In den Jahren vor dem 2. Weltkrieg wachsen die Netze schnell zusammen. Die Industrie wechselt weitgehend vom Antrieb über Dampfmaschinen auf Elektromotoren. Der dafür benötigte Strom wird in Kohle- und Wasserkraftwerken produziert. In den privaten Haushalten beschränkt sich die elektrische Versorgung fast ausschließlich für die Beleuchtung und während des Krieges für die Volksempfänger. Mit dem Wirtschaftswunder nach dem Krieg steigt aber auch der Strombedarf in den privaten Haushalten stark an. Ab den 50er Jahren halten dann Kühlschränke, Elektroherde, Waschmaschinen, Mixer, Föhn und Staubsauger Einzug in die privaten Haushalte. Dadurch steigt der Strombedarf signifikant an. Atomkraftwerke sollten mit der neu aufgekommenen Technik die Versorgung sichern.
Der Atomreaktor als neue Kraftwerktechnologie
Immer größere Kraftwerke müssen den wachsenden Bedarf nach Strom decken. Dabei denken die Techniker über eine völlig neue Technologie nach. Strom aus einem Atomreaktor.
In der Wissenschaftsstadt Obninsk ging im Jahr 1954 in der Sowjetunion, der erste Atomreaktor mit einer elektrischen Leistung von 5 Megawatt, vom Westen weitgehend unbemerkt, ans Netz. Im Westen dauerte es 3 Jahre länger, bis 1956 im englischen Calder Hall der erste Reaktor mit bereits 50 Megawatt elektrischer Leistung in Betrieb ging. Im Jahr 1959 schafft die Regierung unter Adenauer mit dem Atomgesetz dann die rechtlichen Grundlagen für den Bau kerntechnischer Anlagen in Deutschland. In einem Werbefilm aus den 50er Jahren heißt es dazu: „Die Macht des Atoms könnte die Menschheit zu einer bisher ungeahnten Höhe der Zivilisation und Kultur führen“. Im selben Jahr formuliert die SPD in ihrem Godesberger Programm die Hoffnung, „dass der Mensch im atomaren Zeitalter sein Leben erleichtern, von Sorgen befreien und Wohlstand für alle schaffen kann“.
Entwicklung der Technik vom amerikanischen Militär getrieben
Die Entwicklung von Atomreaktoren wird im Westen allerdings hauptsächlich von den USA getrieben. Allerdings war das primäre Ziel nicht die Stromerzeugung, sondern die Atomreaktoren sollten zuerst amerikanische U-Boote antreiben. Im Jahr 1955 stellte die US-Marine dann auch mit der USS Nautilus das erste atomare U-Boot, in Dienst. Das erste amerikanische Atomkraftwerk ging 1958 in Shippingport bei Pittsburg hin Betrieb. Der Reaktor, mit 60 Megawatt elektrischer Leistung, war eigentlich als Antrieb für einen Flugzeugträger geplant. Dieser fiel allerdings einem staatlichen Sparprogramm zum Opfer.
Energiekonzerne steigen in den 1960er Jahren in die Kerntechnik ein
Der Aufschwung der Atomkraftwerke begann dann in den 1960er Jahren. Mit General Electric, Westinghouse, Babcock & Wilcox und Combustion Engineering stiegen die großen Elektrokonzerne in das Geschäft mit den Kernkraftwerken ein. Diese boten bald schlüsselfertige Atomkraftwerke zum Festpreis an. In Deutschland ging das erste Atomkraftwerk im Jahr 1961 in Kahl ans Netz. Gebaut wurde es von Siemens, dabei kam die Reaktortechnik vom amerikanischen Konzern General Electric.
Ölkrisen lösen Boom aus – Atomkraftwerke sollen Abhängigkeit von ausländischen Rohstoffen reduzieren
Mit den beiden Ölkrisen in den 1970er Jahren boomte die Technik regelrecht. Die Bundesregierung fördert deren Bau, um die Abhängigkeit von ausländischen Rohstoffen zu verringern. Dazu sollten die Kernkraftwerke auch das Wirtschaftswachstum beim Ende der fossilen Energien sicherstellen. Im Jahr 1974 sind in Bundesrepublik Deutschland elf Kernkraftwerke in Betrieb, elf weitere im Bau und sechs in der bereits genehmigten Projektierungsphase.
In unserer kurzen Reihe zur Geschichte der Stromerzeugung sind bisher folgende Artikel erschienen:
Wer hat den elektrischen Strom erfunden?
Die Anfänge der Elektrifizierung Deutschlands
Der Stromkrieg um Gleichstrom und Wechselstrom
Die Entstehung der Verbundnetze