Von der Allgemeinheit nahezu unbemerkt hat die Regierung im Juni 2023 das „Gesetz zur Änderung des Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetzes, zur Änderung des Strompreisbremsegesetzes sowie zur Änderung weiterer energiewirtschaftlicher, umweltrechtlicher und sozialrechtlicher Gesetz“ auf den Weg gebracht. Artikel 10 dieses Gesetzes sieht eine Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes vor. Diese Änderung erlaubt unter § 31k Abweichungen zu den bisher geltenden Vorgaben für nächtliche Geräuschgrenzwerte und zur Vermeidung von Schattenwurf bei Windenergieanlagen (recht.bund: 02.08.23).
Neue Regelungen erlauben unter bestimmten Bedingungen erhöhte nächtliche Geräuschgrenzwerte, sowie reduzierte Einschränkungen durch Schattenwurf
Windenergie ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Energiewende. Neue Regelungen, die eine Erhöhung des Lärmpegels um bis zu 4 Dezibel erlauben. Dies hört sich zunächst nicht nach viel an, könnte jedoch die Lebensqualität der Anwohner beeinträchtigen. Das menschliche Gehör nimmt Veränderungen im Schall logarithmisch wahr. Eine Steigerung um 3 dB entspricht etwa einer Verdopplung der Schallintensität. Eine Zunahme um 10 dB wird etwa als Verzehnfachung wahrgenommen.
EU-Richtlinien und nationale Notfallpläne als Auslöser
Hinter den Veränderungen stehen EU-Verordnungen zur Sicherstellung der Gasversorgung. Wenn eine Alarm- oder Notfallstufe ausgerufen wird, können in Deutschland Ausnahmen von den bisherigen Umweltschutzbestimmungen gelten.
Die Änderungen: Mehr Strom, mehr Lärm
- Mehr Strom, aber mehr Schatten: Windenergieanlagen, die bisher ihre Betriebszeiten reduzieren mussten, um Schattenwurf zu minimieren, könnten künftig länger laufen. Das mag gut für die Energiebilanz sein, doch wie wirkt sich das auf die Anwohner aus?
- 4 Dezibel mehr in der Nacht: Insbesondere diese Änderung sorgt für Aufsehen. Eine Erhöhung von 4 Dezibel mag zunächst nicht dramatisch klingen, kann aber den Schlaf und die Lebensqualität der Anwohner erheblich beeinträchtigen.
Einfache Genehmigungsverfahren: Zu lax?
Die Möglichkeit, solche Ausnahmen einfach durch einen Antrag und fehlende Antwort der Behörden innerhalb eines Monats zu erhalten, wirft Fragen zur Priorität des Umweltschutzes und des Anwohnerschutzes auf.
Befristung: Ein echtes Ablaufdatum?
Zwar sind die Regelungen bis zum 15. April 2024 befristet, jedoch bleibt die Frage offen, ob diese Frist tatsächlich eingehalten wird, oder ob die Industrie Druck ausübt, sie zu verlängern.
Fazit
In Krisenzeiten mögen Kompromisse notwendig sein. Doch sollten sie nicht auf Kosten derjenigen gehen, die ohnehin schon von der Nähe zu Windenergieanlagen betroffen sind. Die neuen Regelungen, insbesondere die Erlaubnis einer 4-Dezibel-Erhöhung des Lärmpegels, werfen ernste Fragen zur Abwägung zwischen Energiebedarf und Lebensqualität auf.
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