Themen zur Diskussion, so die Einführung der ESG-Kriterien in Kasachstan, die Soziales, die Umwelt und eine verantwortungsvolle Unternehmensführung betreffen (Enviroment – Social – Governance), sowie die gemeinsame Investition in Wertschöpfungsketten vor Ort. Kasachstan solle entwickelt werden und nicht auf dem Status eines bloßen Rohstofflieferanten verharren, so der kasachische Minister. Es stünden allerdings erhebliche Anstrengungen vor allem im Bergbausektor an. Auch denke man an die Kofinanzierung einer gemeinsamen Forschung zur geologischen Digitalisierung durch beide Partner.

Rohstoffpotenzial in Kasachstan

Kasachische Unternehmen fördern aktuell 16 der kritischen Rohstoffe auf der EU-Liste. Über die anderen 14 ist bekannt, dass sie unter der kasachischen Erde liegen, nur werden sie noch nicht abgebaut. Bei fünf von ihnen kennt das Land auch nicht die genauen förderbaren Mengen. Für diesen Rohstoffreichtum interessieren sich bereits große Rohstoffkonzerne wie Arcelor Mittal, Rio Tinto, Glencore und Fortescue. Das Memorandum mit der EU dürfte den Rohstoffstandort weiter stärken und neben der Kooperation auch die Entwicklung neuer Technologien fördern. Der für Rohstoffe verantwortliche EU-Referatsleiter Peter Handley, Mitglied der GROW (EU-Wirtschafts-Generaldirektion) erklärte zu einem wesentlichen Ziel des Memorandums, alle verfügbaren Technologien einzusetzen, welche die Treibhausgasemissionen reduzieren würden.

Es gehe darum, bei der Rohstoffnutzung den ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Gleichzeitig unterstrich Handley die Bedeutung des Memorandums für die Rohstoffversorgung der EU. Ihm werde nun bis März 2023 ein Legislativvorschlag der EU-Kommission folgen. Darin sollen Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Versorgungssicherheit und Transparenz die wesentlichen Merkmale sein.


Zukunftsgerichtete Kooperation

Die Vertreter der EU und Kasachstans glauben offenbar an eine sehr langfristige Kooperation. Einzelne Teilnehmer des Meetings betonten, dass sich auch die Vertragsgrundlagen mit dem Fortschritt der Zusammenarbeit sowie situationsbedingt anpassen ließen. Man werde gemeinsam neue Fähigkeiten entwickeln und damit auch den Austausch und die Geschäftsbeziehungen vertiefen. Dies betonte unter anderem der Generaldirektor des kasachischen Nationalen Zentrums für Zukunftsforschung Al-Farabi Jdryschew. Er zeigte sich auch sehr zuversichtlich, dass sein Land in naher Zukunft alle 30 der gelisteten kritischen Rohstoffe in die EU liefern könne. Nach seiner Auffassung dürfte Kasachstan demnächst zu den größten Nickel- und Kobaltförderern der Welt gehören. Diese Rohstoffe sind unter anderem für erneuerbare Energien wichtig.

Das Land setzt auf technologischem Know-how auf, das schon zu Sowjetzeiten entwickelt worden war. So verfügt Kasachstan unter anderem über eine globale Führungsposition bei der Tantalproduktion, die einst sowjetische Ingenieure angestoßen hatten. Dieses sehr seltene Übergangsmetall, das die Luftfahrtindustrie dringend benötigt, könne die kasachische Industrie ebenso wie Beryllium und Titan weiter aufbereiten. Damit entstünde im Land eine entwickelte Wertschöpfungskette, die es in Ansätzen schon gebe, so Jdryschew. Der größte Abnehmer von kasachischem Tantal ist derzeit die Airbus Group. Für Europa ist das Land, das sich derzeit leicht distanziert gegenüber Russland positioniert, ein zuverlässiger, weil beherrschbarer Partner.

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