In Regionen mit gut ausgebauter Strom-Infrastruktur zahlen Bewohner höhere Gebühren für Netzentgelte im Vergleich zu jenen, wo der Ausbau der erneuerbaren Energien langsamer voranschreitet. Die Bundesnetzagentur strebt eine gerechtere Verteilung dieser Kosten an, wovon insbesondere Verbraucher in bestimmten Gebieten profitieren könnten. Stromkunden in Gegenden mit zahlreichen Windkraftanlagen sollen laut Plänen der Ampel-Koalition zukünftig keine zusätzliche Belastung durch höhere Netzentgelte erfahren. Vertreter der SPD und FDP unterstützen die Vorhaben der Bundesnetzagentur und des Bundeswirtschaftsministeriums (welt: 14.08.23).
Grüne planen Strompreisänderungen für Erneuerbare Energien: Hohe Netzentgelte sollen gerechter verteilt werden
Die Leiter, Klaus Müller und Robert Habeck (beide Grüne), haben das Ziel, durch eine Überarbeitung der Strompreise den landesweiten Ausbau erneuerbarer Energien verstärkt zu fördern. Bisher entstehen besonders in den Regionen mit hoher erneuerbarer Energieerzeugung überdurchschnittlich hohe Netzentgeltgebühren.
In einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ kündigte Müller an, eine Reform der Strompreise durchzuführen. Das Ziel dieser Maßnahme sei eine fairere Verteilung der Kosten für den Ausbau des Stromnetzes. Er beabsichtigt, diesen Vorschlag vorzulegen, sobald eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes durch den Bundestag erfolgt ist.
Die Bundesregierung hat bereits im Juni einen entsprechenden Gesetzesentwurf dem Bundestag vorgelegt, um auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu reagieren. Die Ampel-Koalition strebt an, dass die Bundesnetzagentur nach den Forderungen der EuGH-Richter unabhängiger von politischen Vorgaben wird. Dies würde ihr mehr Spielraum bei der Festlegung der Strompreise und somit auch der Netzentgelte verschaffen.
Energiewende durch neue Strompreisgestaltung im Fokus – Unterstützung für Veränderungen aus SPD und FDP Fraktionen
Die Sprecher der Bundestagsfraktionen von SPD und FDP signalisierten Unterstützung für die Gesetzesänderung, die Habecks Ministerium ausgearbeitet hat. Für Nina Scheer, die energiepolitische Sprecherin der SPD, ist eine Überarbeitung der Strompreise dringend notwendig und bereits durch die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes in Gang gesetzt. Derzeit müssen Stromkunden in Gebieten mit viel Netzausbau mehr bezahlen, was laut Scheer geändert einer zeitnahen Änderung bedarf. Sie betonte, dass die Netzentgelte die Energiewende nicht behindern sollten, sondern diese fördern sollen.
Der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, betont die Notwendigkeit einer dringenden Überarbeitung der Struktur der Kosten für den Netzausbau. Kruse betont, dass die Kosten im Einklang mit den Vorteilen des Ausbaus stehen sollten. Seiner Meinung nach ist eine flexiblere Gestaltung der Netzentgelte erforderlich, um Anreize für den Ausbau zu schaffen.
Die FDP-Fraktion wird den vorgeschlagenen Gesetzesentwurf für das Energiewirtschaftsgesetz im Einklang mit diesen Zielen prüfen. Bedenken der süddeutschen Bundesländer, dass die Strompreise nach einer Reform des Netzentgelt-Systems steigen könnten, hält Kruse für unbegründet. Er ist der Meinung, dass der Süden aufgrund des langsamen Ausbaus erneuerbarer Energien eher befürchten sollte, nicht schnell genug Zugang zu kostengünstigen erneuerbaren Energiequellen zu haben.
In der Vergangenheit stieß die Änderung des als ungerecht betrachteten Gebührensystems, vor allem von den windreichen norddeutschen Bundesländern, auf Widerstand aus dem Süden Deutschlands.
Wie unterschiedliche Tarife die Energiekosten in Deutschland beeinflussen
In einigen Gegenden profitieren Stromkunden von einem langsamen Ausbau der erneuerbaren Energien und Übertragungsnetze. Das führt vorübergehend zu niedrigeren Tarifen. Aber nicht alle süddeutschen Kunden profitieren gleich: Nicht nur windreiche Gebiete sind benachteiligt, sondern auch dünn besiedelte Landgebiete. Kunden des regionalen Netzbetreibers tragen die Kosten des Stromnetzes. Daher ist das Netzentgelt in städtischen Gebieten normalerweise niedriger als auf dem Land.
Die Netzkosten variieren aktuell stark zwischen verschiedenen Regionen. Stromkunden in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zahlen höhere Gebühren, während sie in Bayern und Baden-Württemberg niedriger ausfallen. Nach Berechnungen der Bundesnetzagentur beträgt der Durchschnittspreis für bayrische Stromkunden etwa 6,95 Cent pro Kilowattstunde, während er in Schleswig-Holstein durchschnittlich 9,79 Cent beträgt.
Am Sonntag erhielt die geplante Strompreisreform Unterstützung aus Niedersachsen. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) begrüßte die Ankündigung der Netzagentur. Er betonte, dass Stromverbraucher in den Regionen, die erneuerbare Energien vorantreiben, nicht länger finanziell benachteiligt werden sollten. Dies sei auch wichtig für die Akzeptanz der Ausbauprojekte. Während die CDU-Bundestagsfraktion zurückhaltend reagierte und die Netzagentur aufforderte, ihre Vorschläge zur zukünftigen Netzentgelt-Struktur vor einer Abstimmung über die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes vorzulegen, drängte die AfD auf eine grundlegende Änderung der Energiepolitik.
Der energiepolitische Sprecher der AfD, Steffen Kontré, betonte, dass die Energiepreise sinken und die Energieversorgung stabiler werden könnten, wenn die Kernenergie wiederbelebt und die langjährige Subventionierung instabiler erneuerbarer Energien beendet würden. Dennoch werde die AfD-Fraktion sich nicht gegen einen fairen Ausgleich innerhalb des bestehenden Systems widersetzen.
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