Auf dem Gelände bei Sarstedt-Ruthe endet die langjährige Obstproduktion, weil die Leibniz Universität Hannover dort einen groß dimensionierten Solarpark plant. Insgesamt sollen dafür 22.000 Apfelbäume gerodet werden. Die Entscheidung betrifft nicht nur die Nutzung der Ackerflächen, sondern auch den steigenden Energiebedarf der Hochschule sowie den Klimaschutz. Gleichzeitig sinkt durch den Verlust eigener Produktionsflächen die Selbstversorgung des Landes, was die Importabhängigkeit erhöht und die Emissionsbilanz verschlechtert (haz: 13.11.25).
Nutzungskonflikt um Apfelbäume und Agrarflächen
Fachleute betonen, dass jede Bewertung mehrere Ebenen umfasst: den Ertrag der Apfelbäume, die Qualität der Agrarflächen, den Beitrag zum Klimaschutz und die Leistung des Solarfelds. Zusätzlich stellt sich die Frage, wie ein Land seine Ernährung absichert, wenn produktive Ackerflächen verschwinden. Ein Rückgang der heimischen Produktion führt rasch zu mehr Importen, und diese erzeugen zusätzliche Emissionen. Der Stromhunger der Transportketten belastet die Gesamtbilanz erheblich, obwohl der Solarpark klimafreundliche Energie erzeugt.

Solarmodule erzeugen Schatten. Bei breiten Modulabständen entstehen jedoch Zonen, in denen krautige Pflanzen und Insekten gedeihen. Dieser Effekt zeigt sich vor allem dort, wo zuvor intensiv genutzte Ackerflächen lagen. Die Rodung langlebiger Obstbäume trifft die Region jedoch härter, da diese Gehölze nicht nur ökologische Strukturen bilden, sondern auch Lebensmittel liefern. Fällt diese Versorgung weg, steigt die Importabhängigkeit, und damit verschärfen sich die Emissionen durch weit entfernte Lieferketten.
Ökologisches Potenzial trotz Rodung der Apfelbäume
Naturschutzexperten sehen Chancen, wenn Solarfelder mit Hecken, Blühstreifen und offenen Sonnenbereichen kombiniert sind. Solche Mosaikstrukturen bieten Lebensräume, doch sie ersetzen die komplexen Funktionen der Apfelbäume nur teilweise. Eine Obstplantage bietet Nahrung, Brutplätze und regionale Sortenvielfalt. Fällt diese Produktion weg, muss Obst aus dem Ausland beschafft werden. Der Transport verursacht zusätzliche CO₂-Lasten, die in vielen Bilanzierungen bisher kaum berücksichtigt sind.
Für die Umsetzung des Projekts passt die Kommune den Flächennutzungsplan an. Danach folgt ein Bebauungsplan mit Umweltbericht. Bürger können Einwände einreichen. Dieses Verfahren berücksichtigt ökologische und rechtliche Aspekte, greift die Folgen sinkender Selbstversorgung jedoch bisher nur am Rande auf. Jeder Verlust produktiver Ackerflächen zwingt zu zusätzlichen Importen, die wiederum hohe Energiekosten und steigende Emissionen nach sich ziehen.
Energiebedarf als Treibkraft des Solarparks
Die Universität treibt das Vorhaben voran, weil ihr Energiebedarf extrem hoch liegt. Forschungseinrichtungen wie Turbinen, Wellenkanäle, Kompressoren und das Rechenzentrum verbrauchen enorme Mengen Strom. 2024 lag der Bedarf bei 46 Gigawattstunden. Dieser Stromhunger verlangt nach neuen Lösungen, um langfristig Kosten zu senken und den Klimaerhalt zu stärken. Ein Solarpark bietet dafür eine direkte Option.
Parallel entsteht eine Agri-Photovoltaikfläche zu Forschungszwecken. Das Konzept untersucht, wie Ackerflächen weiterhin Ertrag liefern können, während gleichzeitig Solarstrom entsteht. Dennoch ersetzt dieses Modell keine traditionelle Obstplantage, in der Apfelbäume und andere Obstbäume über Jahrzehnte stabile Erträge liefern. Mit deren Verlust steigt zwangsläufig die Importmenge, und das führt zu höheren Emissionen, die häufig unterschätzt werden.
Zwischen Apfelbäumen, Klimaerhalt und Importabhängigkeit
Der Konflikt in Ruthe zeigt ein Grundproblem vieler Regionen: Apfelbäume und andere Obstbäume verschwinden, während ein Solarfeld entsteht, das den Klimaschutz stärken soll. Gleichzeitig verlieren Agrarflächen ihre bisherige Aufgabe, sodass die Importabhängigkeit wächst. Der Klimaerhalt bleibt wichtig, doch die Selbstversorgung und die Emissionen aus globalen Lieferketten müssen zwingend Teil jeder Gesamtbilanz sein.
Lesen Sie auch:
- US-Regierung stoppt Förderung für Solar- und Windkraft auf Ackerflächen
- Region Bingen – 5,7 Hektar Wald für acht Windkraftanlagen gefällt
- Konflikt um Solarparks – in Andalusien sollen Olivenbäume auf 4000 Hektar gerodet werden
- 24 Wohnhäuser vor Zwangsabriss – Großbritanniens Mega-Solarpark zerstört Dörfer
