Offiziell floriert Chinas Autoindustrie – doch hinter den beeindruckenden Verkaufszahlen wächst der Verdacht gezielter Manipulation.
Insbesondere im Bereich Elektromobilität melden Hersteller wie BYD Rekordabsätze. Gleichzeitig häufen sich Hinweise, dass viele dieser Verkäufe nur auf dem Papier existieren. Tausende fabrikneue Fahrzeuge tauchen als angeblich gebrauchte Autos in Verkaufsstatistiken auf. Kritiker sprechen von einer systematischen Schönung der Daten, um Investoren zu beeindrucken und staatliche Förderungen zu sichern (automobilwoche: 28.05.25).
Subventionen, Überproduktion und Preiskrieg
Peking pumpt Milliarden in die Branche, um China zur führenden Autonation zu machen. Die Subventionen zielen auf Forschung, Innovation und direkte Kaufanreize. Gleichzeitig setzen niedrige Preise und technologische Fortschritte einheimische Hersteller in Szene – zulasten westlicher Konzerne. VW hat in China längst an Boden verloren.

Doch der aggressive Ausbau der Produktionskapazitäten führt zu einer gewaltigen Überproduktion. Viele kleinere Marken kämpfen ums Überleben, während die staatlich gestützten Branchenriesen ihre Dominanz ausbauen. Die offiziellen Verkaufszahlen steigen – allerdings immer öfter mit fragwürdigen Mitteln.
Verkaufte Neuwagen, die nie gefahren wurden
Die Automobilwoche berichtet: „Autohersteller sollen ihre Absatzziele zum Teil nur durch kreative Buchführung erreichen. Jetzt schaltet sich das Handelsministerium ein.“ Interne Ermittlungen prüfen, ob und in welchem Umfang Fahrzeuge als sogenannte Null-Kilometer-Gebrauchtwagen deklariert werden. Dabei werden fabrikneue Autos über Supply-Chain-Plattformen umgeleitet und gelten formal als verkauft – obwohl sie nie einen Endkunden erreicht haben.
„Auf Gebrauchtwagenplattformen werden diese De-facto-Neuwagen mit null gefahrenen Kilometern angeblich tausendfach gehandelt, für die Hersteller gelten sie zu dem Zeitpunkt längst als verkauft“, zitiert das Magazin aus Branchenkreisen. Anders als in Europa fehlen in China klare gesetzliche Regelungen für solche Buchungen. Die Verkaufszahlen erscheinen dadurch besser, als sie tatsächlich sind.
Verkaufszahlen verfälschen den Wettbewerb
Dieses Vorgehen verzerrt den Wettbewerb massiv – im Inland wie im Export. Während europäische Autohersteller um Marktanteile kämpfen, nutzen chinesische Anbieter systematisch die Unklarheiten im eigenen System. Die künstlich aufgeblähten Verkaufszahlen sorgen zudem für eine Fehleinschätzung der realen Nachfrage.
Auch für den europäischen Markt ergeben sich Folgen. Viele dieser „verkauften“ Fahrzeuge fließen später als vermeintliche Gebrauchtwagen in den Export. So landen riesige Mengen an E-Autos zu Niedrigpreisen auf dem Kontinent. Trotz europäischer Zölle bleiben die Modelle durch ihre aggressive Preispolitik attraktiv.
Börsenkurse im Höhenflug – trotz Risiken
Die Verkaufszahlen haben auch Auswirkungen auf die Börse. Aktien chinesischer Hersteller wie BYD erleben derzeit starke Kursgewinne. Doch diese Entwicklung steht auf wackligem Fundament. Sollten sich die Manipulationsvorwürfe bestätigen, drohen scharfe Reaktionen – sowohl von Investoren als auch von der chinesischen Regierung, die wirtschaftliche Stabilität als oberste Priorität verfolgt.
Experten rechnen ohnehin mit einer bevorstehenden Marktbereinigung. Kleinere Anbieter dürften dem Preiskampf nicht standhalten. Die gefälschten Verkaufszahlen verzögern jedoch diesen Prozess und verhindern eine transparente Bewertung der tatsächlichen Marktlage.
Konsequenzen für europäische Käufer
Kurzfristig profitieren europäische Autokäufer von den überquellenden Lagern chinesischer Hersteller. Die Verkaufszahlen steigen, doch die reale Nachfrage bleibt dahinter zurück. Kampfpreise und Rabatte werden das Bild in den nächsten Monaten bestimmen. Für Käufer ergibt sich daraus ein Vorteil – doch die langfristige Stabilität des Marktes steht infrage.
Solange chinesische Hersteller ihre Verkaufszahlen künstlich aufblasen, bleibt der Preisdruck auf europäische Anbieter hoch. Ein Umdenken dürfte erst einsetzen, wenn der Staat klare Regeln schafft – und Marktteilnehmer gezwungen sind, reale Zahlen offenzulegen.
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