Bei den Preisen für gebrauchte Elektroautos hat sich zwischen Dezember 2021 und Mai 2022 ein erstaunlicher Wandel vollzogen: Während vor einem knappen halben Jahr noch ein drastischer Preisverfall selbst bei jungen E-Gebrauchten zu verzeichnen war, sind einige Modelle inzwischen teurer als Neuwagen. Wie ist das möglich?
Stand Dezember 2021
Bei neuen Elektroautos gibt es schon seit Jahren längere Wartezeiten. Natürlich schauen sich dann die Interessenten auch einmal auf dem Markt für gebrauchte E-Autos um, konnten sich aber wohl bis Ende 2021 nur selten für einen Kauf entscheiden. Das hatte eine im Dezember 2021 veröffentlichte Civey-Umfrage ergeben. Damit fielen die E-Gebrauchten auch sehr schnell sehr stark im Preis. Im Grunde hatten sie zu jenem Zeitpunkt ein echtes Imageproblem, denn die Allgemeinheit traute der Haltbarkeit der Akkus nicht. Immerhin gibt es hierzu noch keine jahrzehntelangen Erfahrungswerte, weil a) Elektroautos als eigene Massengattung noch nicht so lange existieren und sich b) die Technologien in den vergangenen Jahren sehr schnell weiterentwickelt haben. So mag es sein, dass ein Elektroauto aus dem Baujahr 2018 mit einer Batterie unterwegs ist, deren Technologie längst überholt ist. Da denkt sich der Käufer: Finger weg. Es gibt bestimmt schon etwas viel Besseres. Civey konnte im Dezember 2021 ermitteln, dass der Wertverlust von E-Autos schon nach kürzester Zeit (etwa drei Jahre ab Baujahr) den von Verbrennern deutlich übersteigt. Auch weitere Ergebnisse der Umfrage waren interessant:
- 55 % der damals Befragten wollten grundsätzlich kein gebrauchtes E-Auto kaufen.
- 29 % konnten sich so einen Kauf vorstellen.
- 16 % waren in dieser Hinsicht unentschlossen.
- Eine Ausnahme gab es in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen: Von diesen konnten sich etwa 50 % den Kauf vorstellen, die andere Hälfte prinzipiell nicht.
Der ADAC hat eigene Untersuchungen zu diesem Phänomen durchgeführt und war Ende 2021 der Auffassung, dass die neueren E-Autos, die ab 2020 auf den Markt gekommen waren, wohl als Gebrauchte höhere Preise erzielen würden, weil sie mit neueren Batterietechnologien ausgestattet seien.
Bild: Vauxford, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Prämien für Elektroautos: Problem für Gebrauchte
Selbstverständlich stellte bis Ende 2021 auch die Prämie für neue Elektroautos ein Problem für den Gebrauchtwagenmarkt dar. Für die E-Gebrauchten gibt es keine Prämie, sodass es zwischen einem neuen und einem gebrauchten Elektroauto kaum eine finanzielle Differenz gab. Damit entschieden sich vor einem halben Jahr die Käufer zwangsläufig viel eher für ein neues E-Auto.
Stand Mai 2022
Im Mai 2022 hat sich das Bild grundlegend gewandelt, denn inzwischen schießen die Preise für E-Gebrauchte deutlich in die Höhe. Das berichtet unter anderem das E-Mobilitätsportal Electrek. Hierfür dürfte es mehrere Gründe geben:
- Gebrauchte Elektroautos sind sofort verfügbar, während es für die Neuwagen immer noch sehr lange Wartezeiten gibt. Bei Tesla betragen sie bis zu neun Monate.
- Das Aus des Verbrenners kommt: In Deutschland dürfen nur noch bis 2035 Verbrenner gebaut werden. Andere Staaten haben ähnliche Gesetze erlassen oder planen sie. Viele Käufer sagen sich nun, dass sie lieber früher als später auf Elektromobilität umsteigen sollten.
- Durch den Ukraine-Krieg sind die Preise für fossile Energien stark gestiegen. Das macht sich weltweit an den Tankstellen bemerkbar.
Das Portal Electrek nennt einige bemerkenswerte Beispiele für den plötzlichen Preisanstieg bei E-Gebrauchten. Eine 2020er-Version des Tesla-Models Y kostet bei einer Laufleistung von 30.000 Kilometern in den USA aktuell über 1.000 Dollar (rund 950 Euro) mehr als der Neuwagen. Der Tesla Model 3 Baujahr 2020 stieg regional sogar bis zu 10.600 Dollar (~10.000 Euro) im Preis. Auf dem deutschen Markt sind ähnliche Entwicklungen zu beobachten. Das Beispiel Tesla ist allerdings eine Ausnahme, die wohl darauf basiert, dass diese Autos in den letzten Jahren als Neuwagen teurer wurden. Besonders gefragt sind derzeit gebrauchte Elektroautos mit wenigen Kilometern auf dem Tacho. Fazit: Der Markt ist stark in Bewegung.
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