Wärmepumpen in Italien: Fördermittel erschöpft, Markt bricht zusammen

In Italien gab es einen enormen Anstieg bei Wärmepumpen und Haussanierungen. Allerdings handelte es sich um einen künstlich erzeugten Investitionsboom mit zweifelhaftem Nutzen für den Klimaschutz. Jetzt sind die Fördermittel in Rom aufgebraucht und der Markt bricht zusammen. Dies sollte deutschen Heizungspolitikern als Lehre dienen (Focus: 08.06.23).


Italiens Bau-Boom und Steuervorteile: Der ‚Superbonus 110 Prozent‘ und seine Auswirkungen

Die italienische Regierung unter dem linksgerichteten Ministerpräsidenten Giuseppe Conte hatte 2020 mit dem „Superbonus 110 Prozent“ einen Plan zur Ankurbelung der Bauaktivität und zur Förderung effizienterer Heizungen in Wohnhäusern im ganzen Land verabschiedet.

Großzügige Fördermittel ermöglichten in Italien kostengünstige Wärmepumpen. Jetzt sind die Fördermittel aufgebraucht und der Markt ist tot
Großzügige Fördermittel ermöglichten in Italien kostengünstige Wärmepumpen. Jetzt sind die Fördermittel aufgebraucht und der Markt ist tot

Die italienische Regierung hat großzügige Steuervergünstigungen und Fördermittel für Investitionen in die Modernisierung von Gebäuden geschaffen. Haushalte hatten die Möglichkeit, entweder die Renovierungskosten über einen Zeitraum von fünf Jahren von ihrer Steuererklärung abzuziehen oder den Betrag direkt an den Bauunternehmer weiterzuleiten und sofort einen Rabatt auf ihre Rechnung zu erhalten.

Wärmepumpen-Boom in Italien: Großzügige Fördermittel ermöglichten kostengünstige Modernisierung von Wohnhäusern.

Die italienische Regierung ermöglichte es finanzschwachen Immobilienbesitzern, ihre Häuser praktisch kostenlos zu modernisieren. Die Kosten hat der Staat oft über Fördermittel komplett übernommen.

Dies führte zu einer erhöhten Auftragslage für Handwerksbetriebe und ermöglichte ihnen langfristige Steuerersparnisse oder den Verkauf der Rechnungen an Banken.

Dank der Einführung des „Superbonus 110 Prozent“ wurden finanzielle Transaktionen und Provisionen abgedeckt, was zu einem verstärkten Modernisierungstrend führte.

Die Italiener erlebten eine intensive Modernisierungswelle, bei der Wärmepumpen eine herausragende Rolle spielten. Im vergangenen Jahr haben Heizungsinstallateure in Italien eine halbe Million Wärmepumpen installiert, während es in Deutschland nur etwa die Hälfte war.

Allerdings ist der Klimaeffekt dieser Maßnahmen umstritten, da die meisten Wärmepumpen in Kombination mit Klimageräten und Gasheizungen betrieben werden. Die Wärmepumpen allein reichen oft nicht aus, um die Häuser zu heizen. In kalten Tagen übernehmen die Gasheizungen die Aufgabe, die Wohnräume und das Wasser zu erwärmen, wenn die Wärmepumpen nicht ausreichen.


Superbonus subventionierte die Installation von einer Million neuer Gasheizungen in Italien.

Die Kombination aus Wärmepumpen und Gasheizungen erhielt erhebliche finanzielle Unterstützung, da viele Italiener nicht vollständig auf Gasheizungen verzichten wollen. Insbesondere für historische Gebäude in mittelalterlichen Stadtkernen ist die alternative Technologie oft ungeeignet.

Da der Großteil des italienischen Wohnungsbestandes älter als 50 Jahre ist und nur wenige neue Häuser auf dem Land entstehen, wurden im vergangenen Jahr eine Million neue Gasheizungen installiert, die ebenfalls vom Superbonus mitfinanziert wurden.

Jedoch wurde das bisherige System als anfällig für Betrug angesehen. Der Kredit konnte an Banken, Finanzvermittler oder Unternehmen überwiesen werden, ohne Begrenzung oder anfängliche Kontrolle. Die heutige Regierungschefin Giorgia Meloni erkennt den Mangel an und hat bereits Maßnahmen ergriffen, um dies zu ändern.

2411 Häuser sollten in angeblichen Geisterdörfern saniert werden, aber tatsächlich handelte es sich um eine Täuschung.

Potemkinsche Dörfer wurden erschaffen, um den Eindruck von fleißigen Sanierungsarbeiten zu erwecken, obwohl in Wirklichkeit keine Renovierungen stattfanden. Die Finanzpolizei deckte im letzten Frühjahr Betrügereien in Höhe von 3,2 Milliarden Euro auf. Sogar Gemeinden rund um Avellino im Süden Italiens wurden erfunden, um die angeblichen Sanierungsprojekte zu unterstützen.

In Norditalien wurden mehrere Unternehmen entlarvt, die Millionen von Euro an Steuerboni für energetische Fassadensanierungen abgerechnet haben, obwohl sie nie in der Lage waren, solche Arbeiten durchzuführen. Die Regierung in Rom schätzt heute, dass fast jeder zehnte Euro aus dem Subventionsprogramm erschlichen wurde.

Hauptsächlich reiche Immobilienbesitzer profitierten vom Superbonus, indem sie auf Kosten des Staates erhebliche Wertsteigerungen erzielten. Das war nicht das Ziel der linksgerichteten Regierung Conte.


Superbonus führt zu Preisexplosion und belastet Italiens Kassen.

Der Superbonus hat dazu geführt, dass keine Kostenvoranschläge zur Vergleichszwecken eingeholt wurden, erklärt Stefano Negri. Dies führte zu einer Preisexplosion für alle Arbeiten und Geräte. Die Rechnung bekam die Regierung in Rom präsentiert.

Die verschiedenen Bauförderprogramme haben seit 2020 ein zusätzliches Loch von über 110 Milliarden Euro in Italiens schwachen Kassen gerissen. Dieser Betrag ist höher als das Sondervermögen, das Deutschland in die Bundeswehr investiert. Allein im Jahr 2022 flossen 65 Milliarden Euro über Fördermittel in die Modernisierung der Immobilien. Dies ist mehr als das, was der Staat für Bildung vom Kindergarten bis zur Universität ausgibt.

Regierung von Meloni drosselt Fördermittel und sorgt für Unmut

Die konservative Regierung von Meloni hat aufgrund der bestehenden Lücken im Gesetz und der Staatskasse die Förderung stark reduziert. Der Fördersatz wurde auf maximal 90 Prozent gesenkt und gilt nun nur noch für bestimmte Immobilien. Dies hat natürlich zu großem Unmut im Land geführt.

Laut der Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ sind derzeit Projekte im Wert von 32 Milliarden Euro von dieser Maßnahme in Rom betroffen. Diese warten auf eine neue Rechtsgrundlage, um doch noch zur Modernisierung des italienischen Immobilienbestands beizutragen. Dies dürfte jedoch nicht einfach sein, da Brüssel kürzlich davor gewarnt hat, dass aus dem EU-Wiederaufbauprogramm nur dann Geld fließt, wenn Rom für transparente Ausgaben sorgt.

„Die Regierung hat der Bauwirtschaft einen Todesstoß versetzt“, ätzt der ehemalige Premierminister Conte, der stolz darauf verweist, dass Italien in den letzten zwei Jahren um 6,7 bzw. 3,8 Prozent gewachsen ist. Nicht jeder kann jedoch die Argumentation des Chefs der linkspopulistischen „Fünf-Sterne-Bewegung“ nachvollziehen. „Wenn man nachhaltiges Wachstum generieren möchte, nimmt der Staat letztendlich mehr ein, als er ausgegeben hat“, belehrt die Zeitung „Italia Oggi“ den Politiker. Tatsächlich hat der Verband der italienischen Steuerberater berechnet, dass nur 43 Prozent der ausgezahlten Subventionen für die Bauwirtschaft letztendlich als Steuereinnahmen zurückfließen werden.


Nachfrage nach Wärmepumpen eingebrochen: „Der Markt ist jetzt praktisch tot“

Die Maßnahmen der Regierung in Rom haben Hausbesitzer und Investoren verunsichert. In der Hauptstadt wurden sogar Bauarbeiten an 1500 Sozialwohnungen gestoppt, da die Finanzierung unsicher ist. Nach dem Auslaufen der Subventionen müssen Bauherren nun genauer kalkulieren, was sie sich leisten können und was nicht.

In Italien betragen die Zinsen für Baukredite zwischen 4,2 und 4,8 Prozent. Ohne den „Superbonus“ zögern viele Hausbesitzer und verzichten auf teure Sanierungsprojekte. Auch die Nachfrage nach Wärmepumpen ist stark gesunken. „Der Markt ist jetzt praktisch tot“, stellt Stefano Negri von Mitsubishi fest.

Auch der Geschäftsführer von Vaillant Italia sieht düster in die Zukunft: „Die Nachfrage wird in diesem Jahr stark zurückgehen.“ Die Heizungsbranche fordert nun eine Neuauflage des Bonus, um das Geschäft wieder anzukurbeln.

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