Qualität vor Schnelligkeit: Karlsruhe zwingt Ampel zum Umdenken in der Gesetzgebung

Das Gerichtsurteil gegen die Durchsetzung des Heizgesetzes ist ein Wendepunkt. Innerhalb der Koalition hat sich ein gefährlicher Tunnelblick entwickelt. Es ist dringend nötig, daraus Schlüsse zu ziehen – und auf eine außerordentliche Versammlung während der Ferien zu verzichten. Das Gericht ist unsicher, ob die Regierungsparteien beim Heizgesetz die Rechte der anderen Mitglieder verletzt haben. Aufgrund des möglichen unumkehrbaren Schadens, der durch die beabsichtigte Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Sommerpause entstehen könnte, haben sich die obersten deutschen Richter zu einem erstmaligen Schritt entschlossen: Sie legen das Verfahren zur Gesetzgebung zunächst auf Eis (ntv: 06.07.23).


Ampelkoalition am Scheideweg: Wie es nach historischer Niederlage weitergehen kann

Die Ampelparteien müssen nun selbst entscheiden, wie sie zu einer ordentlichen Gesetzgebung zurückkehren. Die Richter auf der anderen Seite nehmen sich Zeit, um grundlegend zu bestimmen, wie und in welchem Maße die Opposition in gesetzgeberischen Verfahren beteiligt sein sollte. Das ist eine erfreuliche Nachricht für die parlamentarische Demokratie – und eine peinliche Niederlage der Regierungskoalition.

Verlorener Respekt und unnötige Eile: Ampelkoalition bei geplanter Gesetzgebung in der Kritik der Verfassungsrichter
Verlorener Respekt und unnötige Eile: Ampelkoalition bei geplanter Gesetzgebung in der Kritik der Verfassungsrichter
Bild: Nicola QuarzCC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Bis zur letzten Minute konnte die Regierung nicht verstehen, was sie in den letzten Wochen angerichtet hat. Die Grünen erzählten mehrmals von Zeiten, als sie in der Opposition waren und kurz vor Beginn einer Sitzung geänderte Gesetzesvorschläge bekamen. Aber es ist einmalig, dass ein so wichtiges Gesetz wie das zur Gebäudeenergie (GEG), das die Wärmeversorgung in Deutschland komplett verändern soll, teilweise neu geschrieben wird. Und diese Änderungen waren erst zwei Tage vor der kurzfristig geplanten Expertenanhörung fertig. Das hat es noch nie gegeben.

Verlorener Respekt und unnötige Eile: Ampelkoalition bei geplanter Gesetzgebung in der Kritik der Verfassungsrichter

Es ist keine Entschuldigung, dass die FDP für Verzögerungen bei der Gesetzgebung zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) verantwortlich ist. SPD und Grüne haben sich auf die harten Methoden ihres Koalitionspartners eingelassen, anstatt ein Ende zu setzen. Die FDP konnte ihre Koalitionspartner nur zu Änderungen in letzter Minute bewegen, weil sie wusste, dass Robert Habeck und sein Team das GEG schnell verabschieden wollten. Im Streit haben die Ampelparteien den Respekt vor dem Parlament verloren und es unbeabsichtigt geschädigt. Es gab keinen wirklichen Grund zur Eile, vor allem nicht nach dem Kompromiss von Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner, der die Fristen für die meisten Betroffenen um Jahre verlängerte.

SPD und Grüne hatten nur zwei Gründe für Eile: die bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen und den Wunsch, die Unsicherheit, die die Ampel verursacht hatte, schnell zu beseitigen. Aber das ist für die Verfassungsrichter nicht genug, um einen besonderen Bedarf für eine schnelle Verabschiedung zu sehen. Das GEG ist nicht so dringend wie eine kurzfristige Entscheidung über einen Einsatz der Bundeswehr im Ausland. Die Regierungsparteien sollten das bedenken, bevor sie eine teure Sondersitzung während der parlamentarischen Sommerpause einberufen und Abgeordnete aus ihren Urlaubsorten einfliegen lassen.


Urteil erfordert Neuausrichtung der Ampelkoalition und mehr Qualität in der Gesetzgebung

Die Ampelkoalition sollte dieses Urteil als Chance sehen, ihre Arbeitsweise grundlegend zu überdenken. Sie ist stolz darauf, seit letztem Sommer über 100 Gesetze verabschiedet zu haben. Aber so kann und darf man nicht dauerhaft arbeiten. Wer immer nur hastet, macht Fehler. Zum Beispiel, dass das GEG nicht von Anfang an mit der kommunalen Wärmeplanung verbunden war. Und wer immer in Eile ist, sieht die Probleme nicht mehr. Selbst Experten waren überrascht, dass sie ein Gesetz mit so hoher Tragweite in nur zwei Tagen bewerten sollten. Aber Kritik wie diese ist bei SPD und Grünen, die das GEG nur noch ins Ziel bringen wollten, ungehört geblieben.

Noch nie mussten in der letzten Sitzung vor den Sommerferien so viele wichtige Gesetze entschieden werden wie dieses Jahr. Bis zur Sommerpause sollte über das Energieeffizienzgesetz, das Heizgesetz, das LNG-Beschleunigungsgesetz, die größte Reform des Wettbewerbsrechts seit über 50 Jahren und die Regelung der assistierten Selbsttötung entschieden werden. Solche Ereignisse verdienen viel Aufmerksamkeit, um die Verbindung zwischen den Bürgern und ihrem Parlament zu stärken. Die Abstimmung über das Gebäudeenergiegesetz war nur eine von vielen in diesen Tagen. Dass das Verfassungsgericht dieses überhastete Vorgehen jetzt gestoppt hat, war richtig. Bei der Entscheidung so wichtiger Gesetze, die tausende Menschen betreffen, muss die Qualität über der Umsetzgeschwindigkeit stehen. Das Urteil ist eine herbe Niederlage für die Ampelkoalition und insbesondere für Wirtschaftsminister Robert Habeck, der bereits mehrfach an Gesetzgebungen, wie z. B. bei der Gasumlage, gescheitert ist.

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