EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den Verbrauchern eine Entlastung durch die lange erwartete Reform des europäischen Strommarkts in Aussicht gestellt. „Im Herzen dieser Reform stehen die Verbraucher“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP und anderen europäischen Medien anlässlich der Vorstellung der Gesetzesnovelle am Dienstag in Straßburg. Sie äußerte sich zuversichtlich, ungeachtet deutscher Einwände noch vor der Europawahl im Mai kommenden Jahres einen Beschluss erreichen zu können (Ntv: 14.03023).
Von der Leyen plant Reform zur Entkoppelung von Strom- und Gaspreis
Mit der Reform werde „die Auswirkung des Gaspreises auf den Strompreis drastisch gesenkt“, versprach von der Leyen. Dafür könnten „die Verbraucher von den billigeren erneuerbaren Energien profitieren“. In Europa ist der Strompreis bisher de facto an den Gaspreis gekoppelt, der aber wegen des russischen Angriffskriegs massiv gestiegen ist. Seit Kriegsbeginn arbeitete die Brüsseler Behörde deshalb an der Reform.
Anders als von Spanien oder Frankreich gefordert sieht der Vorschlag der EU-Kommission keinen weitreichenden Eingriff in den eng verflochtenen europäischen Strommarkt vor. Im Kern setzt die Brüsseler Behörde auf Langfristverträge zur Energieversorgung, um unabhängiger von Preisschwankungen zu werden.
Diese gäben nicht nur Erzeugern von Öko-Energien wie Wind oder Sonne mehr Planungssicherheit, sagte EU-Energiekommissarin Kadri Simson in Straßburg. Dadurch würden auch „die Stromrechnungen der Verbraucher unabhängiger von kurzfristigen Preisänderungen“, betonte sie.
EU plant gezielte Förderung neuer und bestehender Kraftwerke
Darüber hinaus sollen die Mitgliedstaaten neue Anlagen mit Staatsmitteln gezielt fördern können. Vor allem auf französischen Druck sollen auch Fördermittel für die Laufzeitverlängerung bestehender Kraftwerke möglich sein, einschließlich Atomkraftwerken.
Von der Leyen warb unter anderem mit Blick auf Berlin für den „sehr gut durchdachten Vorschlag“ Simsons. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich gegen einen weitreichenden Umbau des Strommarktes vor der Europawahl ausgesprochen. Sechs weitere EU-Länder unterstützen diesen Kurs, darunter die Niederlande, Dänemark und Luxemburg. Der Kommissionsvorschlag geht nun an das Europaparlament und die Mitgliedsländer.
Kritik aus Europaparlament: EU will staatliche Einspeisevergütungen für erneuerbare Energien streichen
Aus dem Europaparlament kommt Kritik: Die energiepolitische Sprecherin der Linkspartei, Cornelia Ernst, nannte es „nicht nachvollziehbar“, dass die Kommission staatliche Einspeisevergütungen für erneuerbare Energien streichen wolle. Der Verhandlungsführer für die Grünen im EU-Parlament, Michael Bloss, kritisierte „Geschenke an die Atomindustrie“, wenn diese bei der Förderung Erneuerbaren gleichgestellt würden.
In Deutschland gibt es seit diesem Jahr bereits staatliche Preisbremsen für Gas und Strom. Damit sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher vor übermäßigen Energiekosten geschützt werden. In weniger wohlhabenden EU-Ländern fallen diese Puffer zum Teil deutlich geringer aus.
AFP und Blackout-News