Die Stadtwerke Kleve haben rund 900 Haushalte kontaktiert, deren Stromabschläge auffallend niedrig ausfielen. Die Ursache liegt in den gemeldeten Verbrauchsdaten, die auf einen ungewöhnlich geringen Energiebedarf hinweisen. Geschäftsführerin Claudia Dercks nennt das Vorgehen einen Service, mit dem finanzielle Überraschungen vermieden werden sollen. Ziel sei es, die Abschläge durch eine Zwischenablesung zu überprüfen, um spätere Nachforderungen zu verhindern. Betroffen sind Kunden, deren Verbrauch deutlich unter dem erwarteten Wert liegt (kleveblog: 11.04.25).
Auch Bestandsimmobilien betroffen
Nicht nur Neubauten stehen im Fokus. Zwar gehören Eigentümer neu errichteter Einfamilienhäuser zur typischen Risikogruppe – etwa wenn im ersten Bezugsjahr kaum Strom verbraucht wurde – doch aktuelle Beispiele widersprechen diesem Bild. Zwei der bislang bekannten Fälle betreffen langjährige Bewohner: eine Eigentümerin in der Oberstadt und ein Mieter in der Innenstadt, beide ohne Veränderung in der Haushaltsgröße. Die niedrigen Abschläge überraschen deshalb umso mehr.

In diesen Fällen scheinen andere Ursachen verantwortlich zu sein. Der Energieversorger vermutet ein verändertes Konsumverhalten. Immer mehr Menschen gehen nach der viel zitierten „Zeitenwende“ deutlich bewusster mit Strom um. In Kleve kommt ein weiterer Faktor hinzu: Die städtisch geförderten Balkonkraftwerke haben sich in kurzer Zeit stark verbreitet und senken den Netzbezug spürbar.
Solarstrom als Einsparmotor
Insbesondere Klever Haushalte mit Mini-Photovoltaikanlagen profitieren vom eigenproduzierten Strom. Wer beispielsweise die Waschmaschine nicht nachts, sondern während sonniger Stunden nutzt, deckt einen Teil des Bedarfs mit Eigenstrom. Der Netzverbrauch sinkt, die monatliche Belastung fällt geringer aus. In manchen Fällen bewegt sich der Stromzähler sogar rückwärts – ein sichtbares Zeichen für Einspeisung.
Diese Entwicklungen führen dazu, dass die Abschläge in Einzelfällen deutlich unter den tatsächlichen Verbrauchskosten liegen könnten. Die Stadtwerke greifen deshalb frühzeitig ein. Ziel ist es, durch eine freiwillige Zwischenablesung mögliche Differenzen aufzuklären. So lassen sich Nachzahlungen vermeiden, die bei der Jahresabrechnung sonst für Unmut sorgen könnten.
Kundenkommunikation im Fokus
Claudia Dercks betont den präventiven Charakter des Schreibens. Kunden mit Fragen erhalten Unterstützung im Kundencenter. Besonders wichtig ist laut der Stadtwerke-Leitung eine frühzeitige Rückmeldung, um Handlungsbedarf rechtzeitig zu erkennen. Eine Bestätigung des geringen Verbrauchs sei im besten Fall sogar erfreulich. Dann reduziere sich die Belastung für die Haushalte dauerhaft.
Neben der Aufforderung zur Zwischenablesung verfolgen die Stadtwerke ein übergeordnetes Ziel: Transparenz im Abrechnungsverfahren. Haushalte sollen nachvollziehen können, wie sich ihr Energiebedarf entwickelt und welche Faktoren die Stromkosten beeinflussen. In Zeiten steigender Energiepreise und wachsender Eigenverantwortung spielt diese Transparenz eine entscheidende Rolle.
Veränderte Realität für Versorger und Verbraucher
Die Energieversorgung steht an einem Wendepunkt. Noch vor wenigen Jahren galt ein stabiler Verbrauch als selbstverständlich, heute verändern Solarstrom und Verhaltensanpassungen das System grundlegend. Für Versorger bedeutet das mehr Aufwand bei der Prognose. Für Verbraucher entsteht ein Spielraum zur Optimierung – aber auch zur Fehleinschätzung.
Gerade deshalb kommt der frühzeitigen Kontrolle eine große Bedeutung zu. Die Stadtwerke Kleve setzen mit ihrer Aktion ein Zeichen für eine neue, transparente Energiepolitik. Und sie erinnern daran, dass niedrige Stromkosten zwar erfreulich sind – aber nur dann, wenn sie zur Realität passen.
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