Die Werke des französischen Zugherstellers Alstom stehen möglicherweise vor dem Aus, was fast 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt betrifft. Zwischen Alstom und den Arbeitnehmervertretungen wie IG Metall sowie dem Betriebsrat herrscht Uneinigkeit. Besonders zwei Werke in Ostdeutschland sind von einer potenziellen Schließung bedroht. Dies hat tiefgreifende Unsicherheit unter den Beschäftigten verursacht, deren Vertrauen in das Unternehmen erschüttert scheint (merkur: 05.05.24).
Zukunft ungewiss: Alstom-Mitarbeiter kündigen Tarifvertrag nach gebrochenen Versprechen
Am 9. Juni 2023 wurde zwischen Alstom und der IG Metall ein Zukunftstarifvertrag unterzeichnet, der unter dem Titel „Weichen für mehr Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland gestellt“ steht. Er sollte die Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland für mindestens drei Jahre sichern. Trotz dieser Vereinbarungen herrscht weitgehend Enttäuschung, denn die Umsetzung der zugesagten Maßnahmen lässt auf sich warten.
Erfolgsabhängige Sonderzahlungen sollten bei positiver Geschäftsentwicklung zurückfließen. Doch die Investitionszusagen von jährlich zwei Prozent des Umsatzes in die deutschen Standorte scheinen nicht eingehalten zu werden. Die Enttäuschung mündete darin, dass am 21. März dieses Jahres in einer Urabstimmung 88,1 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für eine Kündigung des Tarifvertrags stimmten.
Alstom unter Druck: Investitionszusagen nicht eingehalten, Beschäftigungszahlen verfehlt
Der Vorwurf an das Management lautet, die Vereinbarungen des Zukunftstarifvertrags nicht konsequent umzusetzen. Verschiedene Einigungsversuche blieben ergebnislos. Die IG Metall sieht sich gezwungen, den nächsten Schritt zu gehen und den Tarifvertrag offiziell zu kündigen, was auch letzte Woche erfolgte. Besonders kritisch wird angesehen, dass die festgelegten Beschäftigungszahlen an den Standorten Görlitz, Bautzen und Siegen nicht erreicht werden.
Zudem werden Alstom Investitionszusagen nicht eingehalten, was besonders im Werk Hennigsdorf sichtbar wird, wo der Investitionsbedarf drastisch reduziert wurde. Dies könnte die Produktionsziele und damit die Nachzahlung der eingesparten Sonderzahlungen gefährden. Alstom weist die Vorwürfe zurück und erklärt, es gebe keine Basis für eine Kündigung. Trotzdem sind im Rahmen eines globalen Anpassungsprogramms Stellenkürzungen in Verwaltung und Vertrieb geplant, die jedoch nicht die tariflich geschützten Arbeitsplätze betreffen sollen.
Die Zukunft von Görlitz und Hennigsdorf
Das Misstrauen innerhalb der Belegschaft gegenüber Alstom ist groß, was die Mehrheitsentscheidung zur Kündigung des Zukunftstarifvertrags verdeutlicht. Dies stellt eine ernste Bedrohung für die Zukunft der Standorte Görlitz und Hennigsdorf dar. „Ohne Zukunftstarifvertrag hat Görlitz keine Perspektive“, erklärte René Straube, Betriebsratschef in Görlitz. Auch der Standort Hennigsdorf sieht sich mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert.
Die Entwicklungen bleiben gespannt, und weitere Klärungen sind vom Unternehmen am 8. Mai zu erwarten, wenn neue Stellungnahmen zu den deutschen Standorten von Alstom erwartet werden. Dies könnte entscheidende Weichen für die Zukunft der deutschen Zugindustrie stellen.
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